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002 - Stadt der Verdammten

002 - Stadt der Verdammten

Titel: 002 - Stadt der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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abgeschlagenen Kopf. Nur noch zwei oder drei Stunden und der verwaschene Sonnenfleck würde wieder vom dunstigen Himmel verschwinden.
    Plötzlich verstummte der Göttersprecher. Er riss die Augen auf, sein Unterkiefer sank nach unten und begann zu zittern. Er starrte den Kopf auf dem Eisboden an.
    Statt Schnee hingen jetzt Wassertropfen zwischen den Barthaaren. Feine Rinnsale von Wasser flossen aus dem Bart, suchten sich ihren Weg über die bläulich-weiße Wangenhaut und krochen in die fast violetten Ohren des abgeschlagenen Kopfes.
    Fauliger Gestank erfüllte plötzlich die Höhle. Die um dem Schädel angehäuften Kotballen begannen zu rauchen. Kleine Flammen schlugen aus ihnen.
    Und plötzlich bewegte der rumpflose Tote die Lippen. »Was willst du von mir, dass du mich so nahe zu dir rufen musst, Baloor?«
    Es war keine menschliche Stimme - es war ein Krächzen und Knarren, als würde Stoff reißen oder Holz splittern. Baloor warf sich über seine gekreuzten Beine auf den Höhlenboden. Er keuchte wie ein Erstickender. Seine Nackenmuskulatur verkrampfte sich und seine Arme begannen zu schlottern. Er wollte reden, brachte aber keinen Ton heraus. Es war erst das zweite Mal in seinem Leben, dass er den Dämon so nahe zu sich beschworen hatte.
    »Sprich, Baloor, warum hast du mich gerufen?« Hundertfach hallte die Totenstimme aus der Dunkelheit der Höhle zurück.
    Baloor hob den Kopf. Er zwang sich tief durchzuatmen. Es stank nach Kot und Schwefel und nach verschmortem Haar. Der Rauch, der von dem Kopf und den brennenden Kotballen aufstieg, brannte ihm in der Nase und im Rachen.
    Er versuchte seine Panik zu unterdrücken und wagte einen Blick auf das Gesicht des abgeschlagenen. Kopfes. Dessen blaue Lippen zuckten. Bart- und Haupthaar schmolzen in den größer werdenden Flammen. Aus den Nasenlöchern stieg Rauch. Die Augäpfel kochten und die Iris warf Blasen.
    Baloor fror plötzlich, und trotzdem rann ihm der Schweiß über das fahle Gesicht. »Ehre sei dir, erhabener Orguudoo«, keuchte er. »Ich will, dass du einen falschen Gott vernichtest.«
    ***
    Der Abstieg schien nicht enden zu wollen. Matthew Drax schätzte, dass inzwischen mindestens tausendfünfhundert Höhenmeter zwischen ihnen und dem kleinen Gletschertal lagen, von dem aus sie vor drei Tagen aufgebrochen waren. Trotzdem ging es noch immer bergab.
    Matt hatte ein gutes Augenmaß - und dennoch konnte etwas an seiner. Schätzung nicht stimmen. Die Schneegrenze lag in milden Monaten bei etwa einem Kilometer und nicht bei anderthalb.
    Und es war März. Wahrscheinlich Mitte März. Selbst wenn er in den französischen Alpen gelandet sein sollte - sie müssten längst die ersten Flusstäler erreicht haben. Oder wenigstens das eine oder andere Bergdorf.
    Stattdessen schroffe Felswände, Gröllfelder, serpentinenartige Trampelpfade und immer wieder Trümmerfelder von aufeinander getürmten und ineinander verkeilten Felsblöcken, teilweise so groß wie achtstöckige Häuser. Als wenn in dieser Gegend ganze Bergrücken in die Luft gesprengt worden waren. Oder als ob es ein Erdbeben unvorstellbaren Ausmaßes gegeben hätte.
    Matt konnte auf etwa zweihundert Flugstunden zurückblicken, die er in den letzten zwei Jahren über den Alpen absolviert hatte. So eine Landschaftsformation war ihm nie aufgefallen.
    Am Abend des dritten Tages kletterten sie über ein Geröllfeld auf ein Hochplateau hinab. Matt marschierte an der Spitze des Zuges. Zusammen mit Aruula und Sorban, dem massigen Führer der Horde.
    Noch immer hielten sie Matt für einen Abgesandten Wudans, ihres höchsten Gottes. Zumindest Sorban und seine Horde hielten ihn dafür. Aruula hatte längst begriffen, dass er weiter nichts als ein Mensch war.
    Ein ziemlich verwirrter Mensch sogar, denn auf nichts, was er sah, konnte Matt sich einen Reim machen. Weder auf diese fellverhüllten Barbaren mit ihren eisenzeitlichen Waffen und Werkzeugen, noch auf ihre Sprache, noch auf die fremdartige Landschaft und den ständig verhangenen Himmel, und schon gar nicht auf die merkwürdigen Wesen, die ihm in den Wochen seit der Notlandung begegnet waren.
    Die Taratzen zum Beispiel, menschengroße, aufrecht gehende Ratten. Oder die Riesenheuschrecken. Frekkeuscher nannte die Horde diese gewaltigen Insekten. Größer als ein Kamel waren sie, und ein moosgrüner Pelz bedeckte ihren langgestreckten Körper unterhalb ihrer beiden Flügelpaare.
    Hinter den vier Speerträgern, die nach Matt, Aruula und dem Häuptling die zweite Spitze

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