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0016 - In den Klauen der Vampire

0016 - In den Klauen der Vampire

Titel: 0016 - In den Klauen der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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elastisch auf die Fensterbank und schob den Arm durch die offen stehende Lüftungsklappe, um auf der Innenseite nach dem Riegel zu tasten.
    Sekunden später schwang der Fensterflügel zurück.
    Zamorra sprang ins Zimmer. Ein dicker Teppich dämpfte den Aufprall, ein Blick zeigte dem Professor, daß er sich in einem Schlafraum mit goldfarbenen Tapeten, einem hohen dunklen Schrank und einem Baldachinbett befand. Er überzeugte sich davon, daß niemand außer ihm hier war, dann huschte er zur Tür, öffnete sie vorsichtig und glitt durch die Lücke auf einen langen dunklen Flur hinaus.
    Nichts rührte sich.
    Links gab es ein halbes Dutzend Türen, eine davon an der Stirnwand des Flurs, rechts bewies ein schwacher silbriger Schimmer, daß der Gang dort in ein weiteres Zimmer führte, das vom Mondlicht erhellt wurde. Zamorra zögerte. Sein Herz pochte stürmisch gegen die Rippen, tief in ihm, in einer anderen Bewußtseinsschicht, erwachte zitternde Unruhe – und er spürte fast körperlich die Anwesenheit dessen, den er suchte.
    Mit einer geschickten Bewegung streifte er die Kette des Amuletts über seinen Kopf und schlang sie ein paarmal um das Handgelenk.
    Er wandte sich nach rechts. Lautlos schlich er über den dicken Teppich weiter, passierte zwei, drei Türen – und nach wenigen Yard blieb er im Schutze eines nur halb zugezogenen roten Samtvorhangs stehen.
    Ein großes Zimmer öffnete sich vor ihm.
    Ein Zimmer mit schwarzen Wänden, einem schwarzen Teppich, blutroten Vorhängen und schweren Möbeln aus Goldbrokat. Dunkler Wein funkelte in den beiden Kristallgläsern auf dem niedrigen Rauchtisch. Wein – oder etwas anderes! Zamorra glitt ein wenig zur Seite, schob den Kopf noch weiter vor – und der Anblick, der sich ihm bot, ließ ihm förmlich das Blut in den Adern gefrieren.
    Kitty Silver stand neben einem der Sessel.
    Sie stand starr da, hoch aufgerichtet, vom Mondlicht übergossen.
    Die Augen waren weit aufgerissen, wirkten leblos und wie in Trance. Die Lippen zitterten, ein dünner Schweißfilm überzog das totenbleiche Gesicht – und ihr Blick hing gebannt an der hohen, hageren Gestalt in dem schwarzen Umhang, der ihr in vier, fünf Yard Entfernung gegenüberstand.
    ***
    Graf Chaldras kam auf sie zu.
    Langsam, lautlos… Seine Hände hatten sich vorgestreckt. Die Finger mit den langen Nägeln krümmten sich wie Krallen. Blutrote Lippen lächelten, die gräßlichen Eckzähne schimmerten, und die schmalen gelben Augen starrten unverwandt auf den weißen Hals des Mädchens.
    Erst nach ein paar Sekunden wurde der Vampir unruhig.
    Etwas wie ein kalter Hauch schien ihn zu treffen. Oder wie eine unsichtbare Strahlung. Er verharrte mitten in der Bewegung. Sein Kopf neigte sich, sein Gesicht nahm einen Ausdruck an, als lausche er auf eine ferne Melodie. Wie ein Krampf lief es über die breiten Schultern – und langsam, wie eine Marionette, die an unsichtbaren Fäden gezogen wird, wandte er den Kopf.
    Er zuckte zusammen, als habe ihn ein Peitschenhieb getroffen.
    Seine gelben Augen erfaßten Zamorras Gestalt, bohrten sich wie Sonden in die Pupillen des anderen. Für Sekunden kreuzten sich ihre Blicke, fraßen sich ineinander – dann irrten die gelben Augen weiter und sogen sich an dem silbernen Amulett fest.
    Graf Chaldras wich zurück.
    Sein bleiches Gesicht verzerrte sich unter Schmerzen, die blutroten Lippen zuckten. Keuchend pfiff der Atem aus seiner Kehle, und die Hände mit den mörderischen Krallennägeln hoben sich zu einer abwehrenden Geste, als wolle er sich schützen gegen die unheimliche, vernichtende Kraft, die auf ihn eindrang.
    Zamorras Herz schlug schneller.
    Sein Blick wanderte zu dem Mädchen hinüber. Sie stand immer noch starr da, regte sich nicht. Ihre Blicke gingen ins Leere, als sei sie in einem Traum gefangen, und Zamorra war sich nicht sicher, ob sie ihn überhaupt bemerkt hatte.
    »Kitty!« rief er halblaut. »Kitty – kommen Sie her!«
    Sie reagierte nicht.
    Über Chaldras’ Lippen kam ein fauchender Wutschrei.
    »Nein!« zischte er. »Du gehörst mir! Du bist mein Geschöpf! Komm! Komm zu mir, komm…«
    Zamorra machte einen Schritt nach vorn.
    Das Amulett hielt er in der ausgestreckten Rechten, es schwang leicht hin und her. Graf Chaldras’ Stimme stöhnte, als bereite ihm der Anblick Höllenqualen. Er zitterte, krümmte und wand sich, stieß hallende Worte in einer fremden, nicht menschlichen Sprache aus – aber er konnte der bannenden Kraft nicht widerstehen. Unsichtbare Ketten

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