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0035 - Wir brachen den Terror

0035 - Wir brachen den Terror

Titel: 0035 - Wir brachen den Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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fassen bekam. Es war eine noch volle Weinflasche, die man offenbar beim Auspacken vergessen hatte…
    Ich pfiff leise durch die Zähne. Vielleicht ließ sich mit dieser Flasche etwas anfangen, aber ich beschloss, noch damit zu warten. Bevor es dunkel wurde, kam ein Fluchtversuch ohnedies nicht in Betracht. Außerdem glaubte ich, noch Zeit zu haben.
    Charles Lang wollte Phil zu seiner Versammlung laden, und ohne Zweifel hatte er das noch nicht getan. Vierundzwanzig, wenn nicht achtundvierzig Stunden, hatte ich also mit Sicherheit Zeit.
    Ich verstaute die Flasche so, dass sie zwar mit Holzwolle bedeckt war, aber dass ich leicht daran konnte. Dann nahm ich meine alte Haltung auf dem Fußboden wieder ein. Es war besser, wenn sie überhaupt nicht auf den Gedanken kamen, dass mir ihre Fesselung auch nur noch einen Rest von Bewegungsfreiheit ließ.
    Erst als es dunkel wurde, rasselte auf dem Gang vor der schweren Holztür ein Schlüsselbund. Lang, gefolgt von Fryler, trat ein.
    »Wie geht’s, Cotton?«, fragte er vergnügt. »Die Lage ist ein wenig unbequem, nicht wahr?«
    »Nicht annähernd so unbequem wie auf dem elektrischen Stuhl«, antwortete ich.
    Er schüttelte lächelnd den Kopf. »Immer noch kratzbürstig wie ein gefangener Leopard. Meine Hochachtung wächst. Ich komme nur, um Ihnen zu sagen, dass ich jetzt nach Tyrontown fahre, um mit Ihrem Freund Decker zu sprechen. Ich könnte mich ausschütteln vor Lachen, wenn ich daran denke, dass ich ihm zu seinen Erfolgen gratulieren werde, während Sie hier in meinem Keller schmachten.«
    »Schmachten ist das Stichwort, das ich suche«, antwortete ich. »Ich finde, Sie könnten mir etwas zu essen und zu trinken schicken.«
    In seine Augen trat ein Glitzern.
    »Oh, es tut mir leid, Cotton«, sagte er mit einem Kichern in der Stimme, »aber das kann ich nicht riskieren. Sie sind so gefährlich, dass ich es nicht wagen kann, Ihnen zum Essen die Fesseln abzunehmen. Und Sie werden sich nicht wie ein Baby füttern lassen wollen.«
    »Na schön, dann nicht«, sagte ich, wälzte mich auf die Seite und zeigte ihm meinen Rücken.
    »Glauben Sie, dass Ihr Freund Phil meiner Bitte entsprechen wird, einer Versammlung der Bürger Tyrontowns über seine Erfolge zu berichten?«, fragte Lang.
    Ich gab keine Antwort.
    »Soll ich ihm einen schönen Gruß von Ihnen ausrichten?«
    »Sagen Sie ihm, er soll Sie zur Hölle schicken«, antwortete ich.
    Lang lachte schallend, und dann zogen er und Fryler sich zurück.
    Als auf dem Hof das Geräusch eines vorfahrenden Wagens zu hören war, stand ich bereits auf der Kiste, die es mir ermöglichte, den Platz vor der Villa zu überblicken. Lang fuhr allein in seinem alten Mercury fort.
    Ich legte mich in meine Ecke zurück. Ich überlegte, dass ich besser nicht in dieser Nacht schon meinen Ausbruchsversuch unternahm. Lang konnte die Versammlung, an deren Ende Phil eine Portion Kugeln serviert bekommen sollte, nicht vor dem nächsten Tag einberufen. Er würde sich außerdem bemühen, sie so zu veranstalten, dass sie erst nach Einbruch der Dunkelheit endete, um Corry und Boroni bessere Fluchtmöglichkeiten zu verschaffen. Wahrscheinlich also fand diese große, vorletzte Schlussszene erst morgen oder übermorgen Abend statt. Mit Sicherheit waren dann zwei Leute weniger im Haus, nämlich Fryler nur und McFish, und mit ihnen konnte ich leichter fertig werden als mit den Revolverhelden aus Chicago. Ich beschloss zu warten.
    Inzwischen knurrte mein Magen so laut wie ein wütender Kettenhund, aber vor allen Dingen quälte mich der Durst. Ich tat das Beste, was ich tun konnte. Ich versuchte zu schlafen, und es gelang mir leidlich.
    Um Mitternacht hörte ich einen Wagen ankommen, aber ich kam nicht mehr rechtzeitig zur Kiste, um den Ankömmling zu sehen. Wahrscheinlich war es Lang.
    ***
    Ich erfuhr am anderen Mittag, dass ich mich nicht geirrt hatte. Charles Lang kam auf ein Plauderstündchen zu mir in den Keller. Zu diesem Zeitpunkt war ich vor Durst nicht mehr ganz klar im Kopf. Ich musste immer an die Weinflasche denken, die in der Kiste lag, und ein paar Mal war ich darauf und daran, mich hinzuschlängeln, ihr den Hals abzuschlagen und sie auszutrinken, mochte danach passieren, was wollte.
    »Ich habe Ihren Freund gesprochen, Cotton«, sagte Lang und setzte sich auf den Rand der Kiste, in der die Flasche steckte. »Ich glaube, er fängt an, sich Sorgen zu machen. Ich hatte wenigstens den Eindruck, obwohl er natürlich bemüht war, sich nichts anmerken zu

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