0020 - Venus in Gefahr
Radioaktivität des Schmelzflecks ermittelt und von Zeit zu Zeit die Temperatur des Brandstreifens gemessen.
Tomisenkow meldete sich nicht, und auch kein anderer antwortete auf den Anruf. Das stürzte Lyssenkow in arge Verwirrung. Er brauchte ziemlich lange, bis er darauf kam, daß Tomisenkow das Lager wahrscheinlich geräumt und drüben einen Hinweis über seinen jetzigen Aufenthalt hinterlassen habe. Lyssenkow fand den Gedanken unsympathisch, daß er nun so lange warten müsse, bis der Brandstreifen auf ein ungefährliches Maß ausgekühlt war. Es war jetzt 180 Uhr Ortszeit, in zehn oder zwölf Stunden war es dunkel.
Lyssenkow war an dem fruchtlosen Beschuß des gegnerischen Schiffes beteiligt gewesen; er konnte sich also ungefähr vorstellen, was geschehen war, wenn er auch für eine Reihe von Einzelheiten keine Erklärung wußte. Aber er rechnete damit, daß der Gegner nach einer gewissen Zeit zum zweitenmal angreifen werde, und ließ die übriggebliebenen Abschußlafetten wieder betriebsbereit machen. Dann warteten sie.
*
Major Deringhouse hatte eigentlich den Auftrag, zu beiden Seiten des verwüsteten Streifens nachzusehen, ob sich noch ein Rest gegnerischer Truppen in dem ehemaligen Lagergelände versteckt halte.
Deringhouse hatte den Verband mit zweien seiner Shifts verlassen und war dicht über dem Laubdach des Waldes nach Süden vorgestoßen.
Die westliche Lagerhälfte fand er leer und öde - bis auf die Leichen derer, die dem Tornado zum Opfer gefallen waren. Dann setzte er in etwa fünfhundert Metern Höhe über den verwüsteten Streifen hinweg. Als die Sonne unterzugehen begann, setzten die beiden Fahrzeuge neben einer der umgestürzten, verbogenen Raketenlafetten auf. Deringhouse untersuchte die Lafette, aber das einzig Bemerkenswerte, das er fand, war eine in kyrillischen Buchstaben geprägte Inschrift auf der kleinen Elektronikschalttafel - ein Beweis dafür, daß das Unternehmen eine Expedition des Ostblocks war.
Zu denken gab weiterhin, daß die Lafette - wenn sie nicht etwa vom Luftdruck hierher geschleudert worden war - mit einem Mindestmaß freien Schußfeldes mitten im Unterholz stand. Es mochte noch ein Dutzend solcher Abschußstellen geben, aber man würde sie nicht entdecken, wenn man nicht mit der Nase auf sie stieß.
Deringhouse hatte in seiner Gruppe nur einen einzigen Mutanten: Son Okura. Der schmächtige Japaner mit der großen Hornbrille besaß die eigenartige Fähigkeit, mit seinen Augen einen weitaus breiteren Teil des elektromagnetischen Spektrums aufzunehmen als ein normaler Mensch. Son Okura konnte langwelliges Ultrarot ebenso gut sehen wie das strahlende Blau des irdischen Himmels. Er war in der Lage, sogar ultraviolettes Licht bis zu einem gewissen Grade aufzunehmen und auszuwerten.
Für Deringhouse war er in diesem Augenblick deswegen besonders wichtig, weil Deringhouse trotz der hereinbrechenden Dunkelheit aus Furcht vor feindlichen Detektorgeräten nicht wagte, Ultrarotscheinwerfer einzusetzen. Da die Wärme des Tages sich jedoch brütend und schwül unter dem dichten Dach des Dschungels hielt, waren Okuras Augen noch voll leistungsfähig. Für ihn war auch in der Nacht der Wald so hell wie eine sonnenbeschienene Landschaft.
Eine weitere Hilfe waren Deringhouse die kleinen Mikrowellen-Ortungsgeräte, die jeder Shift mit sich führte. Einer seiner Leute war damit beschäftigt, die Umgebung des Landeplatzes abzusuchen. Schwach glühten winzige, grüne Punkte auf dem Leuchtschirm, wenn das Ortungsbündel die Metallmassen anderer Raketenlafetten erfaßte.
Ein zweiter Mann markierte die Ortungsergebnisse auf einer provisorischen Landkarte. Während Deringhouse noch auf das endgültige Ergebnis wartete, meldete der Mann mit dem Dosimeter ungewöhnlich hohe Radioaktivität. Deringhouse nahm sich zwei Leute und ein kleines Zählrohr und machte sich auf die Suche nach der Strahlenquelle. Einer der beiden Leute war Son Okura.
Sie näherten sich dem Streifen verbrannter Erde. Okura blieb plötzlich stehen und hob die Hand. Deringhouse hielt an. Von links her kam krachendes, trampelndes Geräusch. Deringhouse sah einen flachen, langen Schatten, der sich etwa zwanzig Meter weiter vorn durch das Dickicht schob.
Er verschwand in nördlicher Richtung im Dschungel und schien die atemlos wartende Drei-Mann-Gruppe entweder nicht zu bemerken oder für uninteressant zu halten. Sie marschierten weiter, überwanden größere Hindernisse, indem sie sich der
Weitere Kostenlose Bücher