0017 - Wolfsnacht
verwischten Klänge einer überlauten Rock-Band schollen von Malcesine her über den See.
Nicole erhob sich. Die Bettdecke glitt von ihrem Oberkörper und entblößte ihn. Sie war nackt. Ihr Gesicht hatte einen dieser Welt entrückten Ausdruck. Mit leicht geöffnetem Mund schaute sie hinauf zum tiefschwarzen Himmel, an dem der Mond wie die Sonne in der Nacht im Zenit stand.
Er schien eine ungeheure Faszination auf sie auszuüben. Sie konnte sich von seinem Anblick nicht losreißen.
Sie schlug die Bettdecke ganz zurück und schwang die Beine über den Rand des Bettes.
Als ihre Füße den Boden berührten, war sie schon nicht mehr Herr über sich selbst. Eine fremde Kraft hatte von ihrem Bewußtsein Besitz ergriffen.
Fotografisch genau stand vor ihrem geistigen Auge auf einmal das Gesicht des Kellners, der sie beim Frühstück angesprochen hatte.
Das Gesicht erregte sie. Ihr Atem ging schneller.
Die Augen in diesem Gesicht starrten sie zwingend an. Sie wurden immer größer, schienen sie ganz zu verschlingen.
»Ja, ich komme, Geliebter«, flüsterte sie mit bebender Stimme.
Nicole erhob sich. Mit gemessenen Schritten ging sie zum Fenster.
Weißes Licht übergoß ihre sanft geschwungenen Brusthügel, die Linie ihrer Hüften und erregenden Formen ihrer Schenkel und Beine.
Wie eine griechische Statue stand sie da. Nur waren diese aus Marmor. Doch hier war es ein lebendiger Mensch, den eine rätselhafte Kraft in sein Verderben treiben sollte.
Wie auf einen stummen Befehl hin, wandte Nicole sich nun um und ging zum Kleiderschrank, aus dem sie ein leichtes Minikleid aus weißem Leinen hervorholte.
Mit einer raschen Bewegung streifte sie es sich über. Gleich einer zweiten Haut lag es am Körper an und ließ die vor Begierde hart gewordenen Brustwarzen hervortreten.
Das Mädchen ging zur Tür, öffnete sie und trat hinaus auf den Flur. Nur die Nachtbeleuchtung brannte. Lautlos eilte Nicole über den Gang und die Treppe hinunter.
Der Nachtportier hielt sich nicht in der Halle auf, als Nicole zur Tür lief, sie aufschob und kurz darauf vor dem Hotel in der Dunkelheit stand.
Aus einer Zierhecke löste sich ein Schatten. Es war ein Mann, der sich Nicole näherte.
Als hätte sie es geahnt, drehte sie sich um.
»Da bist du ja, Geliebter«, hauchte sie.
»Ja, hier bin ich. Folge mir.«
Das Mondlicht beschien das Gesicht des Mannes. Es war der Kellner, der Nicole morgens angesprochen hatte. Doch sie schien ihn nicht zu erkennen. Sie folgte ihm, als hätte er sie hypnotisiert.
Zielsicher strebte der junge Mann in Richtung Badestrand. Seine Schritte verursachten kein Geräusch, was Nicole allerdings in ihrem umnebelten Zustand überhaupt nicht auffiel.
Sehr bald schon knirschte unter ihren Füßen Sand und Ufergeröll.
Der Mann ging noch weiter voraus. Scharf hob sich seine Silhouette gegen den Mond ab. Er schien ein festes Ziel zu haben. Nicole folgte ihm blindlings.
An einer Stelle, an der die Büsche fast bis in den See hineinwuchsen, blieb der junge Mann stehen. Er bedeutete Nicole durch eine Geste, sich niederzusetzen. Sie folgte seiner Aufforderung unverzüglich.
Sobald sie es sich bequem gemacht hatte, setzte auch er sich hin und rückte dicht zu ihr.
»Eine große Aufgabe wartet auf dich, Geliebte. Du sollst helfen, das Böse auf die Erde zu holen. Du sollst die Dämonen der Hölle gewogen stimmen. Warte nur, dann kommt deine Stunde, und wir alle werden dir auf ewig dankbar sein.«
Nicole nickte, als hätte sie alles genau verstanden. Jedoch waren ihre Gedanken von der fremden Kraft derart überschattet, daß sie den Sinn der Worte überhaupt nicht verstand, sondern nur Freude empfand und sich auf das Angekündigte innerlich vorbereitete. Was geschehen sollte, ahnte sie jedoch in keiner Weise.
Sie wandte sich dem Mann zu. Tief tauchte ihr Blick in seine Augen. In ihrer Trance glaubte sie Liebe und Zuneigung darin zu sehen. Und diese Liebe mußte sie erwidern.
Sie schlang dem Mann vor ihr den Arm um den Hals, ließ sich zurück auf den Rücken sinken und zog ihn mit sich.
Mit der anderen Hand öffnete sie die Knöpfe seines Hemdes. Fast ungeduldig streifte sie es ihm von den Schultern. Das böse Glitzern in den Augen bemerkte sie nicht.
Zärtlich ließ sie die Hand über den Rücken des Mannes gleiten. Sie öffnete den Mund und zog den Kopf ihres angenommenen Geliebten zu sich herunter. Dann trafen sich die Lippen der beiden zu einem endlosen Kuß.
Eine schreckliche Verwandlung trat in dem Moment
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