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0028 - Der kosmische Lockvogel

0028 - Der kosmische Lockvogel

Titel: 0028 - Der kosmische Lockvogel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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breiten Gesicht und die langen, ebenfalls brandroten Haare. Es war ein wahrhaftiger Riese, der sich vor dem schmächtig wirkenden jungen Mann des Planeten Erde aufgebaut hatte.
    Andere Gestalten von der gleichen Größenordnung tauchten auf. Ihr Brüllen war verstummt. Drohend sahen sie zu Julian Tifflor hinüber, dessen stilles Lächeln wahrscheinlich wirkungsvoller war als eine sinnlose Gegenwehr.
    Tiff war über sich selbst hinausgewachsen. Ausgesprochen liebenswürdig, keine Spur von Erregung zeigend, sagte er in Interkosrno: „Hallo, darf ich Sie in Vertretung des erkrankten Kommandanten an Bord des Terra-Raumschiffes K-9 begrüßen? Ihr Eintritt war etwas stürmisch. Der Sekt kommt aber gleich. Oder möchten Sie echten Champagner? Oh, Verzeihung, wahrscheinlich ahnen Sie nicht, welches alte Kulturvolk sich mit der Erzeugung dieses Göttertrunkes beschäftigt hat. Wollen Sie nicht Platz nehmen?"
    Einer der Rotbärtigen erhob die Hand. Es war mehr eine Tatze. Da stieß der wahrscheinliche Befehlshaber einen knurrenden Laut aus. Nochmals sah er zwischen Tiff und dem Brandfleck auf dem Funkgerät hin und her. Von der Kapsel war noch nicht einmal Asche übriggeblieben.
    Anschließend wäre Tiff ums Haar doch noch in Ohnmacht gefallen. Der Rotbärtige verschränkte die Hände vor dem Leib, beugte den Oberkörper weit zurück, um in dieser Stellung ein derart brüllendes Gelächter hören zu lassen, daß Tifflors Gehörorgane beinahe den Dienst versagt hätten.
    Tiff dachte unwillkürlich an jene alte Feuersirene zurück, die er als Junge auf einem Schuttplatz gefunden und zusammen mit einem Freund wieder funktionsfähig gemacht hatte.
    Er glaubte nun verstehen zu können, warum sein Vater beim ersten Probelauf einen höchst unerfreulichen Tobsuchtsanfall bekommen hatte. Nun war er, Tiff, in einer ganz ähnlichen Situation.
    Wenn er noch innerlich nervös gewesen war, so beruhigte ihn dieses Gelächter vollends. Die anderen, so fürchterlich gefährlich aussehenden Kerls, fielen nämlich in das Geheule ihres Chefs ein. Dies schien ein Volk mit der Begabung des haltlosen Gelächters zu sein.
    Vielleicht war es aber auch ein Zeichen des Zorns? Tiff verfärbte sich etwas. Die Reaktionen Fremder Intelligenzen waren unvorhersehbar. Wenigstens wurde das auf der SpA gelehrt.
    Es dauerte Minuten, bis sich der Bärtige mit der gefurchten Gesichtshaut beruhigt hatte. Tiff beging seinen zweiten Fehler, indem er höflich sagte: „Immerhin bin ich doch sehr froh, in Ihnen nicht glotzäugige Ungeheuer mit Saugnäpfen an den Fußsohlen sehen zu müssen."
    Das nachfolgende Gebrüll erschütterte die K-9. Julian Tifflor nahm sich fest vor, die offenbar leicht ansprechbaren Leute nicht mehr zum Gelächter zu reizen.
    „Den nehmen wir mit", ächzte der Rotbärtige nach einer Weile. „Köstlich, ganz große Klasse. Freund, wieso sprechen Sie die Handelssprache der großen Insel?"
    „Meinen Sie damit die Milchstraße?" erkundigte sich Tiff zögernd. Zutiefst besorgt schielte er zu seinen immer noch besinnungslosen Kameraden hinüber.
    „Die wachen gleich wieder auf", erklärte der Fremde jovial. „Wir sind friedfertige Händler, keine Piraten. Mein Name ist Orlgans, Kapitän und unabhängiger Eigner des Handelsschiffes ORLA XI. Wir lieben und achten die intelligenten Rassen der großen Insel. Nie mischen wir uns in interne Streitigkeiten ein, es sei denn, jemand wagt es, unser Handelsmonopol anzutasten. Ich, Orlgans, entschuldige mich für die etwas rauhe Behandlung. Niemand ist zu Schaden gekommen. Jedoch sei gesagt, daß Ihr terranischer Befehlshaber versuchte, mein Schiff anzugreifen. Ich entkam im letzten Augenblick."
    Tiff wunderte sich nicht mehr, er fürchtete sich auch nicht mehr. Obwohl erst zwanzigjährig, wurde er zum Mann mit einem glasklaren Verstand. Es war nicht verwunderlich, denn schließlich gehörte er zu den tausendfach gesiebten Schülern einer Hochschule, die mit den Lehrmethoden einer uralten Zivilisation ausgerüstet auf den Lebensweg geschickt wurden.
    Tiff tat also nichts - nur wurde er zutiefst mißtrauisch, was wiederum seine sonstigen Minderwertigkeitskomplexe total verdrängte. Tiff ahnte, daß es bei diesem großen Spiel um die Erde ging; um seine Heimat, um seine Menschheit, um sein größtes Ideal. Nichts, aber auch nichts konnte einen vollen Einsatz mehr rechtfertigen als die Sorge um die vielen Menschen auf Terra. Niemals zuvor hatte Kadett Tifflor so eindringlich gespürt, daß jeder Erdgeborene

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