002 - Der Safe mit dem Rätselschloß
Kleiderständer entfernte, während ihm eine alte Dame in der Küche unten dicke Butterbrote strich.
Herr Lane war kürzlich von einem kleinen Aufenthalt im Wormwood Scrubbs Gefängnis zurückgekehrt. Es war nur eine unbedeutende Affäre - etwas Roßhaar, aus einem Eisenbahnpolster entwendet -, die Herrn Lane auf zwei Monate zum Privatisieren gezwungen hatte. Und dieselbe Geschichte brachte ihm auch Unheil in der Nacht jenes großen Coups.
Denn der Ruhm des Eisenbahndiebstahls hatte ihn zu ehrgeizigeren Versuchen angestachelt. Vorwärts getrieben durch seine erschöpfte Börse und gestützt von dem Prestige seiner neuerlichen Heldentaten, entschied er sich für einen Einbruch. Das war eine kühne und leichtsinnige Abweichung von seiner eigentlichen Linie, aber er nahm sich nicht die Zeit, lange über die mangelnden Fähigkeiten nachzugrübeln, die sich bei einem Berufswechsel herausstellen, und ebenso unterließ er es, die ungünstigen Bedingungen eines bereits überfüllten Arbeitsmarktes in Betracht zu ziehen. Man hat wohl recht mit der Annahme, daß Herr Lane der nötigen logischen und abwäge n-den Begabung entbehrte, um eine Frage bis in ihre letzten Konsequenzen durchzudenken. Denn er war in intellektueller Beziehung das Gegenteil von genial und deshalb schlecht ausgerüstet für die nähere Prüfung der Umstände, die seine Entscheidungen herbeiführten. In seinen Selbstgesprächen legte der neugierige Herr Lane kurz und bündig den Fall folgendermaßen dar:
»Mit Bleirohren is nix zu machen, wenn einer nich einen Kumpan hat, der wo hilft. Telefondrähte sind so in Holz eingepackt, daß es ekliger als die schlimmste Arbeit is, auch nur für zwei Groschen loszumachen. Werde mal bei Jonesens mein Heil versuchen.«
So beobachtete er denn »Jonesens« im strömenden Regen von einem günstig gelegenen Torweg aus. Er bemerkte mit Befriedigung, wie die »Arbeiter« einer nach dem andern weggingen; er sah mit Freuden, daß »Jones« selbst sich entfernte; und als ein paar Minuten später der sonderbare alte Mann, den er für eine Art Hausbesorger hielt, herausgewatschelt kam, das Tor hinter sich zuschlug, sich überall umschaute und schließlich in halblautem Selbstgespräch durch den Regen davonstapfte, da erkannte der Beobachter in der Beseitigung dieser letzten Schwierigkeit eine besondere Gunst der Vorsehung.
Er wartete noch eine halbe Stunde, weil aus irgendeinem Grunde die sonst so menschenleere Straße ärgerlich belebt war. Erst kam ein verspäteter Kohlenwagen und ein jämmerlich durchnäßter Kohlenmann, der kläglich seine Ware ausrief. Dann erschien ein kleiner Junge, dem Gehege des elterlichen Hauses entronnen, der mit Begeisterung und Ausdauer durch die große Pfütze watete, die sich auf der unebenen Straße gebildet hatte. Nemesis in Gestalt einer schrillstimmigen Mutter erwischte den Bengel und führte den erwartungsvoll Heulenden unter ihre schwere Hand zurück. Nun die Bahn frei war, verlor Herr Lane keinen Augenblick. Die Methode, mit der sich Herr Lane Zugang zum Hauptquartier der › Stadtbande ‹ verschaffte, entbehrte jeder Verfeinerung. Er kletterte auf gut Glück über das Hoftor, in der stillen Hoffnung, daß niemand ihn beobachtete. Wäre er ein ausgebildeter Einbrecher mit einiger Erfahrung gewesen, so hätte er zunächst gründlich nach geeigneten Fenstern gesucht. Nie und nimmer hätte er die Tür zum »Büro« gewählt. Doch als blutiger Anfänger und überdies im Bewußtsein, daß er seine größten Taten achtlos offengelassenen Türen verdankte, probierte er es auch mit dieser Tür, und zu seinem Entzücken gab sie nach.
Wieder hätte der gelernte Handwerker irgendeine Falle vermutet und sich zurückgezogen; aber Herr Lane erkannte in der Tatsache, daß der Alte die Tür abzuschließen vergessen hatte, nur einen weiteren Beweis jener gütigen Vorsehung, die sich für Glückskinder besonders anstrengt, und hielt verwegen seinen Einzug. Er entzündete einen Kerzenstumpf und sah sich um.
Die Merkmale jenes Reichtums, durch den ein »Unternehmer« sich auszuzeichnen hat, waren hier nicht bemerkbar. Nicht einmal ein Läufer lag im Gang, und an den Wänden hingen weder Bilder noch sonstiger Schmuck. Auch das Büro, ein kleines Zimmer neben dem Gang, erwies sich nicht als ertragreicher. Das unverrückbare Inventar, soweit überhaupt vorhanden, hatte offenbar der vorhergehende Mieter zurückgelassen; jedenfalls war es dick mit Staub bedeckt.
»Bah!« sagte der neugierige Herr Lane
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