004 - Anruf aus der Hölle
Stock des gegenüberliegenden Hauses. »Tony!«
Er wollte mich auf einen Mann aufmerksam machen, der rasch zurücktrat, als ich zu ihm hinaufschaute. Das Haus war schmalbrüstig und hatte nur diese eine Etage, dann kam schon das Dach.
»Marion da Costa«, sagte der Reporter.
»Meinen Sie diesen Mann?« fragte ich.
Latham nickte. »Er hat aus diesem Gebäude ein privates Uhrenmuseum gemacht. Ich wollte schon mal einen Artikel über ihn schreiben. Es kam mir dann aber etwas Interessanteres dazwischen.«
Wir überquerten die Straße. Ich läutete. Es dauerte lange, bis Marion da Costa öffnete. Es kam mir beinahe so vor, als wollte er mit uns nichts zu tun haben. Seine linke Hand war verbunden. Er schien sich kürzlich verletzt zu haben. Als ich meinen Namen nannte, war mir, als würde er kaum merklich zusammenzucken.
Aber übertrieb ich mein Mißtrauen nicht ein bißchen?
»Sie haben uns vorhin von Ihrem Fenster aus beobachtet, Mr. da Costa«, sagte ich.
»Na und?« erwiderte er steif. »Ist das verboten?«
»Das war kein Vorwurf, sondern lediglich eine Feststellung«, bemerkte ich frostig. Der Mann war mir nicht sympathisch. Ich versuchte trotzdem, freundlich zu sein. »Sie haben gesehen, wie wir uns die Telefonzelle ansahen, Mr. da Costa.«
»Ja, habe ich.«
»Haben Sie vor… etwa einer Stunde auch aus dem Fenster gesehen?«
»Kann schon sein. Denken Sie, ich werfe jedesmal einen Blick auf die Uhr, bevor ich aus dem Fenster gucke?«
»Ich habe Ihnen die Frage aus einem ganz bestimmten Grund gestellt, Mr. da Costa. Ist Ihnen irgend etwas Ungewöhnliches aufgefallen?«
»Nein, nichts. Was hätte mir auffallen sollen?«
»Zum Beispiel ein Skelett, das in der Zelle dort drüben stand und telefonierte«, platzte es aus Larry Latham heraus.
Marion da Costa blickte ihn gereizt an. »Sagen Sie mal, machen Sie sich über mich lustig?«
»Absolut nicht«, verteidigte sich Latham.
»Schon gut«, warf ich ein. »Vergessen Sie’s. Entschuldigen Sie bitte die Störung, Mr. da Costa.«
Der Besitzer des Uhrenmuseums trat zurück und schloß die Tür.
Wir hörten ihn ärgerlich murmeln, während sich seine Schritte entfernten.
»Ein liebenswerter Zeitgenosse«, sagte Lance Selby sarkastisch.
»Vielleicht hat er Probleme«, versuchte ich da Costas Verhalten zu entschuldigen. Insgeheim fragte ich mich aber, ob der Mann mir nichts verschwiegen hatte. Sein Benehmen war merkwürdig gewesen, und er schien meinen Namen schon mal gehört zu haben.
Oder bildete ich mir das nur ein?
Wir kehrten zu meinem Wagen zurück. Der abendliche Ausflug hatte nichts eingebracht. Wir waren kein bißchen klüger geworden.
Ich setzte den Reporter zu Hause ab. Bevor er ausstieg, versprach er mir, in unserer Sache am Ball zu bleiben und mich umgehend anzurufen, wenn sich neue Aspekte ergaben.
***
Huck R. Koenig starrte den grinsenden Totenschädel entgeistert an.
Er wischte sich mit einer fahrigen Handbewegung über die Augen.
Ein Trugbild? Nein, es blieb. Koenig spürte, wie die Angst mit kalten Fingern nach seinem Herzen griff. Er schluckte trocken. Seine Kehle war wie zugeschnürt.
»Du bist Huck R. Koenig«, sagte der Knochenmann mit hohler Stimme.
»Ja«, antwortete der Millionär. Es klang wie ein verzweifeltes Stöhnen.
»Ich bin Gevatter Tod.«
»Was… was willst du von mir?«
»Was will ich schon von einem Menschen? Sein Leben!«
»Aber… wieso denn? Ich bin neunundvierzig, kerngesund …«
»Dennoch ist deine Uhr abgelaufen.« Die Antwort war hart wie ein Faustschlag.
Koenig dachte an Rosalind, mit der er vor wenigen Minuten erst so herrlich glücklich gewesen war. Zukunftspläne hatten sie geschmiedet. Er hatte ihr die Ehe versprochen. Eine Familie wollten sie gründen. Sollte aus all dem nichts werden?
Er schüttelte den Kopf. »Das ist unmöglich, es ist für mich noch nicht soweit!«
»Wer kann das besser beurteilen als ich?«
»Ich fühle mich nicht sterbenskrank!«
»Was glaubst du, wie viele Menschen ich schon mitten aus dem überschäumendsten Leben herausgerissen habe. Manche waren genauso erstaunt wie du. Für einige reichte die Zeit nicht mehr zum Staunen.« Gevatter Tod reckte die Knochenhände aus. »Deine Seele muß mich jetzt begleiten.«
»Ich… ich weigere mich, sie dir zu geben!« keuchte der Millionär. Hier konnte es unmöglich mit rechten Dingen zugehen. Er wollte den Weg ins Jenseits noch nicht antreten. Es war noch zu früh dazu.
Manchmal, in depressiven Phasen, hatte er schon an
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