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0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung

0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung

Titel: 0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Am Morgen meiner Hinrichtung
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verprügelt vor.
    Sie tat mit sehr leid, und gern hätte ich gesagt: Stimmt nicht, ich bin Jerry Cotton vom New Yorker FBI. Sie gefallen mir. Wollen wir nicht ein Stündchen spazierenfahren? Aber das konnte ich ja alles nicht sagen. Dieser lausige, verrückte Auftrag!
    »Gut«, hauchte sie.
    Ich öffnete ihr den Wagenschlag. Sie stieg ein. Ich klemmte mich ans Steuer, und wir brausten ab. Ein paar Minuten später standen wir vor meinem Hotel. Es war sicherlich eines der drei teuersten in ganz Caracas.
    Der Portier riß mit tiefem Bückling die Tür auf, ein Boy nahm mit noch tieferem Bückling meinen Hut, und ein weißbefrackter Oberkellner führte uns ständig dienernd in eine sehr gemütliche Sitzecke, die fast völlig von Topfpalmen versteckt war.
    Ich bestellte etwas für uns beide und erzählte dann die Geschichte, die ich mit Phil durchgesprochen hatte. Sie war so vorzüglich glaubhaft erlogen, daß sie vermutlich jeder Journalist geglaubt hätte.
    Das Mädchen machte große Augen und glaubte mir die Geschichte auch. Aber ich hatte nach kurzer Zeit den Verdacht, daß sie mir alles geglaubt hätte, was ich ihr erzählte. Und wenn ich behauptet hätte, der Nordpol liege mitten in Italien.
    Ich erzählte, daß ich, wie gesagt, leider Gottes Bankpräsident sei und daß wir uns für die Ausweitung unserer Geschäfte nach Venezuela interessierten. Ich hätte zuverlässige Mitteilungen, daß die Filiale der Banco Nacional geschlossen werden sollte. Ich würde vielleicht die ganze Filiale kaufen, um eine Filiale der North American Bank Incorporation darin zu eröffnen. Aber ich wäre mir noch nicht schlüssig. Ich wüßte zuwenig von der Filiale. Wie wäre die Verkehrslage?
    »Ausgesprochen gut«, meinte das Mädchen und bekam ihre Augen gar nicht los von meinem Mund.
    Und der gesamte Geschäftsgang?
    Das könnte sie nicht beurteilen. Sie sei erst seit einem Jahr im Bankfach und könne wirklich noch nicht entscheiden, ob sich die Filiale rentiere oder nicht.
    Nun, man müßte den Laden natürlich größer aufziehen, sinnierte ich vor mich hin. Umbau, neue Fassade, helle, moderne Schalterräume und so weiter. Was für größere Geschäfte und Firmen hätten eigentlich dort ein Konto?
    Sie nannte ein paar, von denen ich natürlich noch nie etwas gehört hatte. Aber ich nickte immer sehr verstehend mit dem Kopf.
    »Tja, dann wäre da noch die Frage der Alarmanlage«, gab ich zu verstehen.
    In diesem Augenblick erschien Phil auf der Bildfläche. Er trug einen seiner aus New York mitgebrachten hellgrauen Einreiher, in dem er todschick aussah.
    »Verzeihung, Sir, die beiden Luftpostbriefe an Coyds Limited und an die Shell Oil Company bedürfen noch Ihrer Unterschrift.«
    Er legte mir eine sehr dekorativ aussehende Ledermappe vor und einen bereits aufgeschraubten Füllhalter.
    Ich mußte innerlich grinsen, während ich mich höflich bei dem Mädchen entschuldigte, die Mappe aufschlug und zwei Briefe vorfand, die einen unglaublich blödsinnigen Text hatten. Nur war in beiden deutlich sichtbar eine große Summe in amerikanischen Dollars genannt. Ich war sicher, daß das Mädchen die beiden Zahlen sehen würde, und kritzelte einen Schnörkel unter die beiden Briefe.
    Phil verkrümelte sich diskret wieder. Er war doch ein Teufelskerl. Woher hatte er nur in der kurzen Zeit Schreibmaschine, Papier und Unterschriftenmappe organisiert? (Später stellte es sich heraus, daß alles dem Hotel gehörte).
    Auf das Mädchen hatte die kleine Szene offenbar den Eindruck gemacht, den sie hervorrufen sollte. Sie wurde ganz klein in ihrem Sessel und sprach mich nur noch mit Sir an.
    »Wo waren wir eigentlich stehengeblieben?« fragte ich zerstreut.
    »Bei der Alarmanlage.«
    »Ach ja, richtig. Wie sieht es damit aus?«
    Eine Viertelstunde lang beschrieb mir das Mädchen alles, was ich von der Alarmanlage wissen wollte. Danach hatte ich ein so schlechtes Gewissen wie bisher selten in meinem Leben.
    Um sie aus ihrer eingeschüchterten Stimmung wieder ein bißchen herauszubringen, bestellte ich nach den beiden Tassen Kaffee, die wir getrunken hatten, etwas Alkoholisches und flirtete mit ihr wie am Vormittag.
    Es wurde noch ein sehr netter und lustiger Nachmittag.
    Aber wenn Sie vielleicht denken, daß ich Ihnen das jetzt berichte, dann liegen Sie hoffnungslos schräg. Auch ein G-man hat sein Privatleben.
    ***
    Nach dem Abendessen bummelten Phil und ich durch Caracas. Ein bißchen wollten wir ja schließlich auch davon haben, daß wir hier in dieser

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