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0016 - In den Klauen der Vampire

0016 - In den Klauen der Vampire

Titel: 0016 - In den Klauen der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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Schüsse durch die Stille. Kugeln schlugen in die Mauer, Mörtel spritzte, Funken sprühten – und im nächsten Moment schoß eine Stichflamme hoch, die binnen weniger Sekunden die ganze Hausfront erfaßte.
    Flammen loderten.
    Wie Zungen leckten sie an den weißen Mauern hoch, fanden Nahrung an Holzbalken, Türen, Fensterrahmen. Der Dachstuhl fing Feuer. Prasselnd und knisternd schlugen die Flammen in den Nachthimmel, fraßen sich wie mit gierigen Zähnen ins Innere des Gebäudes, und nur wenige Minuten später hatte sich das düstere Haus in eine lodernde Feuerhölle verwandelt.
    Graf Chaldras wankte.
    Um ihn schien das ganze Haus im Feuer zu schauern, dieses Haus, das ein Teil seiner selbst war, das mit seinen Mauern einen Teil der ewigen Finsternis umschloß. Flammen loderten und sprangen wie kleine glühende Tiere an den Vorhängen empor, schienen Sekunden später die Wände wie leuchtende Schleier zu bedecken. Ein unheimliches Ächzen erfüllte die Luft – ein Ächzen, als ob das Haus selber unter Schmerzen stöhne. Graf Chaldras stand in der Halle. Sein Blick irrte umher, sein Atem jagte – und im nächsten Moment ließ ein gräßlicher Schrei seinen Kopf herumzucken.
    Eine brennende Gestalt taumelte die Treppe herab.
    Arme zuckten, der flammenumhüllte Körper schien sich in einem grotesken Tanz zu drehen. Immer noch schreiend, fiel er zu Boden, zuckte, lag still, und das schauerliche Heulen verebbte.
    Chaldras atmete tief – doch er atmete Glut. Im Hintergrund des Raumes stand die Falltür offen. Die Falltür, die in den Keller führte, in ewige Dunkelheit: Sie versprach trügerischen Schutz, die letzten der Untoten waren hinuntergeflohen – aber Graf Chaldras wußte, daß der Bannstrahl der Rache auch vor dem unterirdischen Gewölbe nicht haltmachen würde.
    Er warf sich herum.
    Flammenschein stach in seine Augen, und zugleich fühlte er sich immer noch geblendet von den magischen Strahlen des Amuletts. Er mußte entfliehen. Mußte! Taumelnd setzte er sich in Bewegung, erreichte stolpernd die nächstbeste Tür und tauchte in eines der anderen Zimmer.
    Flammen auch hier!
    Doch die Hitze schien weniger glühend, die Helligkeit weniger grell. Die Fensterscheibe war zersprungen, ein kühler Luftzug traf Chaldras’ Haut. Wie von Furien gehetzt rannte er durch das Zimmer, schwang sich auf die Fensterbank, ließ sich fallen und rettete sich blindlings in den tiefen Schatten der Palmen.
    Er wußte, daß es trotz allem keinen Fluchtweg gab. Eiskalte Furcht war in ihm – die Todesfurcht der bedrohten Kreatur, die überleben will. Der magische Kreis hielt ihn, nicht umsonst hatte er versucht, die fremden Eindringlinge zu verfolgen. Aber er mußte heraus, mußte es schaffen. Wenn er entkam, konnte er sich retten. Das Haus war seine Heimstatt, doch zum Überleben brauchte er es nicht. Es gab Dickichte auf der Insel, in die nie ein Sonnenstrahl drang, es gab Höhlen wie Gräber, voll von modriger Erde und feuchtem Gestein.
    Und da war das Schiff – das Schiff, das ihn forttragen konnte! Er hatte nichts zu fürchten. Nichts außer der Bannkraft des Amuletts, außer dem Feuer, der Hitze, dem Licht und… Er stolperte vorwärts.
    Drei Schritte – dann ließ ihn der magische Kreis zurückprallen, als sei er gegen eine gläserne Wand gestoßen. Sein Gesicht verzerrte sich. Er mußte eine Lücke finden, mußte! Blindlings, halb betäubt, taumelte er an der schmalen dunklen Linie entlang, die so unüberwindlich wie ein Gebirge für ihn war – und dann sah er die Stelle zu seinen Füßen, wo verwehter Sand das getrocknete Blut überdeckte.
    Er schwankte darauf zu.
    Gräßlicher Schmerz schien ihn zu zerreißen, er hatte das Gefühl, in die Glut der Hölle zu tauchen. Doch die Wand wich zurück, als er sich nach vorn warf. Zwei Schritte – dann verebbte die Glut. Er stolperte, stürzte, fiel auf die Knie – und der Griff der unsichtbaren Krallen, die ihn festgehalten hatten, lockerte sich von einer Sekunde zur anderen.
    Der Graf richtete sich auf.
    Triumph erwachte in ihm. Kein Mensch war zu sehen. Am Himmel verblaßten die Sterne – aber die schwarze Wand des Waldes lockte und schien ihn zu rufen.
    Wie ein Schatten tauchte er in die wattige Finsternis. Das Dickicht nahm ihn auf, Schlingpflanzen schlugen hinter ihm zusammen.
    Lautlos huschte er weiter, sicher und zielstrebig, und er blieb nur noch einmal stehen, als er das Krachen und Bersten hörte, mit dem das Haus zusammenstürzte.
    Er sah zurück.
    Die gelben

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