004 - Die Blutbestie
anderes.«
Dury riß sich an den Haaren.
»Du mußt den Strom abschalten, Vater!« schrie Alice verzweifelt.
Lee J. Flack hastete zum Hauptstromschalter. Er schaltete den Strom ab.
Doch weder die Deckenbeleuchtung fiel aus, noch hörte die Maschine zu arbeiten auf.
Es blieb alles so, als hätte Flack nichts getan. Die ganze Apparatur arbeitete in unaufhaltsamer Grausamkeit weiter.
Steve Dury wankte schreiend.
Er fiel mit dem Rücken gegen die Gitterstäbe, hörte zu schreien auf, sackte zu Boden.
»Tot!« stöhnte Alice fassungslos. Tränen quollen aus ihren Augen. »Vater! Steve ist tot!«
Da passierte das Grauenvolle.
Vor den Augen des Wissenschaftlers und seiner Tochter löste sich Steve Dury plötzlich in Nichts auf.
Mit einem Mal war der Käfig leer.
Mit einem Mal war Steve Dury nicht mehr vorhanden.
»Gott im Himmel!« preßte der entsetzte Wissenschaftler mühsam aus der zugeschnürten Kehle hervor. »Was habe ich getan! Gott, verzeih mir. Das wollte ich nicht.«
Alice stand wie erschlagen da. Sie zitterte am ganzen Körper und weinte stumm. Grenzenlose Verzweiflung krampfte ihr Herz zusammen.
Plötzlich öffnete sich die Gittertür.
»Vater!« rief Alice erschrocken.
Grauenvolle, unartikulierte Tierlaute kamen aus dem Nichts. Ein markerschütterndes Lachen geisterte durch den Raum.
Alice wich einige Schritte zurück.
»Steve!« rief sie mit zitternder Stimme. »Steve! Hörst du mich?«
Ein schreckliches Fauchen jagte ihr eiskalte Schauer über den Rücken.
Sie hörte Schritte.
Die Schritte näherten sich ihrem zu Stein erstarrten Vater.
»Vorsicht, Vater!« rief Alice benommen. Sie befürchtete etwas Schreckliches.
Kaum war ihr Warnungsschrei verklungen, wurde Lee J. Flack von einer unsichtbaren Faust gepackt und hochgerissen.
Der Wissenschaftler wirbelte durch die Luft und wurde zu Boden geschleudert.
Der dumpfe Aufprall ging dem entsetzten Mädchen durch Mark und Bein.
Dann folgte ein grauenhaftes, knirschendes Geräusch.
Steve Dury hatte dem Wissenschaftler mit einem einzigen gewaltigen Schlag das Genick gebrochen.
Alice packte das nackte Grauen.
Sie wirbelte herum und jagte aus dem Laboratorium. Sie hetzte die Treppe hoch und stürzte schreiend aus dem Haus.
Erst als ihr die kühle Abendluft ins Gesicht schlug, blieb sie stehen.
Steve war verrückt geworden. Sein Gehirn mußte durch den Versuch Schaden genommen haben. Er war zu einem grauenvollen Mörder geworden.
Dury begann im Laboratorium wie verrückt zu wüten. Alice hörte in grenzenloser Verzweiflung seine gellenden Schreie, die durch das Haus hallten. Sie hörte, wie er alles kurz und klein schlug. Glas klirrte. Regale wurden umgeworfen.
Dury vernichtete das gesamte Laboratorium binnen weniger Minuten. Er machte daraus nicht nur einen schrecklichen Trümmerhaufen, sondern auch ein grauenvolles Flammenmeer.
Alice starrte schluchzend auf die Flammen, die aus den Kellerfenstern schlugen.
Leute kamen gerannt.
Man kümmerte sich um sie.
Die Freiwillige Feuerwehr von Holsworthy rückte an.
Sie konnte jedoch nicht verhindern, daß das gesamte Gebäude ein Opfer der Flammen wurde.
Steve Dury war es gelungen, sich vor den Flammen in Sicherheit zu bringen.
Das Cornwall-Städtchen ging einer schlimmen Zukunft entgegen.
***
Zwei Tage passierte nichts.
Dann schlug Steve Dury, der zur blutrünstigen Bestie geworden war, zum ersten Mal zu.
Barbara Brown kam von der Kirche nach Hause. Ihre Freundin Jennifer White begleitete sie ein Stück des Weges.
Es war Sonntag. Die Mädchen trugen nette Kleider und kecke Hütchen.
Barbara war ein junges Ding von achtzehn Jahren. Sie lachte gern, amüsierte sich auch gern mal mit den Jungs, wohnte noch bei ihren Eltern, die ihre Jugend streng bewachten, und war im großen und ganzen ein recht zufriedenes Girl.
Jennifer war neunzehn.
Der Sohn des Bäckers hatte sie vor zwei Monaten vergewaltigt. Sie hatte niemandem davon erzählt, weil sie sich schämte. In einem so kleinen Städtchen machten die Leute ohnedies immer gleich aus einem Floh einen Elefanten. Wenn sie davon erfahren hätten, wäre es in Holsworthy nicht mehr auszuhalten gewesen.
»Kommst du heute nachmittag zu uns zum Tee, Jennifer?« fragte Barbara Brown. Sie blinzelte, weil ihr die Sonne ins Gesicht schien.
»O ja, gern«, nickte Jennifer.
»Ich zeig’ dir dann die Prospekte von Griechenland. Herrlich, sag’ ich dir.«
»Fein«, nickte Jennifer. »Bis später dann!«
Sie ging die Straße hinunter.
Barbara
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