002 - Die Nacht der Mumie
ist für mich nur eines: daß sie sich den Kerl holen. Tun Sie’s nicht, dann platzt das Geschäft, und Sie können Rat Nem-Marun vergessen.«
Patrick Palmer überlegte hastig. Das war der Nachteil, wenn man mit Verbrechern zusammenarbeitete. Sie waren manchmal voller Überraschungen. Natürlich wollte Palmer die Mumie haben, und er war davon überzeugt, daß Teddy Todd vorhin keine leere Drohung ausgesprochen hatte. Wenn er Rat Nem-Marun seiner Sammlung einverleiben wollte, mußte er sich dem Wunsch des Verbrechers beugen.
»Na, was ist?« drängte Teddy Todd.
»Gut«, sagte Palmer. »Ich komme.«
»Das ist ein Wort. Den Zaster brauchen Sie nicht gleich mitzubringen. Das können wir ein andermal erledigen.«
Palmer legte auf und kehrte zu seinen Gästen zurück. Er schickte sie nicht nach Hause, sagte, er müsse dringend für eine Stunde weg, und als ihn Colleen Bixby fragte, weswegen, kam ihm die Lüge glatt über die Lippen: »Ein Geschäftsfreund hat auf dem Heathrow Airport Schwierigkeiten mit dem Zoll. Ich regle das ganz schnell und komme gleich wieder zurück.«
Niemand würde merken, daß er Rat Nem-Marun mitbrachte, wenn er heimkehrte. Er würde mit Todd und Bedford die Mumie zum Hintereingang hineinschaffen und gleich in den Keller bringen. Dann würde sich die dicke Stahltür schließen, und Rat Nem-Marun gehörte fortan nur noch ihn.
Ein brennendes Prickeln durchlief ihn, als er sein Haus verließ.
Es gab wirklich nichts, was er sich nicht verschaffen konnte, und darauf war er mächtig stolz.
***
Die schwarze Kraft in Rat Nem-Maruns uraltem Körper erweckte die grausamen Lebensgeister. Ein kaum wahrnehmbares Zucken durchlief den Leib des bandagierten Leichnams. Seine Finger bewegten sich, als würden sie zu üben beginnen. Auf und zu schnappten die Hände, wie Greifer.
Höllische Kräfte pulsten in den Gliedern der Mumie. Der Mordtrieb von einst erwachte. Rat Nem-Marun spürte die Nähe eines Menschen. Leben! Da war Leben, das er vernichten mußte!
Langsam drehte die Mumie den Kopf.
Gordie Bedford bekam davon nichts mit. Er zündete sich eine Zigarette an und rauchte mit tiefen Zügen. Er amüsierte sich immer noch über Teddy Todds Angst. Rat Nem-Marun konnte seiner Ansicht nach nichts mehr bringen, der konnte keiner Fliege mehr etwas zuleide tun. Vielleicht war er früher tatsächlich so ein grausamer Knochen gewesen, wie die Geschichte berichtete, heute jedoch mußte sich Rat Nem-Marun alles gefallen lassen, was man mit ihm anstellte.
Bedford nahm den nächsten Zug.
Er lauschte.
Wie lange blieb Teddy denn noch oben? Bedford beschloß, die Zigarette zu Ende zu rauchen und den Keller dann ebenfalls zu verlassen. Ob Palmer sich die Mumie gleich holen würde? Teddy würde ihm bestimmt hart zusetzen, um das zu erreichen. Aber würde Palmer darauf einsteigen?
Rat Nem-Marun legte die bandagierten Hände flach auf den Boden.
Er war jetzt wiedererstarkt. Unvorstellbare Kräfte befanden sich in ihm, und der Mordtrieb ließ es nicht zu, daß er noch länger liegenblieb. Hier war ein Mensch – und er mußte ihn töten!
Vorsichtig setzte er sich auf.
Der Hohepriester der Hölle war wiedergeboren, und er wollte seine Wiedergeburt mit einem Mord feiern.
***
Ein Geräusch riß Gordie Bedford plötzlich herum. Die Zigarette entfiel seiner Hand, als er Rat Nem-Marun vor sich stehen sah. Die Legenden stimmten also doch.
Die Mumie lebte wieder, weil der heilige Skarabäus sie nicht mehr in Schach hielt.
Fassungslos starrte Bedford die bandagierte Leiche an. So etwas hatte er für unmöglich gehalten. Er hatte über Teddys Angst gelacht und jetzt fürchtete er sich selbst halbtot.
Er war so durcheinander, daß er nicht wußte, was er tun sollte.
Hatte es einen Sinn, zu fliehen? Wie schnell war Rat Nem-Marun?
Würde die Mumie ihn einholen, wenn er die Kellertreppe hochstürmte?
Bedford dachte an seinen Freund. Sollte er ihn zu Hilfe rufen?
Vielleicht konnten sie zu zweit mit der Mumie fertigwerden.
Rat Nem-Marun rührte sich nicht. Reglos stand er da, als wäre er schon wieder erstarrt. Doch nun hob er die rechte Hand. Und auch die linke. Ganz langsam. Der Tote war von Kopf bis Fuß bandagiert, doch Bedford glaubte, eine Knochenfratze durch die Bandagen schimmern zu sehen.
Seine Kehle trocknete aus. Seine Kopfhaut zog sich schmerzhaft zusammen, sein Herz hämmerte wie verrückt gegen die Rippen.
Das Blut pochte in seinen Schläfen.
»Daß es so etwas gibt…«, flüsterte er
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