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0020 - Im Landhaus der Schrecken

0020 - Im Landhaus der Schrecken

Titel: 0020 - Im Landhaus der Schrecken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Tenkrat
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angefahren worden, hieß es in dem Bericht.
    »Angefahren«, murmelte John und legte das Blatt beiseite. Er drehte in Gedanken das Rad der Zeit kurz zurück und versetzte sich noch einmal in die Silversternacht, in der er – das mußte er sich selbst zu seiner Schande eingestehen – keine besonders gute Figur gemacht hatte.
    Das Monster hatte ihn mit dem Schößling niedergeschlagen und hatte die Flucht anschließend fortgesetzt.
    In Richtung Straße?
    Wenn ja, dann war es vielleicht diese Bestie gewesen, die von einem Autofahrer gerammt worden war. Sollte diese Überlegung stimmen, dann gab es außer John noch einen lebenden Zeugen, der die Bestie kurz nach der Tat gesehen hatte.
    Wenn die Person sich aber nicht selbst meldete, würde man sie wohl niemals ausforschen können.
    John beschloß, das Kollier im Fernsehen und in den Zeitungen der breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Er wollte damit erreichen, daß nicht nur die Londoner Juweliere ihre Augen nach dem wertvollen Halsband offenhielten, sondern jedermann in dieser Stadt.
    Er setzte sich sofort mit den Kollegen, die Nachtdienst hatten, in Verbindung. Sie versprachen ihm, sich der Sache sogleich anzunehmen, und er konnte sicher sein, daß sie die Angelegenheit in seinem Sinne erledigten.
    Aufatmend legte er den Hörer auf die Gabel.
    Er wollte nur noch eine Entspannungszigarette rauchen und dann nach Hause fahren.
    Doch das hartherzige Schicksal hatte die Weichen bereits anders gestellt.
    ***
    Der Antiquitätenladen befand sich in der Holland Street.
    Georgina Mingoon richtete sich ächzend hinter dem Schreibtisch auf. Sie warf durch ihre dicken Brillengläser einen kurzen Blick auf die Wanduhr, die im Büro des Antiquitätengeschäftes über der Tür hing.
    21.30 Uhr.
    Georgina brannte sich eine Camel an und blies den Rauch über den Tisch, auf dem sich eine Menge Rechnungen häufte. In einer Woche wollte der Buchprüfer vorbeikommen. Bis dahin mußten die Geschäftsbücher in Ordnung gebracht werden. Das war Schwerstarbeit, denn bislang hatte Georgina die Zügel in dieser Hinsicht ziemlich gewissenlos schleifenlassen.
    Georgina Mingoon war ein ganz und gar unattraktives Mädchen. Sie hatte blondes, strähniges Haar, dicke, aufgedunsene Wangen und war für ihre Größe viel zu schwer. Außerdem roch sie ständig nach Schweiß. Um diesen Geruch zu übertönen, verwendete sie süßliche Deodorants, die das Ganze aber noch schlimmer machten.
    Der Antiquitätenladen gehörte Georgina zusammen mit ihrem Bruder.
    Jerrys Aufgabe war es, wertvolle Schätze aufzutreiben, für die Liebhaber alter Sachen bereit waren, ein Vermögen hinzublättern. Georgina war manchmal verblüfft, wie Jerry es anstellte, um an die Kunstgegenstände heranzukommen, die außer ihm keiner erwischen konnte.
    Georginas Job war es, die Verwaltungsarbeit zu erledigen.
    Da sie das in den letzten Monaten aber mehr schlecht als recht gemacht hatte, war sie mit ihrer Arbeit ins Hintertreffen geraten. Es hatte deshalb zwischen ihr und Jerry mehrere harte Auseinandersetzungen gegeben, da sich jetzt der Buchprüfer angemeldet hatte und Jerry Mingoon nicht länger die Faulheit seiner Schwester unterstützen wollte. Bisher hatte er ihr immer wieder geholfen, Ordnung in den Sauhaufen zu bringen, den Georgina hatte anwachsen lassen.
    Georgina drückte die Camel in den Aschenbecher und wollte sich wieder über ihre Arbeit beugen.
    Da hämmerte jemand mit der Faust gegen die Ladentür. Dumpf grollten die Schläge durch den Laden.
    Georginas Blick wanderte wieder zur Wanduhr. Drei nach halb zehn. Wer wollte jetzt noch was in einem Antiquitätengeschäft? War es Jerry? Der hatte doch Schlüssel. Natürlich konnte er die vergessen haben… Es pochte wieder. Fordernder. Heftiger. Georgina quälte sich ächzend vom Schreibtischstuhl hoch.
    »Ja, ja!« rief sie unwillig. »Ich komm’ ja schon!«
    Schwerfällig ging sie auf die offene Tür zu, die in den Ausstellungs- und Verkaufsraum führte. An der Milchglasscheibe der Ladentür zeichneten sich die schwarzen Silhouetten zweier Männer ab. Georgina Mingoon machte Licht und öffnete.
    Die beiden Männer waren groß und kräftig. Primitive, grobschlächtige Kerle waren es, die mit ihren riesigen Pfoten sicherlich hart zuschlagen konnten. Sie trugen eine Art Uniform aus grauem Stoff. In Herzhöhe waren drei weiße Buchstaben aufgenäht: WMA.
    Einer der beiden Männer nickte freundlich. »Guten Abend, Madam.«
    »Sie wünschen?«
    »WMA, Madam.«
    »WMA?«

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