0036 - Die Nacht des Feuergottes
Momotombito, der kleinere Bruder des am Nordufer des Sees gelegenen Vulkans Momotombo, der 1360 Meter hoch ist, ragt.
Beim Anblick des Vulkans dachte ich an Hawaii.
Ich hatte vor etwa einem Jahr gegen den Vulkanteufel von Hawaii gekämpft. Und nun las ich in dieser seriösen Zeitschrift von einem Feuergott, der in Nicaragua sein Unwesen treiben sollte.
Der Artikel war nicht signiert.
Er schilderte die sozialen Zustände des mittelamerikanischen Landes und erwähnte die unterwürfige Religiosität des Volkes, die dem Feuergott angeblich ein Dorn im Auge war.
Er wollte damit erreichen, daß die Menschen nicht mehr Jesus Christus, sondern ihn anbeteten. Er hatte die Absicht, sich nach und nach das ganze Volk Untertan zu machen.
Wer sich seinem Machtstreben entgegenzustellen versuchte, verschwand für immer von der Bildfläche, und es hieß, daß solche Menschen unter Höllenqualen zugrunde gehen mußten.
Es reizte mich, diesem Unhold den Kampf anzusagen. Es machte mich wütend, lesen zu müssen, wie unschuldige Menschen in Angst und Schrecken leben mußten – und wie die mutigen unter ihnen, die es gewagt hatten, sich gegen den Feuergott zu stellen, sterben mußten.
Es ist mir gleichgültig, in welchem Land ich meinen Kampf gegen die Geißeln der Hölle austrage. Mir ist kein Weg zu weit, wenn es darum geht, die Macht des Bösen zu schwächen und in die Schranken zu weisen. Sie darf niemals zu groß werden, sonst ist die Welt verloren.
Ich erhob mich, klemmte mir das Magazin unter den Arm, verließ meine Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung und klopfte beim Nachbarn.
Suko, mein chinesischer Freund und Partner, öffnete. »Hallo, John. Wie war der Tag?«
»Geruhsam«, sagte ich und trat ein. »Ich hatte einen Wust von Berichten zu verfassen.«
Suko grinste schadenfroh. »Das sind eben die Schattenseiten des Beamtendaseins. Aber Kopf hoch. Es kommen auch mal wieder bessere Zeiten.«
Ich zeigte ihm den Bericht. Er verschlang ihn genauso wie ich. Als er ihn gelesen hatte, fragte ich: »Was hältst du davon, wenn wir einen Abstecher nach Nicaragua machten?«
»Von dieser Idee bin ich hin- und hergerissen, John. Dieser Feuergott muß ein wahrer Teufel sein.«
»Ein ganzes Land zittert vor ihm«, sagte ich ernst.
»Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, das zu ändern.«
»Wir sollten es auf jeden Fall versuchen.«
»Bin ganz deiner Meinung«, pflichtete mir der Hüne mit dem schütteren schwarzen Haar und dem unverwechselbaren Pfannkuchengesicht bei. Suko war ein ziemlich schwerer Brocken. Er hatte Ähnlichkeit mit diesen massigen Sumoringern, war jedoch wesentlich gelenkiger als diese. Er liebte Kinder und haßte alles, was aus dem Schattenreich kam.
Ich konnte mich in jeder Hinsicht auf ihn verlassen. Einen Freund wie ihn braucht man, wenn man so gefährlich lebt wie ich.
»Ich werde meinen Chef, Superintendent Powell, um Urlaub bitten«, sagte ich entschlossen.
»Gleich morgen?« fragte der Chinese.
Ich lächelte. »Was du morgen kannst besorgen, das verschiebe nicht auf übermorgen.«
»Gut formuliert«, sagte Suko.
Ich machte den Vorschlag, Doug Stewart, den Herausgeber der Mystery News, anzurufen und ein Treffen zu arrangieren. Wir hatten mit dem Mann schon verschiedentlich zu tun gehabt. Ich war sicher, er würde sich freuen, uns wiederzusehen.
Suko wies auf seinen Telefonapparat. »Darf ich einen kleinen Beitrag zu den Unkosten leisten? Ruf ihn von hier aus an.«
Ich wählte die Nummer, die ich im Impressum fand. Eine piepsende Männerstimme sagte mir: »Tut mir leid, Mr. Stewart ist vor einer halben Stunde nach Hause gefahren.«
»Würden Sie die Liebenswürdigkeit haben, mir seine Privatnummer zu geben?« bat ich den Mann.
»Ich weiß nicht, ob ich das darf.«
»Ich kann sie mir auch aus dem Telefonbuch heraussuchen.«
»Bestimmt nicht. Mr. Stewart hat eine Geheimnummer. Mit wem spreche ich eigentlich? Ich habe vorhin Ihren Namen nicht verstanden.«
Ich grinste. »Ich habe meinen Namen nicht genannt.«
»Ach, deshalb…«
»Hier spricht Oberinspektor John Sinclair von Scotland Yard«, machte ich es hochoffiziell.
»Oh, O… Oh, Ob… Oh, Oberinspektor! Es ist mir eine Ehre. Wenn Sie Mr. Stewarts Nummer bitte notieren wollen.«
Er nannte mir die Zahlen. Ich schrieb sie auf und bedankte mich für die Auskunft. Er versicherte mir abermals, welch große Ehre es für ihn wäre, mir geholfen zu haben.
Zwei Minuten später hatte ich Doug Stewart an der Strippe. Wir verabredeten uns zum Abendessen
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