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0019 - Die Schreckenskammer

0019 - Die Schreckenskammer

Titel: 0019 - Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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selbst für schwierigste neurochirurgische Eingriffe. Neurochirurgie war mein Fachgebiet, ehe man mir die Zulassung entzog, aber das weißt du ja alles…«
    Marric nickte mechanisch.
    Ja, er wußte es. Jordan Calgary war ein blendender Gehirnchirurg gewesen – zu blendend. Er hatte Leben gerettet, hatte schwierigste Tumoroperationen gewagt, hatte gemeingefährliche Geisteskranke zu friedlichen, glücklichen Menschen gemacht und einmal etwas getan, das er den Versuch der Persönlichkeitsumwandlung nannte und das seine Karriere zerstörte. Schon damals war diese Besessenheit in ihm gewesen, die nach dem Unmöglichen griff. Schon damals! Marric fragte sich, wieso er den verbrecherischen Wahnsinn in diesem Menschen nicht viel früher gespürt hatte, und als er den Kopf hob, waren seine Augen dunkel vor Bitterkeit.
    »Was hast du vor, Jordan?« fragte er heiser.
    Calgaro lächelte. Ein kaltes, ausdrucksloses Lächeln.
    »Zunächst einmal werde ich meine Dienerinnen schicken, damit sie diesen jungen Bengel zum Schweigen bringen«, sagte er. »Und dann operiere ich dich, Alban. Du wirst bleiben, wer du bist. Aber du wirst mir nie mehr gefährlich werden…«
    ***
    Gegen zweiundzwanzig Uhr herrschte in der Gaststube des Hotels nur noch mäßiger Betrieb.
    Nicole war früh zu Bett gegangen, weil die Reise sie angestrengt hatte. Auch der Professor fühlte sich müde, aber stärker als alles andere war die seltsame innere Unruhe, die ihn in diese kleine Stadt getrieben hatte und ihn jetzt dazu brachte, noch einmal das Hotelzimmer zu verlassen, um ein paar erste Erkundigungen einzuziehen.
    Im Gastraum verbreitete ein Kaminfeuer behagliche Wärme. Ein paar junge Paare unterhielten sich bei Cola und Bier, am Stammtisch spielte ein halbes Dutzend kräftiger, handfest aussehender Männer Karten. Der Wirt spülte Gläser, ein hagerer, schweigsamer Mann mit freundlichen braunen Augen, und das Mädchen mit der kastanienfarbenen Pagenfrisur, das an den Tischen bediente, sah ihm so ähnlich, daß es nur seine Tochter sein konnte.
    Zamorra suchte sich einen Platz und bestellte Bourbon Soda – den Whisky pur, ohne Eis, das Sodawasser mit einem separaten Glas dazu. Das Mädchen wiederholte »ohne Eis«, als könne sie es nicht glauben, lächelte dann und servierte wenig später das Gewünschte.
    Zamorra bedankte sich.
    »Eine Frage, bitte«, sagte er, als das Girl sich schon wieder abwenden wollte.
    Sie hob die Brauen. Schmale, geschwungene Brauen über ausgesprochen hübschen hellbraunen Augen, wie der Professor feststellte.
    »Ich kenne mich hier nicht aus«, sagte er. »Ich suche einen gewissen Jim Coltrane. Wissen Sie zufällig seine Adresse?«
    Auf der glatten Stirn des Mädchens erschien eine Falte.
    Sie zögerte. Über ihr Gesicht glitt eine rasche Folge wechselnden Ausdrucks – Skepsis, eine Mischung aus Unwillen und leisem Schrecken, aber auch Neugier.
    »Merkwürdig«, murmelte sie. »Sie sind schon der zweite.«
    »Der zweite?«
    »Der zweite Fremde, der nach Jim fragt«, präzisierte sie. »Der erste hat ihn hier im Restaurant getroffen – ich kam gerade herunter, als er wegging.« Sie stockte und schien sich klarzuwerden, daß sie die Frage noch nicht beantwortet hatte. »Jim und ich sind verlobt, deshalb interessiere ich mich dafür. Ich bin Jessica Havilland.«
    »Mein Name ist Zamorra«, sagte der Professor. Aus einem Impuls heraus fügte er hinzu: »Ich bin Wissenschaftler. Parapsychologe, wenn Sie sich darunter etwas vorstellen können.«
    Sie nickte langsam. Ihre braunen Augen wirkten unruhig.
    »Dann glauben Sie es also auch?« fragte sie zögernd.
    »Was, bitte?«
    »Was Jim erzählt! Diese merkwürdige Sache mit seiner Schwester…«
    Sie stockte. Ihr Blick flog zu einem der Nachbartische, wo jemand nach ihr winkte, und sie biß sich auf die Lippen. »Ich kann jetzt nicht reden«, murmelte sie. »In einer halben Stunde habe ich Feierabend. Treffen wir uns auf dem Parkplatz?«
    »Einverstanden. In einer halben Stunde.«
    Das Mädchen wandte sich ab. Rasch ging sie zwischen den Tischen hindurch. Sie hatte eine gute Figur, nicht aufreizend sexy, aber schlank, sportlich und wendig. Einen Moment lang blickte Zamorra ihr nach, dann leerte er sein Glas, schob seinen Stuhl zurück und bat den Wirt, den Whisky auf die Rechnung zu setzen.
    In seinem Zimmer verbrachte er nur wenige Minuten.
    Draußen regnete es immer noch, der Wind peitschte welke Blätter über die Straße. Zamorra schlüpfte in seine gefütterte Armyjacke

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