0027 - Das Leuchtturm-Monster
Augenpaar, dachte Fergusson. Eine Gänsehaut lief ihm den Rücken hinunter.
Die Lichter näherten sich dem Schiff. Kein noch so starker Sturm konnte ihre Richtung beeinflussen. Unbeirrt steuerten sie ihrem Ziel zu.
Und das war das Schiff.
Vor dem Bug schwebten sie hin und her. Starr war der Blick des Kapitäns auf die beiden roten Bälle gerichtet, die jetzt etwas von ihrer Größe einbüßten und tatsächlich aussahen wie zwei Augen.
Augen?
Fergusson erschauerte. Ja, es waren zwei Augen. Und plötzlich sah der Kapitän auch die Umrisse der Gestalt. Grauweiß hob sie sich von der Dunkelheit ab, wogte hin und her, schien im Rhythmus der Wellen zu schwingen und darauf zu lauern, das Schiff in die Tiefen zu reißen.
Fergusson bekam es mit der Angst zu tun.
Er stellte das Steuer fest und griff zum Funkgerät. Verzweifelt hämmerte er sein MAYDAY MAYDAY in die Tasten. Es gelang ihm noch, Bruchstücke einer Erklärung abzugeben, dann schlug das Ungeheuer zu.
Eine Pranke wischte von oben nach unten, krachte auf den Trawler und erschütterte ihn bis in den letzten Niet.
Im Laderaum purzelten die Matrosen wie welke Blätter im Herbstwind durcheinander. Schweißnähte rissen. Plötzlich strömte Wasser mit Urgewalt in den Maschinenraum, riß eine Tür aus der Verankerung und schäumte auch in den Laderaum hinein.
Die Schreie der Matrosen erstickten in der gurgelnden, schmatzenden Wasserflut. Auf der Brücke lag der Kapitän am Boden. Er sah das Ungeheuer direkt über sich, bekam mit, wie es ausholte, und dann wurde die Brücke von einer Titanenfaust zur Seite gerissen.
Die Trümmer trudelten in das kochende Meer. Und mit ihnen Kapitän Fergusson. Der nächste Schlag zerteilte das Schiff in zwei Teile. Auch die übrigen Mitglieder der Besatzung hatten keine Chance, dem nassen Tod zu entfliehen. Wie der Captain starben sie den Seemannstod.
Das Leuchtturm-Monster war, so rasch wie es gekommen war, wieder verschwunden.
Bald ließ auch der Sturm nach. Nur noch einige auf dem Meer schwimmende Planken und zahlreiche tote Fische zeugten von der Katastrophe, die vor der Küste Norfolks einer Schiffsbesatzung den Tod gebracht hatte.
***
Sie hieß Diane Keaton, war vierundzwanzig Jahr alt, hatte eine knabenhafte Figur, schwarze lange Haare und Außen, die an Vollreife, dunkle Kirschen erinnerten.
Ich saß ihr gegenüber.
Die Fenster des Raumes waren verhängt. Nur wenig Licht drang durch den Vorhang. Das Zimmer lag im Dämmerlicht.
Diane Keaton war das schwächste Glied in der Kette der Hexenjünger. Unsere Experten hatten das in langen Verhören herausgefunden und das Mädchen mir überlassen.
Ein kleiner Tisch trennte uns. Orangensaft stand bereit ein Päckchen mit Zigaretten lag neben den Gläsern.
Diane Keaton hatte ihr Kinn in beide Hände gestützt und den Blick gesenkt. Nervös huschte ihre Zunge über die Lippen.
Ich lächelte das Mädchen an. »Miß Keaton«, sagte ich »Angst brauchen Sie nicht zu haben. Und auf meine Fragen brauchen Sie nicht zu antworten.«
»Fragen Sie«, sagte sie leise.
Ich goß den kühlen Orangensaft in ein Glas und schob es ihr hin. Sie trank langsam. »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich unser Gespräch aufnehme?«
»Nein.«
Ich stellte den Recorder auf Aufnahme. »Wie kamen Sie in den Hexenzirkel, Miß Keaton?«
»Durch die Annonce.«
»Haben Sie sich schon früher zu okkulten Dingen hingezogen gefühlt?«
»Ja. So etwas interessierte mich seit langem. Ich bin in Wales geboren und mit achtzehn Jahren nach London gekommen. In Wales glaubten wir noch an Geister und übersinnliche Erscheinungen. London war so kalt, so fremd. Ich fühlte mich unwohl.« Sie stockte und sprach dann noch leiser weiter. »Ich suchte Kontakt, wollte Menschen kennen lernen, die ebenso einsam waren wie ich. Nun, ich fand sie. Aber sie waren kaputt, ausgelaugt. Die Drogen hatten sie zerstört. Ich kam mir zwischen ihnen vor wie ein Fremdkörper. Aber all das geschah, als ich bereits zwei Jahre in London lebte. Ich trennte mich wieder von diesen Leuten, zog in eine andere Wohnung und beschäftigte mich mit den Studien des Okkulten und Übersinnlichen.«
»In dem Protokoll steht, daß Sie als Sekretärin in einem Warenhaus gearbeitet haben. Stimmt das?«
»Ja.«
»Wußten Ihre Kolleginnen, mit welchen Dingen Sie sich privat befaßten?«
»Nein.«
»Dann hatten Sie zu ihnen auch keinen Kontakt?«
»Keinen privaten.«
Auf Umwegen steuerte ich meinem eigentlichen Ziel entgegen. »Und wie sah es mit
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