Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0023 - Bei Vollmond kommt das Monster

0023 - Bei Vollmond kommt das Monster

Titel: 0023 - Bei Vollmond kommt das Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Friedrichs
Vom Netzwerk:
auf italienisch. »Ich kriege dich, wie ich Mauro gekriegt habe. Diesmal bin ich stärker und kann mir einen Fremden zunutze machen. Mein Söhnchen ist tot, Silla, aber ich habe dich. Du musst ohnehin büßen, was schert es mich da noch, wie du nachher aussiehst…«
    Silla drehte das Radio ab. Er zuckte zurück, als eine Stichflamme aus der Sendereinstellung fuhr und seine Finger ansengte. Fast hätte er das Lenkrad losgelassen.
    Da kam die Stimme wieder. Diesmal nicht aus den Lautsprechern, sondern aus dem Fond des Mirafiori.
    »Silla, bist du bereit?«, krächzte sie, die Alte.
    Die Alte? Teufel, sie ist es, hämmerte es in seinem Hirn, ich habe sie bei mir im Wagen – der Geist von Rosa hat sich hier versteckt, nachdem er das Monster verlassen hatte.
    »Ja, es stimmt«, kicherte das Gespenst. »Du siehst, ich kann Gedanken lesen, Silla. Zier dich nicht länger und lass mich in dich hineinkriechen. Du kannst dich ja doch nicht dauerhaft gegen mich wehren.« Wieder lachte sie, diesmal laut und voller Hohn.
    »Geh weg!«, rief der Arzt. »Geh weg, oder ich setze den Wagen gegen den nächsten Baum!«
    »Das würde dir nichts nützen. Außerdem hängst du zu sehr an deinem Leben, Silla. Lieber leben und ein Scheusal sein, als tot und in der Hölle schmoren!«, krähte sie.
    »Nein!« Er hörte das Krachen und Prasseln und blickte entsetzt zur Seite. Die rechte vordere Seitenscheibe war in die Brüche gegangen. Scherben brachen aus, fielen ins Freie oder regneten auf das Sitzpolster des Beifahrerplatzes. Der Wind trat heulend durch das Loch in der Scheibe.
    Silla schluckte. Die Angst machte bodenloser Panik Platz. Er hielt diese Zerreißprobe nicht mehr aus, seine Nerven schienen zerplatzen zu wollen. In plötzlichem Entschluss riss er das Lenkrad herum, um den angekündigten Unfall zu verursachen.
    Der Wagen blieb in der Spur.
    »Zu spät, zu spät, Silla«, flüsterte die Stimme neben seinem rechten Ohr. »Ich nehme dir jetzt das Lenken ab. Von nun an brauchst du dich um überhaupt nichts mehr zu kümmern, denn das Denken führe ich für dich durch.«
    Der blonde Arzt schlug um sich, um die Stimme zu verscheuchen.
    Es gelang ihm nicht. Das Kichern dauerte an. Plötzlich hielt er inne und stierte auf den Nebensitz. Das Polster hatte mit einemmal eine Ausbuchtung. So, als ob jemand darauf saß – ja, die Vertiefung veränderte sogar ihre Form und machte damit deutlich, dass sich die unsichtbare Gestalt bewegte…
    »Nein!«, brüllte, Silla. »Ich will hier raus!«
    Gern hätte er jetzt den Schlag des dahinrasenden Wagens aufgerissen und sich trotz der Tatsache, dass die Tachonadel über der Hundert-Kilometer-Marke stand, ins Freie geworfen. Die Aussicht, auf die Straße zu schlagen und einen jämmerlichen Tod zu finden, erschien ihm geradezu erlösend. Er fürchtete die Rache der Wunderheilerin von Vigliani in einem Maße, wie er es nie zugeben hätte.
    Klar hatte er noch die Fratze des Monsters vor Augen.
    Ich Narr, wirbelte es in seinem Hirn, hätte ich doch bloß auf Zamorra gehört!
    Mit einem puffenden Geräusch ging das Sitzpolster des Beifahrersitzes entzwei. Es klaffte auf und gab eine Staubwolke frei, die nach Schwefel und Fäulnis stank. »Zamorra«, kreischte die entsetzliche Stimme, »Zamorra wird auch noch dran glauben müssen. Ich werde ihn vernichten, sobald ich ihn in meine Falle gelockt habe!«
    Silla probierte verzweifelt, die Hand an den Türgriff zu bekommen. Er schaffte es nicht. Unvermittelt machte sein Widerstand lähmender Teilnahmslosigkeit Platz. Er spürte, wie der Eishauch auf ihn zukroch und ihn lähmte. Ein süßes, aber gleichzeitig verderbliches Gefühl des Rausches bemächtigte sich seines Körpers und seiner Sinne und ließ ihn in einen feuerroten imaginären Abgrund tauchen. Sein Wille war nicht stark genug, gegen den Geist anzukämpfen.
    Silla schrie.
    Er kam zu sich. Bewegungslos starrte er auf die Straße hinaus. Er nahm nicht in vollem Bewusstsein wahr, dass der Wagen mit unverminderter Geschwindigkeit dahinrollte, dass er die Hände nicht am Lenkrad hatte, dass alles ohne sein Zutun geschah.
    Hände? Die Finger waren geschwollen und hatten sich mit weißem Flaum überzogen. Die Nägel waren zu richtigen Krallen ausgewachsen, Krallen, die in schaufelartigen Pranken steckten.
    Sämtliche Gliedmassen hatten sich verdickt – Sillas Anzug platzte an einigen Stellen in den Nähten auf, weil er zu klein für den Umfang dieser Gestalt geworden war.
    Dann nahm die Verwandlung auch im

Weitere Kostenlose Bücher