0020 - Die Rache der Medusa
noch mal. Ich habe keine Lust, die ganze Nacht immer nur dasselbe zu sagen.«
Örgen Afsak wurde dienstlich.
»Ich halte Ihnen zugute, daß Sie noch immer betrunken sind, Mr. Coon. Sonst würde ich anders mit Ihnen verfahren, verstehen Sie?«
»Was wollen Sie denn noch von mir? Ich habe Ihnen alles gesagt.«
»Wiederholen Sie es. Manchmal fällt Leuten beim zweitenmal etwas ein, das sie beim erstenmal vergessen haben.«
»Mir nicht. Mir fällt nichts mehr dazu ein.«
»Wollen Sie es nicht wenigstens versuchen, Mr. Coon?«
»Nein!«
»Tun Sie es um Leila Pasas willen!«
Hier saß der Treffer genau und schmerzhaft. Der Kommissar hatte begriffen, daß Leila Pasa für den Amerikaner nicht bloß irgendein Mädchen gewesen war.
»Also gut. Einmal erzähle ich meine Geschichte noch. Dann ist es aber genug«, knurrte Jeff Coon. Er leierte herunter, was er schon mal erzählt hatte.
Kommissar Afsak unterbrach ihn vorläufig nicht.
»Mich interessiert vor allem, was Sie wahrnahmen, als Sie diesen Parkplatz erreichten, Mr. Coon«, sagte er, als der Amerikaner kurz Luft holte.
»Hier nahm ich nichts mehr wahr, Kommissar. Tut mir leid. Ich wollte, ich könnte Ihnen etwas anderes sagen. Es gab einen mordsmäßigen Sturm, der mich umwarf. Ich hatte Sand zwischen den Zähnen, kämpfte mich wieder hoch, rannte weiter. Aber ich konnte Leila nirgendwo entdecken. Sie kann sich doch nicht in Luft aufgelöst haben, Kommissar.«
Afsak schüttelte den Kopf.
»Nein, Mr. Coon. Das kann sie nicht. Aber vielleicht hat sie sich in Sand aufgelöst.«
»Machen Sie zu nachtschlafender Stunde immer so dämliche Witze?« fragte Coon ärgerlich.
Örgen Afsak zuckte die Achseln.
»War nur so eine Idee von mir, Mr. Coon. Hat weiter nichts zu bedeuten.«
***
Die Maschine aus Sofia traf pünktlich in Istanbul ein. Nicole Duval bildete das Empfangskomitee und hieß den Professor auf türkischem Boden herzlich willkommen.
»Wie war der Flug, Chef?« fragte sie, als sie in Mireilles dunkelblauem Käfer saßen.
»Kurz«, sagte Zamorra.
»Und wie fühlen Sie sich?«
»Was soll die Frage?«
»Keinen Kater?« fragte Nicole und lachte fett dazu. Zamorra hatte seinen Zustand am Telefon doch nicht verheimlichen können.
»Aber ja. In der Beziehung ist alles da. Ein Kater, seine Katze und vier niedliche Kätzchen. Sie spielen gerade Haschmich in meinem Kopf. Dagegen hilft auch Alka Seltzer nichts. Ich habs bereits versucht.«
Zamorra lehnte sich zurück und ließ Istanbul auf sich einwirken.
Die Stadt ist ein Schmelztiegel zwischen Orient und Okzident.
Man begegnet schwarz vermummten Türkinnen ebenso wie Frauen, die wie Raquel Welch gekleidet sind.
»Wie lange sind Sie nun schon in dieser Stadt, Nicole?« fragte Zamorra.
»Ich weiß es nicht, Chef.«
»Im Ernst?«
»In Istanbul bleibt die Zeit stehen. Sie werden es erleben.«
»Sind Sie gut untergebracht?«
»Hervorragend. Und Sie werden auch da wohnen.«
»Das kann ich nicht annehmen. Ich kenne die Leute doch überhaupt nicht.«
»Mehmet Akbar ist ein ungemein liebenswürdiger Mensch. Er würde es sehr übelnehmen, wenn Sie seine Gastfreundschaft ablehnen würden. Sein Haus ist groß. Er braucht Ihretwegen nicht im Keller zu wohnen, Chef.«
Das Haus war tatsächlich sehr groß. Professor Zamorra konnte sich persönlich davon überzeugen.
Er wurde von Mehmet Akbar und seiner französischen Freundin, die er zu ehelichen gedachte, so herzlich willkommen geheißen, als gehöre er zur Familie. Akbars Händedruck war fest und männlich.
Er wirkte nicht wie ein Lehrer, eher wie ein Mann, der überall da hart zupacken konnte, wo rohe Kraft vonnöten war.
Sie kamen gerade zum Mittagsmahl zurecht.
Es gab gebratenes Lamm.
Zamorra duschte schnell, zog sich um und kam dann aus seinem Zimmer herunter.
»Gefällt Ihnen Ihr Zimmer, Professor?« erkundigte sich Mireille, die Zamorra ungemein anziehend fand.
»Ich fühle mich sehr wohl darin«, sagte er.
»Wenn Sie irgendeinen Wunsch haben, lassen Sie ihn uns wissen«, bat der Lehrer.
»Sie übertreffen die von Nicole gepriesene Gastfreundschaft bei weitem«, gab Professor Zamorra zurück.
Das Lamm war köstlich, in Olivenöl gebraten, mit Melonenscheiben garniert.
Nach dem Essen rauchten Zamorra und der Türke die Wasserpfeife.
»Ein ungemein sympathischer Mann«, sagte Mireille über Zamorra zu Nicole.
»Ja, das ist er. Mehr noch«, sagte Zamorras Sekretärin. »Er ist faszinierend.«
Es fiel nicht schwer, mit dem gebildeten
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