0036 - Wir spielten hinter den Kulissen
vorliegen, was? Von den anderen Gästen ist schließlich außer dem Doktor auch keiner hier gewesen. Wer geht schon gern in ein Haus, wo in der vergangenen Nacht zwei Leute getötet worden sind, nicht wahr? Ich darf also annehmen, dass Sie gewissermaßen im Auftrag der Polizei hier sind?«
Ich nickte anerkennend.
»Das war gar nicht übel gedacht, Mr. Riling. Soviel Logik hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut Sie werden nicht darauf bestehen, dass ich Ihnen zu Ihren Vermutungen betreffs meiner Beziehungen zur Polizei etwas Direktes erwidere?«
»Diese Antwort ist mir Antwort genug«, lächelte er.
»Fein. Kommen Sie mit auf einen kleinen Bummel durch den Park?«
»Wozu soll das gut sein, Mister…«
»Cotton. Ich möchte mich gern ein bisschen mit Ihnen unterhalten. Also kommen Sie mit?«
»Da unsere Absichten zwecks einer Unterhaltung auf Gegenseitigkeit beruhen, gern.«
***
Wir stiegen die Freitreppe wieder hinab und bummelten durch den großen Park. Zufällig sah ich dabei, dass die Überreste des zerschmetterten Wagens von gestern Abend schon beseitigt worden waren.
»Wie geht es Mrs. Barris?«, erkundigte ich mich.
»Wie es halt einer Frau geht, die vor nicht vierundzwanzig Stunden ihren Gatten verlor. Sie schließt sich dauernd ein, weigert sich konstant, etwas zu essen - und so weiter. Deswegen war ja der Doktor wieder hier. Es ist der Hausarzt der Barris.«
»Hm. Hat der Tod des Hausherrn hier viel durcheinandergewirbelt?«
»Das kann ich nicht genau sagen. Ich bin ja selbst nur Gast hier. Die Hausherrin ließ mir durch ihre Zofe mitteilen, dass sie bedauere, mich in eine so unglückliche Angelegenheit hineingezogen zu haben, aber ich möchte mich trotzdem hier als Gast fühlen, bis mein Gesundheitszustand meine Weiterreise erlaube.«
»Ein bisschen seltsam, dieses Angebot, finden Sie nicht?«
Er wurde unsicher. »Wieso? Man ist eben sehr gastfreundlich hier. Und -man kann es sich ja leisten.«
»Ja, ja, von dieser Seite her gesehen, haben Sie natürlich recht. Was ist übrigens mit dem Zimmer, das der Hausherr immer abgeschlossen hatte? Steht es jetzt offen?«
»Nein. Es wurde wieder verschlossen und von der Polizei sogar versiegelt. Heute Morgen waren zwei Herren von der Bank da, die ziemlich auf die Polizei schimpften.«
»Wieso?«
»Ich hörte es nur rein zufällig. In dem Zimmer soll Mr. Barris geheime Dokumente und Geschäftspapiere aufbewahrt haben. Seine zwei bevollmächtigten Vertreter können in irgendwelchen Angelegenheiten nichts unternehmen, wenn sie nicht die dazugehörigen Papiere des Hausherrn erhalten. Die Polizei hat aber alle Papiere beschlagnahmt. Zur Durchsicht angeblich.«
»Aha. Ich muss noch mal auf die Gastgeberin zurückkommen«, sagte ich. »Sie hält sich also seit gestern Abend ununterbrochen in ihrem Schlafzimmer eingeschlossen?«
»Ja. Das heißt, nicht ununterbrochen. Heute Morgen in aller Herrgottsfrühe, ich schlief noch und wurde von dem Lärm geweckt, rannten plötzlich alle Diener aufgeregt durchs Haus. Die Hausherrin sei verschwunden, hörte ich. Die Zofe hatte nach ihr sehen wollen und das Schlafzimmer unverschlossen und leer gefunden. Man suchte im Haus.«
Ich nickte und brummte: »Und man fand sie im Heizungskeller.«
Er blieb erschrocken stehen. »Woher wissen Sie das?«
Ich blieb ernst, selbst als ich ihm auf die Schulter klopfte.
»Nachdenken, mein Lieber! Es war zu erwarten. So, jetzt muss ich aber einmal ins Haus. Ich muss mir etwas ansehen.«
Schweigend gingen wir zurück. Er schien mit seinen Gedanken beschäftigt zu sein. Ich kam ihm wohl nicht ganz geheuer vor, denn er warf mir manchmal verstohlene Blicke zu, die alles andere als harmlos waren. Aber ich kümmerte mich nicht weiter drum.
Im Haus erlebte ich eine Enttäuschung. Ich trat auf den Balkon und ging zu den drei Fenstern, die vom Arbeitszimmer heraus auf den Balkon sahen. Bemerkenswerterweise gab es von diesem Raum her keine Tür auf den breiten Balkon. Ich untersuchte sämtliche drei Fenster auf das Sorgfältigste.
Phil hatte recht.
Diese Fenster konnte der Einbrecher niemals von außen gewaltsam geöffnet haben. Damit waren meine ganzen Überlegungen zum Teufel.
***
Der Nachmittag verging ohne besondere Ereignisse. Ich arbeitete an den Akten, die ich zu erledigen hatte und die nicht die geringste Beziehung zu dem gestrigen Fall aufwiesen, sondern von früheren Fällen stammten. Kurz vor dem offiziellen Schluss der Bürozeit kam plötzlich unser Kontaktmann Neville
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