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003 - Rom sehen und sterben

003 - Rom sehen und sterben

Titel: 003 - Rom sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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eingestürzt, aber Klettergewächse rankten sich an den Außenwänden hoch und hatten teils neue grüne Dächer gebildet. Glaslose Fensterhöhlungen klafften in den Mauern, dahinter nisteten nur Grau und Schwarz.
    Dennoch, das Gefühl, durch eine Geisterstadt zu laufen, hielt sich nicht lange in Matt Drax. Es schwand in dem Moment, da er sich beobachtet fühlte. Angestarrt von Augen aus dem Unsichtbaren.
    Und schließlich machte er hier und da Bewegungen aus hinter Fenstern und Türen, schattenhaft nur, aber unleugbar. Wie von selbst fasste er nach der Beretta 98 G, die er in einer seiner Uniformtaschen verstaut hatte. Aber er zog sie nicht. Weil Aruula ihm beruhigend die Hand auf den Arm legte.
    »Keine Feindlichkeit«, raunte sie. »Nur Neugier.« Dabei schaute sie sich weiter aufmerksam, aber unauffällig um, und Matt wusste, dass sie mehr sah als ihre Augen ihr verrieten.
    Noone hatte sich dichter an Larn gedrängt. Die beiden gingen immer noch vor Matt und Aruula her, wenn auch in geringerem Abstand als zuvor.
    Larns Faust hatte sich fester um das Griffstück seines Doppelschwerts gelegt. Aber er schien keine Angst zu haben, nicht einmal wirklich beunruhigt zu sein. Er sah sich um mit den staunenden Augen eines Kindes, das zum ersten Mal nach Disneyland kommt.
    Matt schmunzelte unwillkürlich bei dem Gedanken.
    So weit war der Vergleich vielleicht nicht einmal hergeholt…
    Und dann, als sie in einem Bereich der Stadt anlangten, der intakter war, begegneten sie wieder Menschen.
    Matt beobachtete das gleiche Verhalten wie draußen auf den Feldern.
    Man brachte ihnen wenig Aufmerksamkeit entgegen. Worüber Drax ganz und gar nicht unglücklich war.
    Aber er dachte darüber nach und kam zu dem Schluss, dass man in Rom wohl an das Auftauchen von Fremden gewöhnt sein musste. Woraus freilich die Frage resultierte, woher all diese Fremden kamen. Matts Gedankenapparat ratterte weiter, spann die Idee, dass Menschen aus aller Welt nach Rom kommen mochten! Was wiederum bedeutete, dass es da draußen noch eine Welt gab!
    Und Menschen, die diese Welt bevölkerten! Der Wunsch, diese Menschen und den Rest der Welt zu suchen, wurde für einen Augenblick fast übermächtig in ihm.
    Von dem Hügel nördlich der Stadt aus hatte er rechter Hand und weit entfernt den bleigrauen Schimmer des Thyrrhenischen Meeres gesehen. Vielleicht gab es die Möglichkeit, per Schiff…
    Ehe er sich noch weiter in theoretische Überlegungen versteigen konnte, fand Matt seine Selbstbeherrschung wieder. Eins nach dem anderen, sagte er sich. Immerhin mochte Rooma zunächst einmal genug bieten, um seinen Wissensdurst zu stillen…
    Schließlich erreichten sie den Kern der Ewigen Stadt. Und Matt hatte das Gefühl, tatsächlich eine Schwelle zu übertreten, durch das Tor in eine andere, vergangene Zeit zu gehen. In eine Zeit, die um den Beginn der christlichen Zeitrechnung in höchster Blüte gestanden hatte.
    Doch das Gefühl war flüchtig, schwand mit jedem neuen Eindruck, den Matt aufnahm, jetzt selbst staunend wie ein Kind.
    Und ein anderes Gefühl überkam ihn: das nämlich, dass irgendein begnadeter (oder wahnsinniger) Gärtner diese vergangene Blüte wieder zum Erblühen gebracht hatte - schillernder denn je zuvor!
    ***
    Matthew Drax hatte das sonderbarste deja vu seines Lebens.
    Aus dem Sumpf seiner Erinnerung stiegen Bilder aus jenem Kurzurlaub auf, den er einst in Rom verbracht hatte, und überlagerten seine tatsächliche Wahrnehmung. Er sah die markantesten Bauwerke der Ewigen Stadt, sah flanierende Touristen, Einheimische vor kleinen Tavernen und, und, und…
    ... und irgendwie vermengten sich all diese Bilder mit der Wirklichkeit. Mit dieser Gegenwart. Überlappten einander wie in einer Doppelbelichtung. Seltsamerweise gab es Übereinstimmungen, erstaunlich viele sogar!
    Das Rom dieser Zeit schien immer noch überzuquellen von Menschen. Sie unterschieden sich lediglich von denen aus Matts Erinnerung, in ihrer Kleidung vor allem, und manche…
    nun, bei manchen war Matt nicht sicher, ob der Begriff »Mensch« angebracht war. Er erblickte Kreaturen, skurriler noch als jene, die George Lucas weiland für »Episode III« hatte kreieren lassen.
    Der Typ, der zwei Schritte entfernt an Matt vorüber ging, war dabei noch nicht einmal der merkwürdigste: ein wüst tätowierter Kerl, lang und dürr wie eine Bohnenstange, der sich aus irgendeinem Grund rostige Schrauben durch die kahle Schädeldecke gedreht hatte.
    Vielleicht hat er zu wenig Eisen im

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