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0023 - Bei Vollmond kommt das Monster

0023 - Bei Vollmond kommt das Monster

Titel: 0023 - Bei Vollmond kommt das Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Friedrichs
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ohne Blumen stehen. »Hier ist es«, raunte er.
    Zamorra und seine Sekretärin traten neben ihn.
    »Rosa Terinca; geboren 1904, entschlafen 1974; Ruhe in Frieden«, entzifferte der Professor auf dem schräg stehenden Grabstein. »Einfacher ging es wirklich nicht.«
    »Sie wurde auf Kosten der Gemeinde beerdigt«, erklärte der Chefarzt.
    Zamorra löste das Amulett von seinem Hals; diesmal natürlich, ohne die Kette zu zerstören. Dann kniete er sich vor das Grab und hielt den Talisman wie ein Pendel. Leise schwang er hin und her.
    Zamorra murmelte die Beschwörungsformel.
    Er war noch nicht am Ende angelangt, als das Knacken ertönte.
    Nicole presste sich unwillkürlich eine Faust gegen den Mund.
    Sanchini machte einen Schritt zurück.
    Das Knacken wurde heftiger – Zamorra blieb knien und sprach langsam weiter. Dann wurde in dem matten Licht, das von den kleinen Lampen ausging, die Ursache der Laute deutlich. Risse hatten sich in dem Grabstein der Terinca gebildet. Je weiter sie durch den in den Boden gerammten Marmorblock verliefen, desto lauter wurde das Geräusch.
    Plötzlich sprang der Stein auseinander. Er fiel in sich zusammen.
    Mehrere Dutzend faustgroßer Marmorstücke formten nun einen erbärmlichen Haufen neben dem Grab.
    Zamorra stand auf. Seine Züge waren hart, seine grauen Augen fixierten den Arzt. »Aldo, wir müssen das Grab aufmachen«, sagte er leise. »Ich habe eine dumpfe Ahnung gehabt. Sie scheint sich jetzt zu bestätigen.«
    »Du meinst, der Geist ist hier?«
    »Nein. Eben nicht. Aber ich muss völlige Gewissheit haben.«
    Sanchini hustete. »Für die Exhumierung brauchen wir die behördliche Genehmigung. Woher sollen wir die um diese Stunde kriegen?«
    »Wir können sie später beantragen. Aldo, wenn wir nicht handeln, sterben möglicherweise sechs Menschen. Ich bereue, Silla so ohne weiteres fahren gelassen zu haben. Aber ich hoffe trotzdem, noch rechtzeitig eingreifen zu können.«
    »Jetzt sprichst du in Rätseln, Zamorra.«
    »Ich habe neben dem Eingang ein paar Werkzeuge gesehen«, versetzte Nicole. »Also los, worauf warten wir noch? Ich helfe mit.«
    Kurz darauf arbeiteten sie mit zwei Spaten und einer Schaufel an dem Grab. Dank ihrer vereinten Bemühungen hatten sie nach einer halben Stunde bereits eine Öffnung von beachtlicher Tiefe geschaffen. Zamorra war es, der mit dem Spaten gegen etwas Hartes stieß und als Erster wieder verharrte.
    »Der Sarg scheint noch nicht verfault zu sein«, überlegte er laut.
    »Wir müssen aber vorsichtig sein. Unser Gewicht belastet den Deckel, und innerhalb der nächsten Sekunden könnte er unter uns nachgeben. Ich halte es für das Beste, wenn zwei von uns nach oben steigen und von dort aus weitermachen.«
    Nicole und Dottore Aldo Sanchini befolgten seinen Rat und zogen sich an den Rand des Loches zurück, um von oben aus weiter auszuschachten und zu beobachten, wie Zamorra immer wieder mit dem Spatenblatt gegen den Sargdeckel stieß, um dessen Festigkeit zu prüfen.
    Zuletzt hob er die Hand. Sie hielten inne. Zamorra legte das Werkzeug aus der Hand, nahm wieder das Amulett und sprach die Beschwörungsformel. Bevor er sich an die zeitraubende Arbeit machte, den Sargdeckel zu öffnen, wollte er sehen, ob er nicht auch so zu dem Beweis für seine Vermutung kam.
    Sanchini stieß einen Laut der Überraschung aus, als es in dem Sarg zu rumpeln begann. Eine Sekunde später wich Zamorra zurück und ließ sich von ihnen aus der Grube helfen. Unter seinen Füßen hatte der Sargdeckel zu glühen begonnen.
    Sie verfolgten fassungslos, wie der Deckel knisternd verglomm und wie aus dem feuerrot leuchtenden Holz ein grauer Aschestreifen wurde, der am Ende in sich zusammenfiel.
    Sanchini wollte mutig in den Sarg hinabsteigen, aber der Professor hielt ihn zurück. »Du riskierst den Tod, Aldo«, sagte er. Er ließ sich die Taschenlampe geben, die Nicole aus dem Alfa mitgebracht hatte.
    Als er sie einschaltete, begriff Sanchini. Der Lichtkegel tanzte in der von ihnen ausgehobenen Grube und zeigte, dass der Sarg keinen Boden hatte. Und unter dem Grab führte ein gähnender Abgrund in die Tiefe, dessen Boden von dem Schein der Lampe nicht erfasst wurde, weil er zu tief lag – wie tief, das mochte keiner von ihnen vermuten. Von den Resten einer Leiche war nirgends etwas zu entdecken.
    »Meine Güte«, stöhnte Sanchini, »hättest du noch etwas länger auf dem Deckel gestanden, wärest du abgestürzt, Zamorra. Ich wage gar nicht auszudenken, was…«
    Nicole

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