Raub auf Burg Schreckenstein
Schreckensteiner schummeln nicht
„So. Es kann losgehen!“
Ingrid setzte sich in die erste Reihe der roh gezimmerten Tribüne. Die Mädchen von Schloss Rosenfels waren zum Wettkampf:
„Burg Schreckenstein gegen die beiden Neustädter Schulen“ über den Kappellsee gerudert und machten sich breit.
„Bin gespannt, wer diesmal gewinnt“, sagte Sophie.
„Na, die Ebert-Schule natürlich“, antwortete Martina.
„Was findest du daran so natürlich?“ wollte Renate wissen.
Martina sagte es ihr: „Seit Supersportler Jerry von der Burg geflogen und bei denen ist, sind die nicht zu schlagen.“
Beatrix sah sie an. „Stimmt! Jerry war ja mal hier. Und wir auch!“ Kopfschüttelnd deutete sie zum Westflügel hinüber.
„Wenn ich mir vorstelle, dass wir vor kurzem noch da gewohnt haben!“
„Nicht zu fassen!“ pflichtete ihr Esther bei.
Beatrix nickte. „Aber toll war es. Das steht fest!“
Das baupolizeilich gesperrte Schloss Rosenfels hatte sich bei der Renovierung als grundsolide erwiesen. Ein paar Betonspritzen unter das Fundament genügten, und das Mädcheninternat konnte wieder einziehen.
„Schaut mal!“ rief Eva. „Schneewittchen und die sieben Zwerge!“ Die Mädchen kicherten.
Aus dem Torbogen des Durchgangs zum Burghof kam Fräulein Doktor Horn, die strenge Leiterin von Rosenfels. Hinter ihr die Schreckensteiner Kampfrichter Strehlau , Mücke, Hansjürgen mit ihren Helfern, den Mini-Rittern Eberhard, Herbert, Kuno und Egon. Hinter diesen strebte eine große Menschenmenge direkt auf die Tribüne zu.
Ingrid rümpfte ihre freche Nase: „Was sind denn das für Leute?“
„So sehen Eltern aus!“ antwortete Mücke, ihr Bruder, drehte sich um und bedeutete den Gästen mit einer schwungvollen Armbewegung, doch bitte Platz zu nehmen. «
Auf der anderen Seite der 400-Meter-Bahn lockerten die Wettkämpfer ihre Muskeln, trabten, hüpften, beugten und streckten. Martina hatte mit ihrer Vermutung gar nicht so unrecht. Jerry, Udo und Andreas von der Ebert-Schule überragten alle anderen Teilnehmer um mindestens einen Kopf.
„Passt auf beim Weitsprung! Dass die nicht mogeln!“ sagte der lange Andreas.
Lässig winkte Jerry ab: „Da sei ohne Sorge. Die mit ihrer Ritterehrlichkeit...“
„ Du sagst es, mein Sohn!“ rief eine Stimme hinter ihm.
Jerry fuhr herum: „Strehlau!“
Der Schreckensteiner Musterschüler und der ehemalige Schreckensteiner Superläufer sahen einander an.
„Nett, dass du uns ein freundliches Andenken bewahrst“, sagte Strehlau trocken und ging weiter.
„Idiotenritter!“ brummte Udo hinter ihm her.
Da drehte sich der kleine Egon, der in der Nähe stand, um und schimpfte lauthals: „Je länger, desto blöder!“
„Schnauze, du Zehn-Pfennig-Portion!“ gab der lange Andreas zurück.
Mini-Ritter Egon stellte sich auf die Zehen und rief: „Vor Betätigung des Mundwerks Gehirn einschalten!“
„Vorsicht, Mini!“ Jerry drohte ihm mit dem Finger, doch der Mini sah es nicht mehr. Er hatte sich bereits abgewandt. Von der Tribüne war der schlagfertige Mücke herübergekommen. Er hatte das Ende der Auseinandersetzung mitgekriegt. „Das Klima für den Wettkampf ist ja bestens!“ sagte er, zog einen Hemdzipfel aus der Hose und putzte sich damit die Brille. Hans-Jürgen, der Dichter, war zum Sportschuppen gegangen, um das elektrisch verstärkte Sprachrohr für die Ansage zu holen. Dort trainierte die Schreckensteiner Mannschaft.
„Tritt mich mal, damit ich ‘ne Wut kriege!“ forderte Muskelgebirge Dampfwalze ihn auf. „Ich bin nur gut, wenn ich ‘ne Wut habe.“
„Dann lass dich von Stephan treten“, antwortete Hans-Jürgen in Anspielung auf die alte Rivalität um den Kugelstoßrekord.
„Lass mal“, meinte Schulkapitän Ottokar, „die kommt schon, wenn dieser Udo weiter stößt.“
„Und das tut er“, pflichtete Andi bei. „Ich hab da eben einen Probestoß gesehen...“
„Nicht unken!“ schimpfte Dieter und vollführte das Durchziehen des Speers in Zeitlupe.
Da kam, zusammen mit den Direktoren der Ebert- und Franz-Joseph-Schule, der Rex. Er winkte Hans-Jürgen zu sich:
„Wenn Graf Schreckenstein kommt, gib ihm das Sprechgerät. Er möchte ein paar Worte zur Begrüßung sagen.“
Hans-Jürgen nickte. Da kam er schon, der Hausherr, von den Rittern wegen seiner großen, schmalen Nase „Mauersäge“ genannt. Mit dieser Nase hing es auch zusammen, dass er beim Sprechen in Abständen einen Laut dazwischenschob, als müsse er den Luftweg frei
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