0025 - Wir störten das große Geschäft
verfügt.« Er zuckte die Achseln. »Ich bin Kummer gewohnt.«
Der Ässervatenkasten stand auf dem Schreibtisch. Rodders öffnete mit seinem Schlüssel, klappte den Deckel zurück und lud mich mit einer Handbewegung ein, mir den Inhalt anzusehen.
»Das ist der Erpressungsbrief«, sagte er und zeigte auf den Umschlag.
Ich studierte den Poststempel.
»Postamt der Main Station vom 19. Das bringt uns auch nicht weiter.«
Ich zog die Karte hervor und las den Text.
24. — 2 — Gleiche Stelle! Zehntausend!
»Tja, es gibt wohl keinen Zweifel daran, daß Lloyd in die 48. Straße kam, um zu zahlen. Hatte er Geld bei sich?«
»Nicht der Rede wert. An die siebzig Dollar in Scheinen und Münzen.«
»Glauben Sie, daß er gezahlt hat?«
»Wahrscheinlich nicht, sonst hätten sie ihn doch nicht getötet.«
»Wenn er nicht zahlen konnte, warum ging er dann überhaupt zum Treffpunkt?«
Rodders machte eine zweifelnde Geste mit den Händen.
»Vielleicht wollte er um Aufschub bitten, der…«
»… der ihm nicht gewährt wurde. Harte Gläubiger, die Adlain Lloyd hatte.«
Ich legte den Umschlag zurück und klappte den Deckel herunter.
»Ich glaube, wir werden den Fall übernehmen, Rodders«, sagte ich. »Schicken Sie alles ans FBI-Hauptquartier zu meiner Verfügung. Denken Sie bitte auch an die Übermittlung des ärztlichen Untersuchungsbefundes, sobald er vorliegt.«
»Was soll ich den Presseleuten sagen, wenn sie mich weiter bestürmen?«
Ich überlegte einen Augenblick lang. »Nein«, entschied ich dann. »Sagen Sie Ihnen bitte nicht, daß dasr FBI den Fall übernommen hat. Ich halte es nicht für richtig, wenn diesem Mord in der Öffentlichkeit eine größere Bedeutung zugemessen wird.«
Vom Telefon im Wachraum aus rief ich Phil an.
»Ich bin seit fast zwei Stunden auf den Beinen«, sagte ich, als er sich schlaftrunken meldete. »Ich finde, du hast lange genug geschlafen. Komm ins Hauptquartier. Ein Mann ist erschossen worden, und wir müssen herausbekommen, warum und von wem.«
***
»Adlain Lloyd, dreiundfünfzig Jahre alt«, erklärte ich Phil, der mir an unserem gemeinsamen Schreibtisch ifn Hauptquartier gegenübersaß. »Geschäftsmann aus der City. Millionär mit einigem Pech im letzten Jahr, wenn das stimmt, was ich so im Vorübergehen von ihm gehört habe. Keiner von den ganz Großen, aber immerhin mit einer beachtlichen Brieftasche. Erschossen in der 48. Straße, in einer Gegend, in der City-Leute gemeinhin nichts zu suchen haben. Das 29. Revier fand bei ihm einen Brief, aus dem ziemlich eindeutig hervorgeht, daß er zehntausend Dollar zu zahlen hatte. Unsere Fachleute beschäftigen sich bereits mit dem Fund, aber ich würde mich sehr wundern, wenn er brauchbare Fingerabdrücke liefert. Jeder Abdruck, den sie uns auf den Tisch legen, stammt entweder von Lloyd selbst oder von dem Postbeamten, der die Briefe der Main Station sortiert.«
Ich holte tief Luft.
»Erste Aufgabe für uns…«
»… herauszubekommen, was für ein Mann Adlain Lloyd war, unter welchen Umständen er lebte, mit wem er verkehrte und so weiter«, nahm Phil mir das Wort aus dem Mund.
»Richtig«, bestätigte ich. »Teilen wir uns die Arbeit. Du gehst zur Nox Steel Company und läßt dir dort etwas von ihm erzählen. Ich suche seine Privatwohnung auf. Die Adresse habe ich aus dem Telefonbuch. Übrigens, der Erpressungsbrief ist lediglich an ein Postfach adressiert, ohne Namen.«
Phil erhob sich und blickte auf die Armbanduhr.
»Gehen wir also zur Nox Steel und sehen nach, ob die Direktoren um acht Uhr hinter ihren Schreibtischen sitzen. Treffpunkt?«
»Der kleine Drugstore in der 4. Avenue. Zwölf Uhr!«
»Okay«, sagte er und schob sich aus der Tür.
Laut Telefonbuch wohnte Lloyd in der 12. Straße, Nummer 1671. Es war ein mittelgroßes Einfamilienhaus, 'ein neuerer Bau, der im Stil eines Landhauses errichtet worden war und in eine Großstadtstraßfe paßte wie eine Kuh in den New Yorker Verkehr; aber in bezug auf die Häuser ist man bei uns Kummer gewöhnt. Jeder baut, wie er es für schön hält, und dem Passanten gehen die Augen über.
Ich läutete. Es dauerte eine Weile, bis sich etwas regte. Dann öffnete sich die Haustür. Ein Mann in einem unauffälligen grauen Anzug mit glattem mittelblondem Haar und einem mageren Gesicht erschien, kam durch den Vorgarten zum Zauntor und fragte höflich: »Sie wünschen, Sir?«
»Mr. Adlain Lloyd, falls er zu Hause ist.« Es konnte ja immer noch sein, daß der Tote aus der 48. Straße
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