0023 - Bei Vollmond kommt das Monster
Kellerschlüssel aufbewahrst…«
»Er wird sich hüten, Quinto«, fiel Patrizia Viani ihm amüsiert ins Wort. Ihre Stimme klang silberhell. Sie konnte es sich erlauben, Rinaldi jetzt unter den Arm zu greifen und sich kokett gegen ihn zu lehnen, denn innerhalb des Gemeinderates war es ein offenes Geheimnis, dass er ein Verhältnis mit der unverheirateten Journalistin hatte. Rinaldi lebte von seiner Frau getrennt.
Patrizia Viani war nicht das, was man als umwerfend hübsche Frau bezeichnen konnte. Aber sie trug ihr langes schwarzes Haar sorgfältig frisiert, schminkte sich mit vorzüglichem Geschmack und wählte die richtigen Kleider, die ihre etwas zu üppige Figur nicht zu sehr zur Geltung kommen ließen.
»Sag mal, sehe ich eigentlich so schlecht aus wie ein Weinräuber?«, beschwerte sich Quinto Rinaldi.
»Nein, aber so versoffen«, prustete Sirio Giannoni, der Pensionsbesitzer mit dem roten Vollbart los. Er hatte bereits einiges über den Durst getrunken.
Der Einzige, der jetzt nicht lauthals in das Gelächter einstimmte, sondern nur vergnügt schmunzelte, war der Apotheker Gaetano Borgo. Der schmächtige Mann – er trug einen Hut, von dem man sagte, er begleite seinen Besitzer sogar ins Bad – hatte dem kräftigen Chianti nicht so zugesprochen, wie die anderen, weil er sie von Vigliani aus hier heraufkutschiert hatte und sie auch heil wieder ins Dorf zurückbefördern wollte. Sein blauer Lancia Beta stand vor der Tür der Jagdhütte.
De Angelis wollte sich über den Witz ausschütten. Erst als sie das Telefon klingeln hörten, brach er ab und wandte sich verblüfft um.
Er nahm den Hörer ab und meldete sich.
»Signor Vito de Angelis?«, kam es von der anderen Seite der Leitung. »Hier spricht Professor Zamorra.«
»Zamorra? Ich kenne Sie nicht.«
»Ich bin ein Freund von Dottore Sanchini und ein guter Bekannter von Dottore Angelo Silla. Vielleicht hat Silla Ihnen erzählt, dass er von der Ausschusssitzung aus nach Monte Ciano fahren wollte, um an einer Diskussion teilzunehmen, bei der es sich um Parapsychologie drehte.«
Der Bürgermeister hatte sich die Hand gegen das freie Ohr gepresst.
Jetzt winkte er seinen Freunden zu, weil er immer noch nicht einwandfrei verstand, was Zamorra ihm sagte. »Ruhe – seid doch mal einen Moment still!«, rief er. Dann wandte er sich wieder Zamorra zu. »Parapsychologie haben Sie gesagt? Sind Sie der Mann, der diese Spukgeschichten verbreitet?«
»Nennen Sie es, wie Sie wollen«, gab der Professor kühl zurück.
»Jedenfalls muss ich Sie warnen.«
» Was wollen Sie?«
»Der Geist der alten Wunderheilerin Rosa Terinca geht um. Sie hat ihrerzeit geschworen, die Ratsmitglieder umzubringen, weil sie meinte, sie hätten sie durch eine Viper ins Jenseits befördert. Vor wenigen Stunden verwandelte das Gespenst den geisteskranken Mauro, den Sohn der Alten, in ein Monster. Ob Sie es glauben oder nicht: Das Monster wollte Silla töten. Ich habe es bezwungen, aber der Geist der Alten ist immer noch frei und sucht seine Opfer.«
De Angelis holte tief Luft. »Habe ich richtig verstanden – haben Sie von einem Monster gesprochen?« Er schaute zu den Freunden hinüber. Sie waren verstummt und blickten ihn verständnislos an.
»Verlassen Sie nicht die Jagdhütte«, fuhr Zamorra eindringlich fort, »warten Sie auf mich. Ich komme zu Ihnen und setze Ihnen alles weitere persönlich auseinander. Ich möchte Sie vor dem Gespenst schützen.«
De Angelis zog die Augenbrauen zusammen. »Ich habe eher den Eindruck, Sie haben getrunken, Mann! Sie haben sich den Falschen für Ihren blödsinnigen Scherz ausgesucht.«
»Ist Silla bei Ihnen?«
»Nein.«
»Dann kann er nur zu Hause sein. Rufen Sie ihn an, er wird Ihnen die Geschichte mit dem Monster bestätigen. In der Zwischenzeit suche ich seine Wohnung auf. Seien Sie so nett und nennen Sie mir die Adresse.«
»Warum wohl?«, gab der Bürgermeister aufgebracht zurück. »Wer sagt mir, dass Sie wirklich dieser Zamorra sind? Sie könnten genauso gut ein Betrüger sein, der mich mit irgendeinem Trick an der Nase herumführen will und…«
»In dem Fall könnte ich mit Sillas Adresse verflixt wenig anfangen«, tönte Zamorras Stimme. »Hören Sie, Signor de Angelis, Sie brauchen nur bei den Carabinieri von Vigliani nachzufragen, um Aufschluss über meine Person zu bekommen. Ich habe mich dort vor einigen Minuten gemeinsam mit meiner Sekretärin Nicole Duval vorgestellt. Außerdem hat uns Ihre Gattin empfangen und uns mitgeteilt,
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