0017 - Das Dämonenauge
ihn auf den Rücken, hob den Kopf an, damit sich sein Mund über der Wasseroberfläche befand. Dann schleppte ich meinen Freund aufs Trockene. Atmete er noch?
Ich beugte mich über Suko. Meine brennende Lampe hatte ich am Gürtel festgehakt. Im Lichtschein sah ich seine blauen Lippen und das kalkige Gesicht.
Wieder hatte ich Angst. Gleichzeitig begann ich mit verzweifelten Wiederbelebungsversuchen, bewegte Sukos Arme auf und nieder und pumpte ihm Wasser aus den Lungen. Im Schwall spie Suko es aus.
Dann begann er zu husten und zu keuchen, seine Lider flatterten, er öffnete die Augen, sah mich an und grinste. Ich lächelte ebenfalls. »Von den Toten wieder zurück?«
»Ja, dank deiner Hilfe.« Suko stieß die Worte abgehackt hervor, wurde immer durch Hustenanfälle unterbrochen.
»Was ist eigentlich passiert?« fragte ich.
»Nicht viel«, erwiderte Suko. »Ich sah das verdammte Biest aus dem Wasser schießen, schrie dir noch eine Warnung zu, die du ja auch befolgt hast. Dann aber traf mich der Hammer. Klatsch, und dann ging bei mir das Licht aus. Ich habe gar nicht mehr gemerkt, daß ich in die Brühe gefallen bin.«
Ich grinste. »Dann haben wir uns ja gegenseitig das Leben gerettet.«
»So ungefähr.«
Ich deutete auf das Wasser. »Liegt deine Lampe etwa jetzt da unten?«
»Wahrscheinlich.«
»Weißt du, Suko, ich kann immer noch nicht begreifen, wo das verdammte Biest hergekommen ist. Wir hätten die Schlange doch sehen müssen, zum Teufel.«
»Die hat auf dem Grund gelauert«, meinte mein chinesischer Partner. »Der Körper war mit Sand und Schlick bedeckt, und dann sag du mir, wie du solch ein Biest finden und erkennen willst.«
»Stimmt auch wieder«, gab ich zu.
»Hoffentlich müssen wir nicht mit noch mehr Überraschungen rechnen«, sagte Suko und sah sich suchend um. Auch ich ließ meine Blicke durch die Höhle schweifen, sah die Kuppeldecke aus rauhem, rissigem Gestein, doch eine Gefahr fir uns konnte ich nicht entdecken.
»Vielleicht haben wir Glück«, sagte ich und wandte mich dem goldenen Sarg zu.
Geheimnisvoll schimmerte das Metall. Welch ungeheures Rätsel mußte dieser Sarg verbergen? Zehntausend Jahre alt sollte Myxin, der Magier, sein. Stimmte es?
Suko nickte mir zu. »Komm«, sagte er, »laß uns den Sarg öffnen.«
Seine Stimme klang rauh vor Erregung, und das sollte bei Suko schon was heißen, wo er sonst ziemlich beherrscht war. Langsam schritten wir um den Sarg herum, blickten ihn genau an. Er hatte die Form eines Sarkophargs, war ziemlich hoch, und der Deckel schloß gut mit dem Unterteil ab.
Suko schüttelte den Kopf. »Den kriegen wir gemeinsam nie hoch«, kommentierte er.
Die Befürchtung hatte ich auch. Aber ich besaß noch den magischen Stein. Und der sollte mir auch diesmal helfen. Ich hatte ihn wieder in das Netz gesteckt und nahm ihn jetzt hervor. Seine Wärme hatte er beibehalten. »Versuch es«, sagte Suko.
Behutsam legte ich den Stein auf den Sargdeckel. Ich wüßte nicht, wie ich es sonst anstellen sollte. Zuerst geschah nichts. Ruhig blieb der Stein liegen. Doch dann – Sekunden später – veränderte er sich. Seine Vielfarbigkeit wich. Er wurde strahlend weiß, begann zu leuchten und wurde durchsichtig.
Ein gleißender Kristall lag plötzlich auf dem Sargdeckel. Das Licht füllte das Gewölbe aus, ließ unsere Gesichter kalkig und bleich erscheinen.
Doch das Licht blendete nicht. Statt dessen sammelte es sich, bildete einen Bogen, der sich wie ein Schleier auf den Deckel des Sarges legte.
Und dann geschah das Unwahrscheinliche. Der Sargdeckel glitt in die Höhe, löste sich von seinem Unterteil und schwebte.
Ein zischendes Geräusch drang aus den Spalten zwischen Deckel und Unterteil, als hätte jemand Luft ausgestoßen. Suko und ich waren unwillkürlich zurückgewichen. Gespannt beobachteten wir die nächsten Vorgänge. Der Sargdeckel glitt höher, der Decke entgegen, erstrahlte dort in einem hellen Licht und löste sich auf. Von einer Sekunde zur anderen war er verschwunden. Unglaublich…
Staunend beobachteten wir diesen Vorgang. Welche unbekannte, grenzenlose Magie trat hier in Aktion? Ein Zauber, der die Jahrtausende überdauert und doch von seiner Wirkung nichts verloren hatte. Suko und ich, Menschen aus einer anderen, moderneren Zeit, konnten nur noch zusehen und staunen.
Fast synchron senkten wir unser Blicke, um in den Sarg hineinschauen zu können. Wir fühlten uns wie Statisten, die irgendwann mal ihren Auftritt hatten.
Ich hielt den Atem
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