0020 - Venus in Gefahr
auf die Uhr. Wo blieb der Kerl? Lyssenkow stand auf und trat aus seiner Laubhütte hinaus. Er ging in die Richtung, aus der der Mann kommen mußte, er wand sich zwischen dicht herabhängenden Schlingpflanzen hindurch und horchte.
Schritte.
Lyssenkow blieb stehen. Vor ihm geriet das Unterholz in Bewegung, ein Schatten wuchs daraus hervor.
„Wo bleiben Sie so lange?" fragte Lyssenkow fauchend. Der Mann blieb stehen und gab keine Antwort.
„Kommen Sie her!" befahl Lyssenkow.
Der Mann kam ein paar Schritte auf ihn zu.
„Wo waren Sie so lange?" wiederholte Lyssenkow. „Geben Sie Antwort!"
In dem Augenblick, in dem er endlich Verdacht schöpfte, weil ihm der Mann, der vor ihm stand, wesentlich kleiner vorkam als der, den er weggeschickt hatte, war es schon zu spät. Mit einem katzengleichen Sprung hing Son Okura dem Major an der Kehle. Er gab Lyssenkow keine Chance. Ein kräftiger Schlag mit dem Kolben des Impulsstrahlers beendete den Kampf, als er kaum angefangen hatte.
Okura stieß ein helles Pfeifen aus. Eine halbe Minute später standen Deringhouse und der Korporal neben ihm. Der Japaner deutete auf Lyssenkows reglosen Körper.
„Scheint hier der Chef zu sein", flüsterte er. Deringhouse nickte. „Fesseln und knebeln!" befahl er kurz.
Der Korporal bediente sich einiger Schlingpflanzen und seines Taschentuches, um sich dieser Aufgabe zu entledigen.
„Weiter!" befahl Deringhouse. „Den Mann lassen wir hier liegen."
Son Okura marschierte voran. Auf dem Weg, den Lyssenkow sich durch das Dickicht gebrochen hatte, fanden sie die kleine Laubhütte. Im Umkreis von etwa fünfzig Metern machte Okura unter den Bäumen des Waldes noch sechs weitere, größere Hütten aus. Deringhouse schätzte die Zahl der Leute, die in diesem Befehlslager lebten, auf knapp zweihundert.
Er rief den Rest seiner Leute herbei und erklärte ihnen genau, wo das Ziel lag. Die radioaktive Strahlenquelle war ein vorzüglicher Bezugspunkt. Acht Minuten später landeten die Shifts. Hinter Lyssenkows Laubhütte gab es in südwestlicher Richtung einen kleinen Fleck Wald, der von Unterholz frei war. Geräuschlos ließen sie sich darauf nieder.
Deringhouse gab kurze Instruktionen. Als er damit fertig war, tauchte von Osten her ein Schatten vor der Laubhütte auf. Verwundert richtete sich Deringhouse vollends auf. „Kto tam?" fragte der Schatten.
Das Geräusch der fremden Sprache ließ Deringhouse blitzschnell reagieren. Bevor der fremde Posten noch wußte, ob der Verdacht, der ihn hierhergelockt hatte, berechtigt war oder nicht, hatte Deringhouse schon geschossen. Der Thermoschock des Impulsstrahlers wirkte so schnell, daß der Mann nicht einmal mehr zum Schreien kam.
Der Rest war einfach. Vor jeder der Hütten stand ein weiterer Posten. Sie wurden allesamt schnell und mit einem Minimum an Geräusch überwältigt. Noch weniger Schwierigkeiten machten die verschlafenen Soldaten im Innern der Hütten. Die gesamte Aktion dauerte eine Viertelstunde. Dann hatte Deringhouse weitere einhundertsiebenundsiebzig Gefangene gemacht und von einem von ihnen inzwischen erfahren, daß es diesseits des verwüsteten Streifens keine weiteren Ostblockleute mehr gab. Er schickte zwei seiner Soldaten hinaus, um den Mann herbeizuholen, den sie als ersten gefangengenommen und von dem sie die Lage dieser provisorischen Stellung erfahren hatten.
Während ein Sturm über den Dschungel hinwegbrauste, setzte Deringhouse das Verhör fort. Aber erst nach Ablauf einer Stunde, als der Sturm sich schon wieder zu legen begann, erfuhr er, welchen Fang er da gemacht hatte: Die Ostblock-Expedition besaß jetzt, da der von der STARDUST erzeugte Wirbelsturm den größten Teil des Kernwaffenvorrates vernichtet hatte und die letzten fünf Kernraketen von Deringhouses Leuten erbeutet worden waren, keine nuklearen Waffen mehr, die mehr als eine Kilotonne TNT Sprengkraft besaßen. Solche Waffen hatten die Raumschiffe, von denen Tomisenkow - dessen Name hatte Deringhouse inzwischen erfahren - wahrscheinlich einige gerettet hatte, als Abwehrraketen an Bord.
Die größte Gefahr war also gebannt.
Einen entsprechenden Bericht gab Deringhouse über Hyperfunkspruch unverzüglich an Rhodan durch.
3.
Der Dämmerungssturm brachte General Tomisenkow, seinen Adjutanten und die Kolonne, der sie sich inzwischen angeschlossen hatten, in harte Bedrängnis.
Nach dem furchtbaren Abenteuer am See hatte Tomisenkow eine Viertelstunde später auch seinen dritten Begleiter verloren, als
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