0034 - Unser Bluff im tödlichen Spiel
einen hübschen Batzen Geld bei sich hatte und deshalb umgelegt wurde. In Bronx ist das ja fast an der Tagesordnung. Nehmen wir also an, jemand wußte, daß Jackie Geld, vielleicht sogar für seine Verhältnisse viel Geld bei sich hatte. Dieser Jemand lockt Jackie unter irgendeinem Vorwand hinaus in den Hof, setzt ihm die mit Schalldämpfer versehene Waffe in den Rücken und drückt ab. Nun, wir wissen, daß Jackie sofort tot gewesen sein muß. Er stürzte nach vorn. Sein Mörder zieht ihm die Brieftasche heraus und nimmt ihm das Geld ab. Dabei ist er aber so unvorsichtig, erstens seine Prints an der Tasche zurückzulassen und zweitens die Brieftasche überhaupt liegen zu lassen.«
»Das ist vorläufig eine Theorie, nach der man arbeiten kann«, gab ich zu, »wenn sie stimmt, dann steht jetzt schon eins fest: der Mörder war ein blutiger Anfänger! Die Sache mit den Fingerabdrücken kennt heutzutage jedes Kind.«
»Und trotzdem fangen wir jährlich noch Hunderttausende von Verbrechern wegen ihrer Fingerabdrücke.«
»Stimmt durchaus, Black. Aber eben meistens doch Anfänger. Die Asse in der Unterwelt werden selten wegen ihrer Prints gefangen. Na, Sie nehmen jedenfalls an, die Fingerabdrücke auf der Brieftasche des Toten stammen von seinem Mörder?«
»Jawohl, das nehme ich an.«
»Fein. Dann tun Sie mir mal einen Gefallen, Black! Nehmen Sie meine Zigarettenschachtel hier! Halt, nicht mit den Fingern anfassen! Bringen Sie das Päckchen in Ihre daktyloskopische Abteilung! Sie sollen mal alle Prints sichern, die auf der Cellophanhülle der Schachtel sitzen.« Black starrte mich fassungslos an. »Wollen Sie damit sagen, daß Sie mit der Möglichkeit rechnen, Sie hätten die Prints des Mörders auch auf Ihrer Zigarettenschachtel? Daß Sie also den Mörder schon kennen?«
»Korrekt ausgedrückt, möchte ich sagen, ich rechne mit der Möglichkeit, daß sich auf meiner Zigarettenschachtel die gleichen Prints befinden wie auf der Brieftasche des Toten, ja.«
Black bekam vor Staunen den Mund gar nicht wieder zu. Erst nach einiger Zeit gelang ihm ein völlig verdattertes »Donnerwetter!«
Dann verschwand er mit der Eile einer Versuchsrakete. Phil und ich blieben allein zurück.
»War das dein Ernst?« fragte Phil. »Sicher.«
»Wie sind die Abdrücke des mutmaßlichen Mörders auf deine Zigarettenschachtel gekommen, Jerry?«
»Ich habe aus meinem Notizbuch einen völlig harmlosen, beschriebenen Zettel herausgerissen und unter die Cellophanhülle der Zigarettenpackung geschoben. Dann gab ich die Schachtel dem Mann, von dem ich die Prints haben wollte, und fragte ihn, ob er die Schrift kenne. Natürlich kannte er sie nicht, denn es war ja meine eigene.«
»Und wer ist nun eigentlich dieser Mann?«
»Der Wirt der Kneipe. Er will ja angeblich den Toten gefunden haben, nicht wahr?«
Phil machte eine maßlos verdutzte Miene. »Aber wie kommst du denn auf den?« fragte er. »Wenn du dir seine Points besorgt hast, mußtest du ihn doch vorher irgendwie für verdächtig halten, nicht?«
»Ja, sicher«, nickte ich.
»Auf jeden Fall für verdächtig, uns nicht alles gesagt zu haben, was er im Zusammenhang mit dem Toten weiß. Daß er der Mörder ist, will ich nicht unbedingt behaupten. Kann sein, kann aber auch nicht sein.«
»Und wie kamst du darauf, ihn auf alle Fälle für verdächtig zu halten?«
»Mein lieber Phil, nun denke mal schön mit: Bei welcher Gelegenheit will er den Toten entdeckt haben?«
»Als er seine Hühner fütterte, die er anscheinend irgendwo im Hinterhof hat.«
»Stimmt. Und um wieviel Uhr soll das gewesen sein?«
»Nach seinem Anruf müßte es kurz vor halb zehn gewesen sein.«
»So. Und eben das nehme ich ihm nicht ab. Ich weiß nicht, aber ich glaube einfach nicht, daß Hühner so spät gefüttert werden.«
»Es ist ungewöhnlich«, gab Phil zu. »Sehr ungewöhnlich. Deshalb wollte ich mir den Mann mal ansehen. Ich habe es getan. Der Bursche sieht zwar aus wie ein Urweltmensch, aber er hat ein paar außerordentlich schlau blickende Augen unter seinen wulstigen Brauen. Nach meiner Meinung gibt es zwei Möglichkeiten: entweder brachte er Jackie in der Nacht selber um und ließ dann einfach erst ein paar Stunden verstreichen in der Hoffnung, irgend jemand würde ihn finden. Als das dann nicht geschah, wurde er nervös und rief nun die Polizei an. Denn allzu lang konnte er die Leiche da mitten im Hinterhof auch nicht liegen lassen, schon gar nicht über Mittag hinweg. Denn die Polizei würde
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