0026 - Die Braut des Henkers
den Mann, ja, hatte seine ganze Familie gekannt. Es durfte nicht wahr sein. Narrten ihn seine Augen? Wurde er verrückt?
Und doch, er hatte sich nicht geirrt. Es war der Sohn des alten Thromby – Douglas, der täglich hinaus auf die See fuhr, um sich den Lebensunterhalt zu sichern.
Und Douglas Thromby wollte am nächsten Tag heiraten! Ophelia Killaern, die Tochter des Kaufmannes, war ihm versprochen. Die Hochzeit war schon seit langem festgesetzt.
Die Hochzeitsgäste waren eingeladen. Ein großes Fest sollte stattfinden.
Doch niemand ahnte, wer sich hinter der Maske des Bräutigams verbarg.
Bud McPeters straffte sich. Niemand? Er wollte es sagen, er wollte seinen Mitbürgern die Augen öffnen, wollte ihnen die grausige Wahrheit ins Gesicht schleudern.
Er brauchte noch nicht einmal lange zu warten. Am nächsten Tag wäre es so weit. Dann nämlich sollte in der kleinen Kapelle des Dorfes die Hochzeit stattfinden. Die Hochzeit zwischen Ophelia Killaern und Douglas Thromby, dem Hexenhenker von Coryhead.
***
Der nächste Tag zeigte sich von seiner besten Seite. Die Sonne schien vom Himmel und übergoss alles mit ihrem goldenen Schein.
Vergessen waren die Ereignisse des vorigen Tages. Fleißige Hände hatten noch in der Nacht die Spuren der Hexenverbrennung beseitigt, und nichts erinnerte mehr daran. Auch die Beteiligten wussten nicht mehr, was geschehen war. Nur ein dumpfer Druck auf ihren Seelen deutete das Schreckliche an. Aber alle waren bemüht, diesen Druck zu verdrängen. Sie wollten nichts wissen und wollten weiter unbehelligt leben.
Vor der kleinen Kapelle des Dorfes hatte sich eine bunte Schar versammelt. Der Pfarrer von Rintayne, einem anderen Fischerdorf in der Nähe, wollte seinem Amtsbruder bei der Hochzeitsfeier assistieren. Das ganze Dorf war auf den Beinen, denn alle waren eingeladen zu dem großen Festmahl, das nach der Messe unter freiem Himmel abgehalten werden sollte.
Scherzworte flogen hin und her. Nur einem aufmerksamen Beobachter und Zuhörer wäre die Verkrampftheit aufgefallen, mit der sich die Anwesenden bemühten, den Eindruck einer ausgelassenen Gesellschaft zu vermitteln. Keiner schien sich so recht zu freuen.
Ein Raunen ging durch die Menge, die auch aus Bewohnern anderer Dörfer bestand. Eine Hochzeit war immer ein Ereignis, und das Leben in diesem Landstrich Englands war so wenig abwechslungsreich, dass man jede Gelegenheit wahrnahm, dem Alltag für eine kurze Zeit zu entfliehen.
Vom Marktplatz her näherte sich eine Kutsche, die von vier Pferden gezogen wurde. Es war der Wagen der Braut. Die Kutsche war offen, und weit wehte ein weißer Schleier im Wind.
Vor der Kirche kam die Kutsche zum Stehen. Christopher Killaern, der Vater der Braut, stieg als Erster aus und half seiner Tochter. Galant reichte er ihr die Hand, die sie dankbar ergriff. Leichtfüßig sprang das Mädchen aus der Kutsche.
Ihre blauen Augen blitzten. Sie war eine Schönheit, und nicht wenige von den jungen Männern des Dorfes beneideten den Bräutigam Douglas Thromby um seine Eroberung.
Douglas hatte vor der Kirche gewartet, wie es der Brauch war.
Jetzt trat er einige Schritte vor.
Ophelia Killaern blickte sich suchend um, entdeckte ihren Liebsten und flog ihm geradezu entgegen. Ihr Gesicht erstrahlte in einem glücklichen Lächeln.
»Oh mein Liebling, bald sind wir vereint. Dann kann uns nichts mehr trennen, nur der Tod.«
Douglas Thromby war auffallend blass. Als er die Worte seiner Braut hörte, schüttelte er schwermütig den Kopf.
»Sprich jetzt nicht vom Tod, Ophelia. Jetzt ist nicht der Moment dafür. Wir wollen uns lieber freuen und glücklich sein, ja?«
Ophelia nickte. »Ich habe es auch nur so dahergesagt. Ja, wir wollen uns freuen und glücklich sein.«
Mittlerweile war auch der Vater der Braut herangekommen. Er schüttelte Douglas kräftig die Hand.
»So, mein Junge. Pass gut auf meine Tochter auf.« Er drohte scherzhaft mit dem Finger. »Und wenn du sie nicht glücklich machst, dann nehme ich sie dir wieder fort, verstanden?«
Der junge Douglas Thromby wehrte lachend ab. Er strich sich die dunklen Locken aus der Stirn. Sein jungenhaftes Gesicht nahm einen ernsten Ausdruck an. »Ich werde sie glücklich machen, Schwiegervater. Darauf kannst du dich verlassen.«
»Nein! Niemanden wirst du glücklich machen!«
Wie ein Peitschenhieb waren die Worte erklungen. Verdutzt drehte sich der alte Killaern um.
»Wer wagt es, hier die Feier zu stören? Er soll vortreten!«
Eine abgerissene und
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