0024 -Im Dschungel der Urwelt
Licht. Er hörte einen leisen Ruf des Erschreckens, kam vollends unter der Wand hervor und richtete sich auf blitzschnell hob er den Zeigefinger zum Mund und machte kurz darauf eine winkende Bewegung zum Zelteingang hin.
Dann erst nahm er die Gelegenheit wahr, die Frau mit einer knappen, stummen Verneigung zu begrüßen. Seine Verbeugung galt Thora, der Arkonidin. Thora, deren Heimat von der Erde und dem irdischen Sonnensystem so weit entfernt war, wie Tomisenkow, obwohl er eine sorgfältige Schulung genossen hatte, es sich nicht vorstellen konnte.
Thora, die mit ihrem Forschungskreuzer vor zehn Jahren auf dem Mond gestrandet war, mit Rhodan zusammenzuarbeiten begonnen und ihm geholfen hatte, das künstliche und dennoch so unerwartet stabile Gebäude der Dritten Macht zu errichten. Thora, die bis gestern seine Gefangene gewesen war.
„Ganz gleichgültig, was Sie von mir halten", sagte Tomisenkow hastig in seinem schlechten Englisch: „Machen Sie auf keinen Fall Lärm! Ich will Ihnen nichts zuleide tun."
Thora gab keine Antwort. Ihre Lippen verzogen sich ein wenig und brachten ein Lächeln zuwege, das so spöttisch und so verächtlich war, daß Tomisenkow Mühe hatte, seinen Zorn zu unterdrücken.
„Ich habe nicht lange Zeit", fuhr er fort, „die Wachen werden alle fünfzig Minuten inspiziert. In spätestens einer Viertelstunde muß ich also wieder verschwinden."
Thoras spöttischer Blick irritierte ihn. Er gab sich Mühe, sein Angebot präzise zu formulieren.
„Ich möchte mit Ihnen zusammenarbeiten!" begann er.
Thora hielt diesen Vorschlag einer Antwort nicht für würdig.
„Wie Sie wissen", fuhr Tomisenkow fort, „würde es uns allen nicht besonders schwerfallen, Raskujans Wachen zu überwältigen. Die Schwierigkeiten beginnen erst, wenn wir das Lager verlassen haben. Wir besitzen keine Waffen außer denen, die wir den Wachen abnehmen. Raskujan aber hat Hubschrauber und alle möglichen anderen Dinge. Er hätte uns eine Stunde nach dem Ausbruch wieder eingefangen. Wir müssen also wissen, wohin wir uns nach dem Ausbruch zu wenden haben. Es würde Ihre Aufgabe sein, uns die Richtungen weisen."
Thora starrte ihn mit unverminderter Verachtung an.
„Und Sie meinen", antwortete sie nach einer Weile, „ich würde auf diesen plumpen Trick hereinfallen?"
Tomisenkow ereiferte sich nicht. Er hatte mit diesem Einwand gerechnet.
„Es ist kein Trick. Denken Sie selbst darüber nach. Was für ein Interesse sollte ich daran haben. Ihnen gegenüber unehrlich zu sein? Es dreht sich ganz einfach um die Tatsache, daß wir beide im gleichen Boot sitzen. Es hilft nichts, wenn wir in diesem Lager die Hände in den Schoß legen und darauf warten, daß von irgendwoher ein Wunder geschieht."
Thora schien darüber nachzudenken.
„Und wer garantiert mir", fragte sie nach einer Weile, „daß ich durch Ihre Aktion nicht - ich benutze gern Bilder der irdischen Sprache - vom Regen in die Traufe komme?"
Tomisenkow zuckte mit den Schultern.
„Wenn Sie den Unterschied zwischen meinen und Raskujans Bemühungen noch nicht bemerkt haben", antwortete er niedergeschlagen, „dann besitzen Sie keine Menschenkenntnis."
Thora lachte spöttisch.
„Das einzige, was ich an den Menschen kenne, ist ihre Sucht, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen!"
Tomisenkow stand auf. „Ja, natürlich", knurrte er zornig. Ihre Leute haben das niemals getan. Ihre Art ist schon unschuldig aus der Vorläuferkultur hervorgegangen!"
Er gab Thora keine Gelegenheit mehr zu einer Antwort.
„Ich habe Ihnen Zusammenarbeit angeboten", erklärte er. „Im Augenblick scheint mir der Vorteil, den Sie dabei haben, größer zu sein als der meinige. Ich halte das Angebot aufrecht. Denken Sie darüber nach. In der nächsten Zeit werde ich noch einmal bei Ihnen hereinsehen, um Ihre Antwort zu hören. Auf Wiedersehen!" Er bückte sich und kroch unter der Zeltwand hindurch. Eine Viertelstunde später erreichte er, ohne unterwegs auch nur ein einziges Mal in Gefahr gewesen zu sein, sein eigenes Zelt. Den überwältigten Posten fand er bei Bewußtsein. Der Mann starrte ihn mit großen zornigen Augen an. Tomisenkow hockte sich vor ihn.
„Hör zu, mein Junge", sagte er: „Du siehst, daß ich deine Waffe hier habe liegenlassen. Ich habe nur einen kleinen Spaziergang gemacht, den du mir wahrscheinlich nicht erlaubt hättest, wenn ich dich darum gebeten hätte. Ich mußte dich also für eine Zeit aus dem Weg räumen. Wenn ich dir dabei weh getan habe, tut es
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