002 - Die Nacht der Mumie
die außergewöhnlichste Sammlung der Welt zuzulegen.
Er ließ in aller Welt von Londoner Gangstern wertvolle Originalgemälde, Statuen, Ikonen und Juwelen stehlen. Er bezahlte die Verbrecher großzügig, denn er wußte, daß die Dinge, die sie ihm besorgten, unter normalen Umständen nicht zu kriegen gewesen wären.
Er bekam alles, was er haben wollte.
Daß dabei manchmal ein Mensch sein Leben verlor, störte Palmer nicht. Im Gegenteil, das stachelte seinen Nervenkitzel noch an. Er wußte genau, an welchen Gegenständen seiner Sammlung Blut klebte, und zu diesen entwickelte er eine ganz besonders innige Bindung. Jeden Zeitungsartikel, der sich mit den vom ihm veranlaßten Verbrechen befaßte, schnitt er aus und klebte ihn sorgfältig in ein dickes Album.
Stundenlang saß er oft in seinem unterirdischen Tresorraum, sah sich seine Sammlung an, las die Berichte und verspürte so etwas wie Erfüllung.
Als er hörte, daß Rat Nem-Marun in London ausgestellt werden sollte, schnappte er vor Gier beinahe über. Er wollte die Mumie um jeden Preis seiner Sammlung einverleiben. Sie sollte die Krönung seiner Sammelleidenschaft werden.
Es dauerte nicht lange, bis er die richtigen Leute für den Coup gefunden hatte. Teddy Todd und Gordie Bedford waren ihm als zuverlässige Männer empfohlen worden. Als er ihnen eine halbe Million für den Raub anbot, waren sie sich sofort einig.
Seither wartete Patrick Palmer voller Ungeduld auf Rat Nem-Marun, für den er bereits einen Platz reserviert hatte.
Palmer hatte Gäste. Exzentriker wie er. Einen Künstler, der bunt wie ein Paradiesvogel gekleidet war. Eine Journalistin, die mit ihren verschrobenen Artikeln allwöchentlich die Leser auf die Barrikaden brachte. Zwei späte Mädchen, die überall erschienen, wenn sie eingeladen wurden, und jedes Spielchen mitmachten, mochte es noch so unanständig sein. Einen Typ, der sich für einen Wunderheiler hielt, jedoch nichts weiter als ein Scharlatan war.
Das waren die illustren Gäste des Multimillionärs an diesem Abend.
Colleen Bixby, die Journalistin, pirschte sich an Palmer mit einem Glas Whisky in der Hand heran. Näselnd sagte sie: »Es ist heute abend wieder mal himmlisch bei Ihnen, mein Lieber.«
»Freut mich, daß es Ihnen bei mir gefällt.«
»Wann gestatten Sie mir eigentlich, ein Buch über Sie zu schreiben, Patrick?«
»Jederzeit.«
»Und Sie hätten keine Geheimnisse vor mir, würden alles enthüllen?«
»Ich würde mich Ihnen nackt, wie der Herr mich erschaffen hat, präsentieren«, sagte Palmer und grinste.
»Ich hoffe, Sie meinen das nur bildlich.«
»Das können Sie sich aussuchen.«
»Oh, Sie sind mir vielleicht ein Schelm«, kicherte Colleen Bixby und tippte mit dem Zeigefinger gegen Palmers Brust.
Im Nebenzimmer läutete das Telefon. »Entschuldigen Sie mich«, sagte der Multimillionär und zog sich zurück. Er knipste die Schreibtischlampe an. Das Licht, das von unten sein Gesicht erhellte, verlieh den Zügen einen dämonischen Ausdruck.
Er nahm den Hörer aus der Gabel und meldete sich. »Palmer.«
»Hier ist Teddy Todd.«
Patrick Palmer erschrak. »Verdammt, Sie sollten mich doch hier nicht anrufen, Todd!«
»Ich weiß, aber…«
»Es war abgemacht, daß ich sie…«
»Weiß ich ja, Mann. Aber ich habe ein Problem. Und wenn ich sage, ich habe eins, dann haben Sie auch eins.«
Patrick Palmer zog die Brauen, die schon von grauen Fäden durchzogen waren, zusammen. »Was soll das heißen? Was wollen sie damit sagen?«
»Wir haben uns Rat Nem-Marun geholt.«
»Es war vereinbart, daß Sie ihn vorläufig in Ihrem Keller verstecken.«
»Diese Vereinbarung gilt nicht mehr, Palmer.«
»Und wieso nicht?«
»Weil ich es sage! Sie holen sich den Knaben jetzt gleich, verstanden?«
»Sind Sie verrückt? Ich kann nicht weg. Ich habe Gäste.«
»Das kümmert mich einen Dreck, Palmer. Ich möchte die Mumie so schnell wie möglich los werden.«
»Aber wieso denn? Was ist denn auf einmal in Sie gefahren, Todd? Ich verlange, daß Sie sich an unsere Abmachung halten!«
»Hören Sie, ich habe keine Zeit für lange Debatten und auch keine Lust, mich mit Ihnen herumzustreiten. Sie wollten Rat Nem-Marun haben. Okay. Wir haben ihn. Und Sie holen ihn sich. Sofort. Nicht erst morgen oder übermorgen.«
»Was drängt Sie so? Ist es wegen des Geldes?«
»Nein.«
»Sind die Bullen Ihnen auf der Spur?«
»Auch nicht. Ich habe einfach Schiß vor der Mumie. Meinetwegen lachen Sie mich aus, das ist mir egal. Wichtig
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