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0028 - Wir - in den Katakomben von Paris

0028 - Wir - in den Katakomben von Paris

Titel: 0028 - Wir - in den Katakomben von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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Bursche, der sie uns verkaufte, hat sie nicht vorher Scotland Yard geklaut.«
    Die kleine Spannung löste sich in Gelächter. Bower fühlte sich in seiner Nationalehre angegriffen und knurrte mißlaunig:
    »Wenn dieses Boot Scotland Yard gestohlen worden wäre, so wären Sie niemals damit über die Drei-Meilen-Zone hinausgekommen, abgesehen davon, daß es natürlich unmöglich ist, Scotland Yard irgend etwas zu stehlen.«
    Leading, der Altertumsforscher, der inzwischen zu diesem Kreis getreten war, erklärte: »Sie haben eine zu hohe Meinung von Ihren Behörden, Bower. Ich schaffte einmal eine fünf Zentner schwere Statue einer Mondgöttin aus Ägypten heraus zu einer Zeit, als es noch unter englischer Verwaltung stand, und keiner von Ihren schlauen Cops hat herausbekommen, wohin das Ding verschwunden ist, obwohl sie sehr scharf darauf waren, weil sie alles Wertvolle für ihre eigenen Museen haben wollen. By Jove, ich habe nur noch mit neuseeländischen Stammeshäuptlingen soviel Ärger gehabt wie mit englischen Behörden.«
    Bower antwortete irgend etwas sehr Grobes, und es schien sich ein kräftiger Streit zu entwickeln. Ich fragte schnell John F. Starp, sprach aber so laut, daß meine Frage gewissermaßen an alle gerichtet war: »Wem gehört eigentlich das seltsame Motorboot hinter unserer ›Gundula‹? Es sieht aus, als wäre es das mit Abstand schnellste Boot auf dem Fluß.«
    Ich blickte mich erstaunt um. Die Gespräche waren so plötzlich abgebrochen, als sei ein Seeungeheuer in unserer Mitte erschienen. Bower und Leading brachen ihren Streit ab, und alle Gesichter wandten sich uns zu. Ein betretenes Schweigen breitete sich aus. John Starp lehnte an der Reling und betrachtete die Nägel seiner linken Hand. Schließlich hob er den Kopf und lächelte mich mit einem seltsamen Lächeln an.
    »Eine etwas unglückliche Frage, Mr. Cotton. Die ›Y‹, das ist das große Tabu des Port de Plaisir, das Gespenst unter den Jachten hier. Man redet nicht gern davon.«
    Er reckte sich und rief seinen Sekretär, der in der Nähe aufgetaucht war, an: »He, François, wie steht's mit dem kalten Buffet?«
    »Es ist gerichtet, Sir. Sie können es eröffnen.«
    ***
    Wir aßen im Stehen eine Menge Sachen, plauderten mit immer anderen Leuten, unter anderem mit einer älteren, juwelenbeladenen Dame, von der wir später hörten, daß sie eine veritable Herzogin war, deren Ahnen schon als Kreuzritter berühmt gewesen sein sollen. Alle Welt sprach Englisch mit uns, mal besser, mal schlechter. Unter anderem gerieten wir an Michail Zakolkow, den Mann mit dem Ostbüro, oder richtiger gesagt, er geriet an uns. Er hatte seinen Teller voll Hummerscheren gehäuft und drei Eßlöffel Kaviar daraufgesetzt, den er jetzt in sich hineinschaufelte.
    »Starps Gesellschaften sind die einzige Gelegenheit für einen armen Mann wie mich, sich endlich einmal satt zu essen«, brummte er mit einem Baß wie ein Bär. »Die Amerikaner sind alle herrlich großzügig.« Das war ganz offensichtlich als Kompliment für uns gedacht.
    »Das gleiche sagt man den Russen auch nach, wenigstes früher!«
    Er verdrehte seine großen, vorquellenden blauen Augen, während er den Inhalt einer Hummerschere auf einen Hieb hinter seinem Bart verschwinden ließ.
    »Ha!« röhrte er. »Wenn ich an die Feste in Zarskoje Zelo denke. Wahrhaftig, die Tische bogen sich unter ihren Lasten. Eine Kompanie Kosaken genügte kaum zum Servieren, und zum Schluß waren wir alle herrlich betrunken.« Er rollte die ›Rrrrs‹ wie ein Donnergrollen.
    Der Levantiner Akam Ghergieff trat zu unserer Gruppe. So dick er war, so schien er doch wenig Spaß am Essen zu haben. Er stocherte lustlos auf seinem Teller mit ein wenig Gebäck herum.
    »Ich glaube, Sie können mehr verdrücken als ein ausgehungerter Urwaldneger, Zakolkow«, sagte er gallig. »Und das will etwas heißen, denn ich sah zwei Dutzend von diesen Negern innerhalb eines Tages einen ganzen Elefanten auffressen. Ihre Bäuche standen danach wie Trommeln ab. Na ja, ihrer steht ja auch ab, wenn sich Ihr Schneider auch redlich bemüht, das zu vertuschen.«
    Er wandte sich uns zu, musterte uns aus kleinen, bösen Schlangenaugen. »Sie haben Starp schön in Verlegenheit gebracht mit Ihrer Frage nach der ›Y‹«, sagte er und kicherte meckernd.
    »Ja, tut mir leid«, sagte ich, »aber ich bin doch verdammt neugierig zu erfahren, wieso eine harmlose Frage nach einem schnittigen Boot eine ganze Gesellschaft in Verlegenheit bringen

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