Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0017 - Wolfsnacht

0017 - Wolfsnacht

Titel: 0017 - Wolfsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kubiak
Vom Netzwerk:
auf die Arme und schritt zu dem Sessel hinüber.
    Vorsichtig ließ er sich darauf nieder. Dabei hielt er die Frau mit ausgestreckten Armen vor sich.
    Er schloß die Augen. Seine Lippen bewegten sich unablässig.
    Eine schreckliche Verwandlung ging mit ihm vor. Bei seinen Füßen fing es an. Die Falten seines Hausmantels, der so lang war, daß er auf seinen Füßen auflag, versteinerten. Sie wurden immer blasser, bis die typische Maserung deutlich zu erkennen war. Das gleiche geschah mit den Füßen.
    Dann die Beine, der Stoff der Hose. Stetig und unaufhaltsam schritt die Verwandlung voran.
    Jetzt erreichte sie sein Kinn. Es wurde fahlweiß und strahlte ein kaltes Schimmern aus. Die Bewegung der Lippen erstarb, die Augen brachen und wurden ebenfalls weiß. Es war, als hätten sich die Augäpfel in ihren Höhlen umgedreht. Schließlich waren nur noch die Haare übrig. Aber auch sie wurden zu Stein wie der übrige Körper.
    Und was noch schlimmer war – aus dem vorher menschlichen Gesicht war eine widerliche Fratze geworden.
    Immer noch lag das Mädchen auf den nunmehr zu Marmor erstarrten Armen.
    Um sie herum begann die Luft zu flimmern. Ihre Haare bewegten sich in einem Luftzug, der aus dem Nichts kam. Nach und nach wurde ihre Haut durchsichtig. Und nicht nur ihre Haut – ihr gesamter Körper wurde wie Glas. Das Flimmern verstärkte sich. Das Mädchen bewegte sich noch einmal, dann waren die Arme der Steinfigur leer.
    Plötzlich geschah das Unfaßbare – die Arme der Marmorstatue sanken herab und verschränkten sich auf ihrer Brust.
    Das Leuchten verlosch. In dem Raum wurde es stockfinster. Es war nur noch das Geräusch flatternder Flügel zu hören, die von einem von dem Licht aufgescheuchten Nachtfalter herrührten.
    Ansonsten herrschte in diesem Haus der Tod.
    ***
    Oberhalb von Limone, da, wo vor Jahrhunderten die Höhle in die Felsen gesprengt worden war, geschah Unheimliches.
    Dichte Wolken hatten sich vor den Mond geschoben, und die steilen Hänge wirkten in der undurchdringlichen Finsternis wie Ungeheuer, die das kleine Fischerdorf zu ihren Füßen verschlingen wollten.
    Man konnte es erst bei längerem Hinschauen bemerken. Die Luft über der Felsenhöhle geriet in Unruhe. Hell leuchtende Schleier tanzten dort und tauchten die nächste Umgebung in fahlweißes Licht. Nach und nach verdichteten sich diese Lichtschleier, bis die ganze Region um die zugewachsene Höhle von einer grellen Aura umgeben war.
    Auch das Innere der Höhle wurde von diesem Leuchten erfüllt.
    Bis auf die Nische, in der auf ihrem Marmorthron die gräßliche Steingestalt hockte.
    Ein häßliches Knirschen fetzte durch den Raum und wurde von den roh behauenen Wänden wieder zurückgeworfen.
    Die Stellung der Steinfigur hatte sich verändert. Sie hielt die Arme nicht mehr verschränkt vor der Brust, sondern die Hände lagen jetzt auf den Knien.
    Knisternd wichen die Haare auf dem Kopf der Statue auseinander.
    Die Augen zuckten, verloren ihre Steinmaserung und begannen zu glänzen. Das Weiße verschwand, und Pupillen bildeten sich aus.
    Wachsam schickten sie glühende Blicke durch den Felsensaal.
    Dabei bewegte sich auch der Kopf. Langsam drehte er sich hin und her. Der Mund der Gestalt öffnete sich. Zischend wurde Luft in die Lungen gesogen.
    Der Brustkorb hob und senkte sich. Das Gewand verlor seine marmorne Starrheit und geriet in Wallung, als die Gestalt prüfend die Beine vorstreckte und sie wieder anzog.
    Das Gesicht und die Glieder erhielten eine rötliche Färbung, ein Zeichen, daß wieder Blut durch die Adern floß.
    Schwerfällig erhob sich die Gestalt. Sie blieb einen Augenblick starr stehen, dann machte sie einige Schritte auf den Altarstein zu.
    Sie machte erst halt, als sie mit den Knien gegen den behauenen Fels stieß. Lange starrte sie den dunklen Fleck auf der Oberfläche des Steins an.
    Dann hob sie die Arme, wobei sich die Finger zu Krallen formten.
    Die Gestalt warf den Kopf in den Nacken. »Satan, hilf!« Ein gellender Schrei war es, und er schien erhört zu werden.
    Denn der Fleck auf dem Stein begann zu schimmern und Blasen zu werfen.
    Es war eine Blutlache, die auf geheimnisvolle Weise wieder flüssig geworden war.
    Über der Blutlache, die zu kochen schien, bildete sich eine Lichtsäule.
    Tiefrot tauchte sie die nächste Umgebung in ein Flammenmeer.
    Feuerzungen leckten um den Stein und die Gestalt davor. Doch es konnte ihr nichts anhaben. Sie war nicht von dieser Welt. Hier galten andere Gesetze.
    Die Lichtsäule

Weitere Kostenlose Bücher