0032 - Der Turm der 1000 Schrecken
Mädchen die Stufen hinunter. Sie waren feucht. Von unten schlug dem Mädchen ein feuchtmoderiger Geruch entgegen.
Sie blieb nicht stehen. Sie befürchtete, noch nicht weit genug gelaufen zu sein. Dieser Donovan war unzurechnungsfähig. Carla wollte sich von ihm nicht zwingen lassen, ihm zu Willen zu sein.
Lieber verirrte sie sich rettungslos in diesem unheimlichen Schloß mit seinen vielen endlos langen Gängen und den feuchten Gewölben. Die letzte Stufe. Carla warf sich nach vorn, als gelte es, bei einem Wettlauf mit der Brust ein Zielband als erste durchzureißen.
Erschöpft und ausgepumpt blieb sie stehen und lauschte. Nichts. Keine Schritte. Kein Geräusch, das auf die Anwesenheit eines Menschen schließen ließ. Stille. Zunächst wohltuend und aufbauend. Dann aber unheimlich und bedrohlich.
Carla Berg überlief es kalt. Sie war von schimmelbedeckten grauen Wänden umgeben. Der Boden unter ihren Füßen schimmerte feucht. Es war schummerig. Von irgendwoher kämpfte sich ein zuckender Lichtschein bis zu dem Mädchen.
Unentschlossen stand sie da. Jetzt erst fiel ihr auf, daß es ein Fehler gewesen war, sich von den andern so weit zu entfernen. Sie hätte in die entgegengesetzte Richtung laufen müssen.
Wenn sie geschrien hätte, wären alle gekommen, um ihr beizustehen. Sie hätten Dave Donovan zur Vernunft gebracht.
Nervös blickte sie in die Richtung, aus der der zuckende Schein zu ihr drang. Sollte sie dorthin gehen? Entfernte sie sich damit nicht noch mehr von den Freunden?
Dieser verflixte Donovan. Er hatte ihr das alles eingebrockt. Carla nahm sich vor, dem gewissenlosen Kerl nach ihrer Rückkehr vor den andern die Leviten zu lesen. Sie wollte ihn bloßstellen und blamieren.
Laureen McDonald sollte erfahren, was für ein Früchtchen ihr Freund war. Aber wo waren die andern? Carla war fast sicher, daß sie den Weg zurück nicht mehr finden würde.
Sie mußte sich einen anderen Weg suchen. Es genügte, wenn es ihr glückte, in den Berghof zu gelangen. Dort mußten sich früher oder später die Mitglieder des Kegelklubs einfinden.
Carla nahm sich zusammen. Ihre Nerven vibrierten. Sie atmete jetzt wieder normal. Sie hatte sich wieder erholt. Donovan mußte die Verfolgung aufgegeben haben.
Oder lauerte er in einer der düsteren Nischen auf sie? Wartete er darauf, daß sie kehrt machte? Dann kam der Weg zurück für sie nicht in Frage. Es mußte auch ein anderer Weg nach draußen führen.
Carla vermeinte plötzlich, einen kühlen Lufthauch auf ihrem Nacken zu spüren. Wie von der Tarantel gestochen zuckte sie herum, aber da war nichts. Dennoch vernahm sie ein gespenstisches Knarren.
Einen Augenblick später wußte sie, woher dieses gruselige Geräusch kam. Die Tür bewegte sich wie von Geisterhand geführt in den Angeln. Sie ächzte und schnarrte.
Carlas Kopfhaut zog sich zusammen. Sie wollte verhindern, daß der kalte Lufthauch die Tür zuwarf. Hastig schüttelte sie die Lähmung ab, die sie nicht handeln lassen wollte.
Mit langen Sätzen rannte sie zur Tür zurück, die sich immer schneller bewegte. Das Mädchen streckte den Arm aus, wollte die Tür abfangen, doch zu spät. Mit einem dumpfen Knall flog die Tür zu.
Carla packte die Klinke. Sie riß und rüttelte daran. Vergebens. Die Tür ließ sich nicht mehr öffnen. Eine unsichtbare Kraft hielt sie zu. Gefangen! hallte es im Kopf des Mädchens. Du bist gefangen!
Und sie merkte, wie allmählich Panik in ihr hochstieg…
***
Wir hatten eine ruhige Nacht verbracht. Bis lange nach Mitternacht hatte mich Sukos Erlebnis beschäftigt. Ich hatte unzählige Überlegungen angestellt, wie wir vorgehen sollten, um in diesem rätselhaften Fall weiterzukommen, doch mir war keine brauchbare Idee eingefallen.
Auf dem Weg zum Frühstückszimmer meinte mein Partner: »Ich habe mir die halbe Nacht den Kopf darüber zerbrochen, wie wir unserem geheimnisvollen Gegner die Maske herunterreißen könnten.«
»Und?« fragte ich.
»Ich war nicht gerade mit Geistesblitzen gesegnet«, sagte Suko.
Wir betraten das Frühstückszimmer. An den weiß gedeckten Tischen saßen bereits einige Hotelgäste. Die Gilde der Frühaufsteher. Wir setzten uns an den Tisch, der uns vom Kellner zugewiesen wurde.
»Vielleicht sollten wir uns die betroffenen Personen noch einmal ansehen«, sagte der Chinese. »Möglicherweise haben wir etwas übersehen.«
Eine lästige Fliege umschwirrte uns. Ich verjagte sie mehrmals. Als der Kellner neben vielen anderen leckeren Dingen auch eine
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