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0020 - Venus in Gefahr

Titel: 0020 - Venus in Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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bald fest, daß er die Schwierigkeiten dieses Marsches erheblich unterschätzt hatte.
    Chanikadse, ein junger, armenischer Leutnant, war zwei Stunden lang vor ihm hermarschiert und hatte darauf geachtet, daß die Zweige, die der Dschungel schon wieder quer über den von dem Vortrupp gehauenen Pfad ausstreckte, dem General nicht allzu heftig ins Gesicht schlugen.
    Zu Beginn der dritten Stunde, als Chanikadse gerade eine Schlingpflanze aus dem Weg räumen wollte, war von links her mit unglaublicher Geschmeidigkeit ein weißer, oberschenkeldicker Riesenwurm über den Pfad geschossen, hatte sich einmal um den Leutnant herumgewunden und war mit ihm nach rechts in den Dschungel hinein verschwunden.
    Ehe Tomisenkow, der Adjutant und die beiden anderen Offiziere es sich versahen, hatte der Riesenwurm schon etwa zwanzig Meter von seiner farb- und formlosen Länge abgespult. Auf den Rest, der noch einmal zwanzig Meter lang war, hatten sie wie die Wilden aus ihren automatischen Pistolen geschossen, aber den Venuswurm kümmerten die Pistolenkugeln wenig.
    Chanikadse blieb verschwunden. Tomisenkow verbot jede Verfolgung des Wurmes. Er wollte nicht noch mehr Leute in diesem unübersichtlichen Dschungel verlieren.
    Eine halbe Stunde später hörten sie aus westlicher Richtung ein rhythmisches, dröhnendes Geräusch. Der Adjutant hielt es für ein Erdbeben. Eine Stunde später sahen sie, was es gewesen war - das heißt: Sie konnten das Bild ungefähr rekonstruieren. Ein Tier abenteuerlichen Ausmaßes hatte den schmalen Dschungelpfad überquert und dabei eines seiner Beine exakt auf dem Pfad abgesetzt. Der Eindruck war kreisrund mit einem Durchmesser von fünf Metern. Mitten in dem Fußabdruck lagen ein paar Uniformfetzen, und der Boden war mit Blut getränkt. Es war nicht einmal herauszufinden, wie viele von Tomisenkows Leuten hier den Tod gefunden hatten.
    Zwei Kilometer weiter beschrieb der Pfad eine scharfe Biegung nach Süden und führte am Ufer eines schmalen, aber langen Waldsees herum. Einem der beiden Offiziere war der Umweg zu lang. Er stieg ins Wasser, watete ein Stück weit hinaus und begann dann zu schwimmen.
    Als er drei Viertel seines Weges zurückgelegt hatte, mußte er einem seltsamen Gebilde ausweichen, das wie ein bunter, schillernder Teppich ruhig auf der Wasseroberfläche lag. Der Offizier schwamm einen weiten Bogen, aber der Teppich setzte sich plötzlich in Bewegung und kam hinter ihm drein. Der Schwimmer merkte davon zunächst nichts. Erst als Tomisenkow, sein Adjutant und der andere Offizier ihm Warnungen zuschrien, wurde er aufmerksam.
    Mit weiten, kraulenden Schlägen versuchte der Mann, das Ufer zu erreichen. Aber an der Stelle, an der er zum erstenmal wieder Boden unter den Füßen hatte, holte ihn der Teppich ein. Wasser begann zu brodeln, und schreiend ging Tomisenkows Mann unter. Mit dem Teppich vollzog sich eine sonderbare Wandlung. Plötzlich war er nicht mehr bunt und weit über das Wasser ausgebreitet, sondern grau und ein massiver Klumpen, dessen Kräfte die seines Opfers offenbar bei weitem überstiegen. Der Klumpen gewann mit erstaunlicher Schnelligkeit das offene, tiefe Wasser des Sees. Dort ging er unter. Von Tomisenkows Mann wurde nichts mehr gesehen.
     
    *
     
    Jenseits des verbrannten und zerschmolzenen Bodenstreifens, den die STARDUST wie mit dem Lineal quer durch den Dschungel gezogen hatte, war es einem Großteil von General Tomisenkows Raketen- Abwehrabteilung gelungen, am Leben zu bleiben. Ursprünglich hatten mehr als zweihundert Mann der Raumlandedivision zur Abwehrabteilung gehört.
    Davon waren einhundertachtzig übriggeblieben. Von den zehn Abschußrampen standen noch zwei. Die Vorräte an nuklearen Kampfraketen waren von einhundert auf fünf zusammengeschmolzen.
    Das Kommando über die einhundertachtzig Überlebenden hatte Major Lyssenkow übernommen. Lyssenkow war ein verhältnismäßig junger Mann, der seinen Eifer daransetzte, den Leuten zu zeigen, wie sehr er Herr der Situation war.
    Allerdings hatte auch östlich des verwüsteten Streifens der Lärm des dahinbrausenden Schiffes den Trommelfellen arg zugesetzt. Lyssenkow mußte sich mit seinen Leuten schriftlich verständigen; auf Tomisenkows vorzügliche Idee kam er nicht. Nach Ablauf einiger Stunden, als er glaubte, mit einem der tragbaren Funkgeräte wieder umgehen zu können, versuchte er, den General zu erreichen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die 180 nichts anderes getan als sich gegenseitig die Wunden verbunden, die

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