002 - Das Henkersschwert
atmete erleichtert auf.
Hunter jedoch blickte sie eisig an, so daß ihr freudiges Lächeln sofort erlosch.
»Wie geht es dir, Dorian?« fragte sie.
»Ganz gut«, antwortete er.
»Du warst im Haus meiner Familie. Haben dir meine Ratschläge geholfen?«
Dorian nickte. »Laß uns später darüber reden. Ist Herr Helnwein eingetroffen, Mr. Barrett?«
Der Psychiater schüttelte den Kopf.
»Ich würde dich gern nach London begleiten, Dorian«, ergriff Coco wieder das Wort. »Ich kann nicht in Wien bleiben. Es wäre mein Tod.«
Er blickte sie überrascht an. Dann erwiderte er stirnrunzelnd:
»Auch darüber können wir später sprechen. Wo ist meine Frau, Mr.
Barrett?«
»Dr. Burger ist sie holen gegangen«, sagte Barrett und stand auf.
Dorian öffnete die Tür und schaute auf den Korridor hinaus. Er erblickte Dr. Burger und neben ihr Lilian. Hunter lief ihnen entgegen.
Sein Herz krampfte sich zusammen, als er das maskenartige Gesicht seiner Frau sah. Sei wirkte so zierlich und zerbrechlich wie eine Puppe. Ihr Gesicht war von einem Kranz goldfarbener Haare umrahmt, die ihr einen engelsgleichen Ausdruck verliehen.
»Lilian!« begrüßte Dorian sie freudig.
Sie blieb stehen und schaute ihn verständnislos an. »Sie kennen mich?« fragte sie verwundert.
»Erkennst du mich denn nicht, Lilian?« fragte er leise. »Ich bin es – Dorian. Dein Mann.«
Sie schüttelte den Kopf, dann lachte sie. »Ich habe keinen Mann.
Ich bin nicht verheiratet. Sie müssen sich irren, mein Herr. Ich habe Sie noch nie gesehen.«
Dorian sah Dr. Burger betroffen an.
»Sie hat noch einige Gedächtnislücken«, erklärte der Arzt. »Aber das wird vergehen.«
Barrett und Coco waren neben Dorian getreten. Unbemerkt war auch Norbert Helnwein zu ihnen gekommen. Er trug einen langen Karton unter dem rechten Arm. Lilian ging an Dorian vorüber und blieb vor Coco stehen.
»Sie sind wunderschön«, sagte sie zu Coco. »Darf ich Ihr Haar berühren?«
Coco nickte stumm. Lilian streckte vorsichtig ihre rechte Hand aus und strich über das volle Haar der jungen Hexe. Cocos Gesicht blieb starr, während Lilian sie liebkoste. Das Haar fühlte sich angenehm weich an. Dorian hingegen kniff die Augen zusammen. Er hatte es noch immer nicht verwunden, daß Lilian ihn nicht erkannt hatte.
»Danke«, sagte seine Frau jetzt und zog ihre Hand zurück. Sie stand ruhig da und lächelte.
»Begleiten Sie Lilian bitte, Mr. Barrett«, bat Dorian, ohne seinen Blick von ihrem Gesicht abzuwenden. Es hatte jetzt wieder jenen teilnahmslosen Ausdruck angenommen. Sie schien ihre Umwelt in diesem Augenblick überhaupt nicht wahrzunehmen.
»Kommen Sie, Mrs. Hunter«, sagte Barrett und griff nach ihrem rechtem Arm. Willig ließ sie es zu, daß der Psychiater sie den Korridor entlangführte.
»Ich komme bald nach«, sagte Dorian. Während er den beiden nachschaute, ballten sich seine Hände zu Fäusten. So schlimm hatte er sich den Zustand seiner Frau nicht vorgestellt. Er sah Coco an, und der Ausdruck seiner Augen änderte sich. Sie gehörte der Schwarzen Familie an, die am Zustand seiner Frau schuld war.
Dr. Burger legte einen Arm um Dorians Schulter. »Ich kann mir vorstellen, was in Ihnen vorgeht, Mr. Hunter. Aber es ist möglich, daß sich der Zustand Ihrer Frau bald bessert.«
»Ich glaube nicht daran«, sagte Dorian grimmig. »Sie ist unheilbar krank. Sie brauchen mir keine falschen Hoffnungen zu machen, Dr.
Burger.«
Helnwein war näher gekommen, aber er wurde von Dorian vertröstet, der noch einmal mit Burger in dessen Arbeitszimmer ging, um die Rechnung per Scheck zu begleichen. Helnwein blieb draußen neben Coco stehen und begrüßte sie. Es schien, als würde die junge Hexe aus einer Erstarrung erwachen. Sie sah ihn an, erkannte ihn aber erst nach einigen Sekunden.
»Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen, Fräulein Zamis.«
Sie nickte verwirrt. »Was tun Sie hier?« erkundigte sie sich.
»Ich habe eine Verabredung mit Herrn Hunter.«
»Ach ja. Er sprach davon.«
Da trat Dorian bereits wieder aus der Tür und schüttelte Dr. Burger zum Abschied die Hand. »Vielen Dank für alles«, sagte er.
»Wir haben getan, was möglich war, Herr Hunter. Leider konnten wir Ihrer Frau nicht viel helfen. Sie müssen Geduld haben. Kopf hoch! Sie wird schon gesund werden.«
Dorian ging nicht darauf ein. »Gehen wir«, sagte er an Helnwein und Coco gewandt. Er schritt ihnen voran. Als sie vor die Klinik traten, fuhr eben der Krankenwagen ab. Dorian biß
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