003 - Der Puppenmacher
er die Zusammenhänge nicht ganz, aber er war nun mehr denn je überzeugt, daß Phillip Hayward die Schlüsselfigur war. Phillip – der Hermaphrodit. Etwas Ähnliches hatte Dorian von Anfang an vermutet. Aber erst nachdem ihn Phillip zu den Särgen der drei Vampiropfer geführt hatte, besaß er Gewißheit. Phillip war ein Zwittergeschöpf mit hellseherischen Fähigkeiten. Die Dämonen mußten ihn wie die Pest hassen, denn er konnte ihre Existenz gefährden. Der Hermaphrodit war ein Wesen, das zwischen den Menschen und den Mächten der Finsternis stand, deshalb konnten ihn die Dämonen auch nicht mit ihren magischen Fähigkeiten bekämpfen. Um ihn zu vernichten, mußten sie sich anderer Mittel bedienen.
Jetzt wußte Dorian auch, welche Rolle die Puppen spielten. Die Druden, Alpe und Trolle konnten Phillip nur in Schach halten, ihn quälen und verwirren. Töten konnten sie ihn nicht. Diese Aufgabe würden wahrscheinlich die Puppen übernehmen, wenn die Zeit gekommen war. Dorian war jedoch entschlossen, den Dämonen einen Strich durch die Rechnung machen.
Nachdem er sich sattgegessen hatte, schob er das Tablett zurück.
Wenn er nur Phillip dazu bringen könnte, ihm zu sagen, wo sich der Black-Sabbath-Klub befand! Es gab für Dorian keinen Zweifel mehr, daß dort alle Fäden zusammenliefen. Dennoch blieb ihm nichts anderes übrig, als zu warten. Er wünschte sehnlichst Don Chapman herbei. Die Exhumierung von Edgar Palmers Leiche hatte sich inzwischen erübrigt, aber es konnte nur von Nutzen sein, wenn Don bei der Aushebung des Grabes auf einen leeren Sarg stieß. Vielleicht würde er dann endlich von der Existenz der Dämonen überzeugt sein, und Dorian hätte damit einen starken Verbündeten gewonnen.
Die Zeit verstrich nur langsam. Es war bereits nach vier Uhr nachmittags, und Nebel senkte sich über den Park. In wenigen Minuten würde es dunkel werden. Phillip schlief, doch gerade als sich Dorian wieder von ihm abwenden wollte, richtete er sich in seinem Bett auf.
Er schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen und gab unartikulierte Laute von sich.
»Du brauchst dich nicht aufzuregen, Phillip!« sagte Dorian beruhigend. »Es ist alles in Ordnung. Ich bin bei dir.«
Der Hermaphrodit vollführte heftige Bewegungen mit den Armen, als wollte er Dorian zum Schweigen bringen, dann verbarg er sein Gesicht in den Händen. »Viel Schwärze«, flüsterte er. »Schwärze überall.«
»Du mußt dich irren, Phillip«, besänftigte Dorian ihn.
»Finsternis kommt. Finsternis triumphiert, Finsternis spricht und lacht. Alles liegt im Dunkeln. Was das Auge sieht, ist Trug. Es ist da!
Es ist gegenwärtig!« Seine Worte klangen wie ein gequälter Aufschrei. Phillip fiel auf sein Lager zurück und begann erneut, sich unruhig hin und her zu wälzen.
Dorian blickte sich im Zimmer um, sah aber keine drohenden Schatten und keine Irrwische. Vielleicht hatte Phillip gar nicht von diesem Zimmer gesprochen, sondern irgendeinen anderen Raum des Hauses gemeint? Sollte er bleiben und warten, bis die Dämonen hierher kamen? Er fühlte sich plötzlich wie in einer Falle gefangen.
Ohne richtig nachzudenken, riß er die Tür auf und rannte auf den Korridor hinaus. Rasch warf er noch einen Blick auf Phillip, der sich lautlos auf dem Bett hin und her warf. Es würde schon nichts passieren, wenn er ihn einige Minuten allein ließ.
Stimmen dröhnten durch das Stiegenhaus aus dem Erdgeschoß zu ihm herauf. Sich an der Wand haltend, wie er es bei Lord Hayward beobachtet hatte, stieg er die Treppe hinunter. Wenn er jemandem begegnete, konnte er immer noch irgendeine Ausrede erfinden.
Schließlich hatte ihm Lord Hayward zugestanden, daß er sich im Haus frei bewegen konnte. Ungehindert erreichte er die erste Etage.
Die Stimmen waren noch lauter geworden, blieben aber unverständlich. Sie schienen aus dem Salon zu kommen. Tatsächlich – dort saß wieder Lady Hurst in ihrem Sessel. Hinter ihr stand ihr Sohn Henry.
Er blickte zu einem Mann auf, der noch in Hut und Mantel gekleidet war. Es war Don Chapman. Dorian vernahm seine Stimme.
»Es entspricht vielleicht nicht den Gepflogenheiten, daß Versicherungsagenten im Haus ihrer Kunden übernachten, aber Sie müssen zugeben, daß Phillip Hayward völlig aus der Norm schlägt.«
»Sie haben recht, Mr. Chapman«, hörte Dorian eine Frau sagen.
Der Stimme nach schien es sich um Pamela Bancroft zu handeln.
»Dieser ungewöhnliche Fall verdient eine besondere Behandlung.«
»Ihr werdet mir
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