0021 - Der Atomkrieg findet nicht statt
hätte, die anwesenden Regierungsmitglieder undVertreter in seinem Sinne zu beeinflussen, traf er keinerlei Vorbereitungen dazu. Er benahm sich als gleicher unter gleichen. Er trug sich in die Rednerliste ein und erhielt als erster das Wort. Es war niemand da, der glaubte, er habe etwas Wichtigeres zu sagen als Rhodan, auf dessen Bitte hin die Konferenz zustande gekommen war. Wer erwartet hatte, Rhodan werde zunächst über seine Erlebnisse während der vergangenen viereinhalb Jahre berichten - es gab ein paar Leute, die glaubten, daß Rhodan die Konferenz sozusagen als Publicity-Plattform benutzen wolle - der sah sich getäuscht. Rhodan sprach über die Dinge, die sich inzwischen auf der Erde ereignet hatten.
Er verlas den Bericht seiner Agenten über die „Revolution" im Ostblock. Verschiedene Dinge wurden zum erstenmal publik, von denen die neuen Machthaber jahrelang geglaubt hatten, sie hätten sie gut genug verborgen. Rhodan war sich der Wirkung seiner Eröffnungen bewußt. Auf seinen Wunsch und ohne Widerspruch der Delegierten wurde die Konferenz von den starken Fernsehsendern der Dritten Macht abgestrahlt und von jeder irdischen TV-Station - außer denen der Ostblockstaaten - übernommen.
Rhodan wiederholte die Empfehlungen, die die verschiedenen panirdischen Konferenzen der Jahre 1972 bis 1975 den Regierungen der Blöcke gegeben hatten, und wies nach, daß der Ostblock unter seiner neuen Regierung nicht nur nichts unternommen habe, um diesen Empfehlungen zu folgen, sondern ihnen eindeutig und ohne es zu leugnen zuwidergehandelt habe und immer noch zuwiderhandele.
Der zweite und gewichtigste Vorwurf war jedoch der, daß die Ostblockregierung ohne Zögern einen Krieg vom Zaun habe brechen wollen, der den Untergang der Menschheit bedeutet hätte, hätte die Dritte Macht nicht rechtzeitig eingegriffen. Rhodans Ausführungen zu diesem Thema dauerten knapp eine Stunde. Mit präzisen, kurzen Formulierungen behandelte er den gewaltigen Komplex dennoch erschöpfend.
Zum Schluß erklärte er: „Wir, meine Damen und Herren, sind ohne Zweifel berechtigt, unsere Stimme auch im Namen jener mehr als vierhundert Millionen Menschen zu erheben, die schon einmal angefangen hatten zu hoffen, die Erde werde in wenigen Jahren eine Welt der Einheit sein, und die dann von einer Revolution, die diesen Namen nicht verdient, so grausam enttäuscht wurden. Ich stelle den Antrag: Diese Konferenz möge beschließen, die Ziele und Methoden des Obersten Rates seien als verbrecherisch und den Menschenrechten zuwiderlaufend zu bezeichnen und zu verurteilen."
Der Antrag wurde im ersten Anlauf einstimmig angenommen. Rhodan trat von der Tribüne ab und überließ anderen Leuten das Reden. Mit Zufriedenheit nahm er wahr, daß die folgenden Redner sich unbewußt darum bemühten, ihm das Terrain für seinen zweiten Antrag nach Möglichkeit zu ebnen. Er griff nicht mehr in den Lauf der Diskussion ein, bis er am frühen Abend des 16. Juni 1980 seinen Augenblick für gekommen hielt - dann nämlich, als die Konferenz vor Zorn über die inzwischen immer wieder von anderen Seiten beleuchteten unmenschlichen Methoden des Ostblock-Regimes überzukochen drohte.
Rhodan stand auf und stellte den Antrag, einen Weltgerichtshof zu konstituieren, der sich mit der Wahrung der Menschenrechte überall auf der Erde zu befassen hatte, und die derzeitigen Machthaber des Ostblocks vor diesem Gerichtshof anzuklagen, sie vor den Richter zu bringen und zu verurteilen. Als der Antrag angenommen wurde, hielt fast ein jeder in der gewaltigen Konferenzhalle von Galacto- City diese Abstimmung für einen rein symbolischen Akt. Fast keiner befaßte sich mit dem Gedanken oder glaubte daran, daß es Rhodan gelingen könne, den Beschluß Wort für Wort zu verwirklichen.
Daraufhin vertagte sich die Konferenz bis zum Morgen des 17. Juni 1980. An diesem Tage wurden zunächst die Richter des neuen Welt-Gerichtshofes gewählt. Man trug Rhodan das Gerichtspräsidium an, aber Rhodan lehnte den Vorschlag ab. Ein Australier namens Frederick Donnifer, Justizminister der Regierung in Canberra, wurde zum Obersten Richter bestimmt. Über die Beisitzer war man sich ziemlich schnell im klaren, zumal Donnifer präzise und für jeden annehmbare Vorschläge machte.
Ein indischer Redner beklagte sich darüber, daß man nun zwar ein Gericht und einen Angeklagten habe, aber kein Gesetz, nach dem die Richter vorgehen und die Beschuldigten verurteilt werden könnten. Der Einwand war plausibel.
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