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0019 - Die Schreckenskammer

0019 - Die Schreckenskammer

Titel: 0019 - Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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klarer, als die schwere Bohlentür am Fuß der Treppe hinter ihnen zufiel.
    Ein kahler gewölbter Gang lag vor ihnen. Rohre und Leitungen liefen unter der Decke entlang, in kurzen Abständen spendeten nackte, drahtumspannte Glühbirnen ihr kaltes Licht. Giordano Calgaro ging jetzt wieder voran. Er passierte drei schwere Türen, die vierte öffnete er, und Marric wurde über die Schwelle gestoßen.
    Ein großer, quadratischer Raum tat sich auf, im fahlen Licht glänzten die feuchten Mauersteine. Links gab es eine weitere Tür, rechts nahm ein Gitter aus stabilen Eisenstäben die gesamte Breite des Kellers ein. Etwas raschelte – ein Geräusch wie von trockenem Laub oder Stroh. Ein dumpfes Stöhnen wurde laut.
    Marric wandte den Kopf, und für Sekunden nahm das jähe Entsetzen ihm den Atem. Umrisse von Gestalten hoben sich hinter dem Gitter ab. Menschen in zerlumpter Kleidung, verwahrlost, langhaarig, schmutzig.
    Finger krallten sich um die Eisenstäbe, brennende Augen starrten herüber, Lippen zuckten, bewegten sich rastlos, aber außer dem seltsamen tonlosen Ächzen war nichts zu hören.
    Dr. Calgaro lächelte kalt.
    »Das Geschrei störte mich«, sagte er im Tonfall eines Fremdenführers, der eine interessante Sehenswürdigkeit erklärt. »Ich habe mit einer Sonde die Sprachzentren in ihren Gehirnen gelähmt. Sie werden mir später für weitere Experimente dienen…«
    Marric schwankte.
    In ihm schien etwas zu Eis erstarrt zu sein. Was er sah, war zu schrecklich, um es zu begreifen, zu ungeheuerlich, um irgendeine andere Reaktion auszulösen als diese schwindelerregende Kälte. Er stolperte weiter, vorwärts gestoßen von den beiden Männern, die seine aneinandergeketteten Arme hielten, passierte erneut eine Tür, die Calgaro aufhielt, und ließ sich erschöpft gegen die Wand sinken, als er losgelassen wurde.
    Das Monstrum, das in der Mitte des Raumes auf einem Sockel stand, nahm er erst nach ein paar Sekunden wahr.
    Metall glänzte. Eine Konstruktion aus Stahl, Drähten, Kontrollampen; Arme und Beine, eine Art Kasten, an der Stelle des Kopfes von einer Glasplatte abgedeckt, hinter der sich die losen Enden von Drähten abhoben. Eine Maschine? Ein Roboter? Marric wußte es nicht, und der Gedanke, daß auch dies hier irgendeine Teufelei bedeuten mußte, drang nur allmählich in sein Bewußtsein.
    Er drehte den Kopf. Dr. Calgaro starrte herüber. Seine gelben Augen glitzerten.
    »Das Prunkstück meiner Sammlung«, sagte er höhnisch. »Ein Cyborg! Ein künstlicher Mensch! Er hat keinerlei Schwächen! Er ist das, was ein Mensch nie sein kann – unbesiegbar!«
    Die Worte klangen triumphierend, fiebrig, fanatisch, und Calgaros Stimme vibrierte. Alban Marric sah das Monstrum aus Stahl an. Er war benommen, immer noch wie betäubt. Aber ein Teil seines Gehirns arbeitete, ein Teil seiner Gedanken lief automatisch ab, mit wissenschaftlicher Präzision, und formulierte Fragen wie für einen Computer.
    Ein künstlicher Mensch?
    War es möglich, daß ein Roboter, ein Cyborg…
    Cyborg?
    Das Wort fand Widerhall, ließ tief in seinem Gehirn etwas einrasten. Ihm wurde bewußt, daß sich der Begriff »Cyborg« aus den Worten »Cybernetic« und »Organismus« zusammensetzte, mit einem Schlag verstand er die Bedeutung von Calgaros Behauptung, und der kalte Schrecken erfaßte jede Faser seines Körpers.
    »Cyborg?« wiederholte er leise und tonlos.
    Die gelben Augen hielten ihn fest, durchbohrten ihn wie Sonden.
    »Das sagte ich«, nickte Calgaro. »Ein menschliches Gehirn, angeschlossen an eine Maschine. Seine Gedanken werden nicht Glieder aus Fleisch und Blut in Bewegung setzen, sondern Stahl und Eisen. Verstehst du, was das bedeutet? Ein Gehirn, das Maschinengewehre abfeuern, Laserstrahlen schleudern, Gegner niederwalzen kann, so wie andere Hirne den Impuls für ein Fingerschnippen geben! Dieses Wesen wird unbesiegbar sein. Niemand ist ihm gewachsen. Niemand…«
    »Du hast…«
    »Noch nicht«, lächelte Calgaro. »Noch habe ich der Maschine kein Gehirn gegeben. Aber ich werde es tun. Bald, Alban. Sehr bald…«
    Marric wurde weitergeschleift, ehe er den Sinn der Worte richtig erfassen konnte. In seinem Kopf drehte sich alles. Eine neue Tür, eine neue Schwelle! Licht blendete ihn, eine stärkere, strahlendere Helligkeit, und er mußte die Augen schließen, weil sich der hämmernde Schmerz in seinem Kopf zum Stakkato steigerte.
    »Der Operationssaal«, hörte er Calgaros Stimme. »Er ist erstklassig eingerichtet, wie du siehst,

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