Maskenschmuck (German Edition)
Maskenschmuck
„Nein!!“, schrie Rebecca entsetzt auf, versuchte das Gleichgewicht zu halten und gleichzeitig das Glasschränkchen in ihren Händen zu balancieren. Sie hatte sich gerade aufrichten wollen, um es auf ihrem Ausstellungstisch zu platzieren, als sie von hinten einen kräftigen Stoß erhielt. Krampfhaft umklammerte sie das Schränkchen. Zwei kräftige Arme umfingen sie und verhinderten so ihren Fall.
„Du lieber Himmel, können Sie nicht aufpassen!“, drehte sie sich empört um und blickte in zwei lachende blaue Augen.
„Es tut mir wirklich schrecklich leid, aber es ist doch nichts passiert!“, sagte deren Besitzer und warf einen bezeichnenden Blick auf ihre Stilettos, „Obwohl es mich nicht wundert! In diesen Schuhen könnte ich nicht einen Schritt weit gehen, ohne umzuknicken.“
„Das ist ja wohl unerhört“, regte sich Rebecca auf, „erst rempeln Sie mich an, und dann machen Sie noch unqualifizierte Bemerkungen über meine Schuhe! Die gehen Sie gar nichts an. Ich will hier eigentlich nur in Ruhe meinen Stand aufbauen, vielleicht lassen Sie mich jetzt endlich los. Ich kann mich sehr wohl allein auf den Beinen halten.“
Er hielt sie immer noch an den Armen fest.
„Oh, Entschuldigung. Dann will ich Sie nicht länger aufhalten.“ Eine knappe ironisch wirkende Verbeugung, und weg war er.
Rebecca setzte endlich das Glasschränkchen ab und blickte ihm hinterher.
Er war einen Kopf größer als sie, also sehr groß, und hatte blond gewelltes Haar. Er sah gut aus, hatte aber ein arrogantes Gehabe, befand sie unwillig nach einem Blick auf ihre neuen High Heels. Sie drehte sich energisch um und fing ernsthaft an, ihren Stand aufzubauen. Etwas erhöht auf einem kleinen Podest platzierte sie ihre neue Kollektion – gedrehte lange Ohrhänger aus Weißgold mit großen Tropfen aus Smaragden, dazu passend ein Collier und ein extravaganter großer Ring. Dieser Schmuck hatte natürlich seinen Preis und zielte auf eine bestimmte Käuferschicht, die in einer Kleinstadt nicht so zahlreich anzutreffen war.
Rebecca war Schmuckdesignerin und hatte die Chance erhalten, ihre Kreationen im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg im Rahmen einer Kunsth andwerkerausstellung zu zeigen. Sie hoffte natürlich auf ein paar Aufträge, denn so berauschend lief ihr Geschäft noch nicht.
Sie hatte sich erst vor Kurzem selbstständig gemacht. Eine großzügige Finanzspritze ihrer Eltern hatte es ihr ermöglicht, ein kleines Ladenlokal in Flensburg zusammen mit einer Freundin zu eröffnen.
In der einen Hälfte befand sich ein kleines, aber gemütliches Café, in dem ihre Freundin Lara Kaffee und selbst gebackene Torten servierte, in der anderen Hälfte stellte Rebecca ihre Schmuckstücke aus. Dahinter schloss sich eine kleine Werkstatt an, in der Rebecca arbeiten und gleichzeitig durch ein Fenster ihre Schmuckvitrinen beobachten konnte. Das Beobachten reichte völlig aus, dachte sie manchmal. Man konnte ihre Auslagen nicht gerade als umlagert beschreiben, während das von Café Lara zunehmend an Beliebtheit gewann. Sie hatte sogar schon zwei Aushilfskräfte anstellen müssen, weil sie allein den Besucherstrom nicht mehr bewältigen konnte.
„Pass mal auf!“, tröstete Lara Rebecca, „Je mehr Leute in mein Café kommen, umso mehr werden auch auf deinen Schmuck aufmerksam. Du wirst sehen, das spricht sich bald herum.“
Das war schon richtig, in letzter Zeit hatte sie einige Schmuckstücke verkaufen können, es reichte so gerade aus, sie über Wasser zu halten.
Inzwischen hatte sich der Ausstellungsraum gefüllt, manchmal drängten sich ganze Gruppen durch die engen Gänge. Etliche blieben auch vor Rebeccas Vitrinen stehen, und sie musste häufig zu dem einen oder anderen Stück Auskunft geben. Viele bewundernde Blicke blieben dabei auch an der Ausstellerin selbst hängen, die mit ihrem langen schwarzen Haar, das sie heute aufgesteckt trug und dem roten engen Etuikleid, das ihre schlanken Formen vorteilhaft betonte, ein hübsches Bild abgab. Vor Aufregung hatten sich ihre Wangen leicht gerötet, und sie gestikulierte lebhaft mit den Händen während sie Erklärungen abgab zu Material und Arbeitstechniken.
Zeitweise war ihr Stand so umdrängt, dass sie keine Gelegenheit fand, auch nur eine Tasse Kaffee zu trinken von einem Mittagessen ganz zu schweigen. Dicht neben ihr standen zwei Kunsthandweberinnen, die sich einen Stand teilten.
„Holen Sie sich doch jedenfalls etwas zu trinken im Raum nebenan“,
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