0024 -Im Dschungel der Urwelt
nachgezogen hatte, ließ er sich einfach fallen, blieb auf dem. Rücken liegen und sog in wilden, kräftigen Zügen die feuchte, modrige Luft der Robbenhöhle in die Lungen.
Draußen belferten noch immer die Maschinenkanonen der Helikopter. Aber die Höhlenöffnung war zu klein und viel zu weit mit Wasser gefüllt, als, daß die Hubschrauber den Flüchtlingen hätten noch irgend etwas anhaben können.
3.
„Haben Sie sich entschieden?" fragte Tomisenkow.
Thora war erschrocken, als sie ihn unter der Wand hindurch ins Zelt hatte hereinkriechen sehen. Sie wahrte ihre Würde trotzdem.
„Ich habe mich entschieden", antwortete sie hoheitsvoll, „mit Ihnen zusammenzuarbeiten, wenn Sie mir glaubhaft machen können, daß wenigstens eine kleine Aussicht auf Erfolg besteht."
Tomisenkow setzte sich unaufgefordert und starrte sie aus zusammengekniffenen Augen an.
„Ich kann Ihnen garantieren", sagte er, „daß Sie und ich und noch ein paar von meinen Leuten das Lager ungehindert verlassen und ein paar hundert Meter weit in den Dschungel vordringen können. Was allerdings danach geschieht, das hängt davon ab, ob Sie oder Ihre sagenhafte Venus-Festung uns vor Raskujans Hubschraubern und Pionieren schützen können."
Thoras rötliche Augen leuchteten mißtrauisch auf.
„Wenn Sie geglaubt haben sollten, auf diese einfache Weise ins Innere des Stützpunktes zu kommen, dann haben Sie sich ...”
Tomisenkow winkte ärgerlich ab. „Die Zeit ist vorbei!" versicherte er. „Mir liegt nichts an Ihrem Stützpunkt. Ich kann ohne ihn leben."
„Woran liegt Ihnen dann?" fragte Thora nicht ohne Spott. Tomisenkow sah sie an. „Mir liegt daran", erwiderte er ernsthaft, „einen Narren daran zu hindern, daß er auf der Venus allen möglichen Unsinn anstellt. Sie kennen uns Menschen nicht, wie?"
„Ich habe mir nie die Mühe gemacht, sie kennenzulernen", antwortete Thora steif.
Tomisenkow war nicht verletzt.
„Sie sollten es bei Gelegenheit nachholen", sagte er nachdenklich. „Wir sind eine interessante Rasse. Ein Jahr lang ohne Hilfsmittel auf der Venus hat zum Beispiel für mich und die meisten meiner Leute ausgereicht, uns in diese häßliche, scheußliche Welt zu verlieben. Wir sind die ersten, die ohne Fertigbau-Häuser, weiche Betten und ähnliche Dinge ein ganzes Jahr lang auf der Venus gelebt haben: im Dschungel, in Gebirgstälern und nachts immer auf den Bäumen. Die Venus gehört uns - und wir sind keine Russen mehr, sondern Venusianer ... oder wie Sie das nennen wollen. Deswegen kümmert mich Ihr Stützpunkt nicht im geringsten - und deswegen möchte ich verhindern, daß dieser Raskujan hier weiter den Diktator spielt. Verstehen Sie das?"
Thora gab keine Antwort.
„Gut", sagte sie schließlich, „wir werden also zusammen das Lager verlassen. Ich kann Ihnen keine Versprechungen machen. Aber unter Umständen könnte unsere Flucht etwa so aussehen ..."
*
Rhodan gönnte sich nur ein paar Minuten, um zu verschnaufen. Dann richtete er sich auf.
„Marshall! Sagen Sie den Robben, daß sie die Höhle so schnell wie möglich verlassen müssen."
Die Helikopter waren abgezogen. Stille herrschte in der Höhle, nur unterbrochen vom Plätschern der Wellen und dem Scharren der Robbenflossen auf dem nassen Fels im Hintergrund. Marshall übermittelte die Warnung.
„Sie verstehen nicht, warum", antwortete er Rhodan.
„Weil die Helikopter nichts Eiligeres zu tun haben werden, als uns ein paar Baby-Bomben vor die Nase zu setzen!"
Marshall übermittelte auch das, wobei er sich allerdings schwer tat, den Robben den richtigen Begriff von einer Baby-Bombe zu geben.
„Einverstanden", sagte er schließlich.
„Hat diese Höhle einen Landausgang?" wollte Rhodan wissen. Marshall fragte.
„Ja, eine Art Schlupfloch. Einen Stollen also, der schräg nach oben führt und mitten im Dschungel endet."
„Großartig. Wir werden ihn benutzen. Ich denke, Raskujans Leute haben weiter draußen irgendwo eine Maschine zurückgelassen, die die Umgebung beobachtet. Wenn wir ungesehen verschwinden könnten, wäre uns eine Menge geholfen."
Er schätzte den Wirkungsradius der erwarteten Bombe ab und ließ Marshall den Robben erklären, wie weit sie sich mindestens von ihrer Höhle entfernen müßten, wenn sie keinen Schaden nehmen wollten. Es stellte sich dabei heraus, daß für die Robben der Umzug keine Schwierigkeiten bedeutete. Sie waren von Natur aus ein unstetes Volk, und an der Küste entlang gab es mehr als tausend
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