0031 - Wir durchschauten seine Maske
reden, ist er womöglich schon zu Hause, bevor ich dazu komme, bei ihm einzusteigen.«
»Okay, ich geh’ ja schon. Wie lange?«
»Ich denke, zehn Minuten werden reichen.«
»Gut, ich werde ihn eine Viertelstunde aufhalten, aber dann mußt du wieder hier sein.«
»Ja, natürlich.«
Er ging nach vorn. Ich holte mein Notizbuch heraus und schlug es auf. Jetzt kam es mir zugute, daß ich im Büro von Mr. High die Karte dieser Gegend genau abgezeichnet hatte.
Ich fand mühelos einen schmalen Feldweg hinter den Häusern. Ich passierte sechs Häuser und kletterte dann über eine struppige Hecke. Wenn meine Zeichnung stimmte, mußte ich jetzt im Garten hinter dem Haus von John O’Brien sein.
Die Karte stimmte. Es war O’Briens Haus. Aber von hinten war nicht reinzukommen, es sei denn, ich hätte es wie der Mann bei den Quires gemacht und auch eine Fensterscheibe eingeworfen.
Mr. High hatte mir, für dringende Verdachtsfälle eine Reihe von Blanko-Durchsuchungsbefehlen mitgegeben.
Ich schlich mich zur Vorderseite des Hauses. In den benachbarten Häusern brannte kein Licht. Straßenbeleuchtung gab es sowieso in Green Woods nicht. Also war auch auf der Straßenseite alles dunkel. Ich probierte die Haustür.
Sie ließ sich öffnen. Offenbar hatte O’Brien vergessen, abzuschließen, als er von dem Mord gehört hatte und in aller Eile hinab zu den Quires gelaufen war.
Ich tastete mich durch den Flur und fand seine Wohnungstür sogar offenstehen. Mit der Taschenlampe orientierte ich mich. Ich hatte rasch das kleine Zimmer gefunden, wo wir mit O’Brien zum erstenmal gesprochen hatten.
Die Schublade seines altmodischen Schreibtisches war abgeschlossen. Damit hatte ich gerechnet. Ich suchte im Wohnzimmer. Der weiße Kittel, den O’Brien im Geschäft trug, war nicht zu sehen.
Die Zeit drängte. Ich sah mich weiter um.
Eine ebenfalls offenstehende Tür führte ins Schlafzimmer. Über einem Stuhl lag der weiße Kittel. Ich hob ihn auf und durchwühlte die Taschen. In der linken Tasche fand ich den Schlüsselbund.
Ich lief zurück in das kleine Office.
Ich probierte alle kleinen Schlüssel, die an dem Bund hingen. Der letzte paßte.
Schublade auf, Taschenlampe wieder eingeschaltet.
Ich holte den Automatic Colt hervor, den ich in der Schublade gesehen hatte. Mit einem Handgriff hatte ich die Drehwalze ausgeschnappt. Meine Vermutung bestätigte sich. In der Walze fehlte eine Patrone.
Ich legte den Colt zurück und schloß die Schublade wieder ab. Dann brachte ich den Schlüsselbund zurück ins Schlafzimmer und legte ihn wieder in die Tasche des Kittels.
Knapp zwei Minuten später pirschte ich mich auf dem gleichen Weg, den ich gekommen war, zurück zu Quires Haus. Als ich von da aus nach vorn zur Straße ging, sah ich Phil, der eifrig mit John O’Brien sprach. Als er mich sah, blinzelte er mir zu.
Ich nickte unmerklich. Phil sprach noch ein paar Minuten mit dem Alten, dann verabschiedete er sich.
»Komm«, sagte ich, »gehen wir nach Hause. Ich habe genug für heute nacht.«
Er war auch dafür, und eine halbe Stunde später schlossen wir unsere Behausung auf. Wir hatten alle Fensterläden von innen mit den Schraubenbolzen zugeschraubt und die beiden Türen abgeschlossen.
Trotzdem lag auf dem Tisch im Wohnzimmer ein Zettel:
Lassen Sie die Finger von Sachen, die Sie nichts angehen. In Ihrem eigenen Interesse!
Das war alles. Aber uns reichte es.
***
Am nächsten Morgen führte ich ein kurzes Gespräch mit Phil. Danch ging ich ins Dorf und holte mir meinen Jaguar aus dem Schuppen von John O’Brien.
Ich klemmte mich hinter das Steuer und zuckelte ab nach New York. Gegen zehn Uhr war ich bei uns im Office. Ich ging zuerst in unser Labor.
Ben Gorwich saß vorn in dem Glaskasten, in dem die bürokratische Seite der Untersuchungen stattfindet: das Aufnehmen der Untersuchungsprotokolle und so weiter.
»Morning, Jerry!« rief er mir zu, als ich eintrat.
»Morning, Ben.«
»Du hast ja sicher Arbeit für unsere Laborfritzen, wenn du hier reinkommst, was?«
Ich öffnete meine Brieftasche und suchte den Umschlag heraus. Ich nahm den drahtigen weißen Faden heraus, den ich bei Quires Leiche gefunden hatte, und setzte mich zu ihm.
»Laß mal feststellen, was das überhaupt ist.«
Ben ließ den Faden in ein Glasröhrchen rutschen, verschloß es mit einem Gummipfropfen und legte es dann in einen kleinen Karton.
Während er die Eintragungen machte, fragte er: »Wann möchtest du das Zeug wiederhaben?«
»Ich muß
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