004 - Geheimcode Alpha
Schritt auf sie zu und sie öffnete den Mund, wie um etwas zu sagen, wich jedoch – wieder mit diesen ruckartigen, seltsam ungeschlachten Bewegungen – vor ihm zurück.
Ein abstruser Verdacht stieg in ihm empor. Tanya machte den Anschein, als befände sich ein anderer in ihrem Körper, ein Fremder, der erst lernen musste, mit einer ungewohnten Motorik umzugehen. Nichts mehr erinnerte an die natürliche Geschmeidigkeit der jungen Frau, an die Grazie, mit der sie sich sonst bewegte – kein einstudiertes Gehabe, sondern eine Natürlichkeit, die ihr schon in die Wiege gelegt worden war.
Als er los lief, machte Tanya kehrt und stakste unbeholfen davon. Er glaubte, hinter ihren Körperumrissen die Wand des dahinter liegenden Gebäudes durchschimmern zu sehen.
Sie bemühte sich sichtlich, ihm zu entkommen, doch die Beine wollten ihr immer noch nicht gehorchen. Nur ein paar Schritte noch und er hatte sie eingeholt.
»Tanya!«, sagte er und griff nach ihr. Seine Hand drang in ihren Arm ein, als sei er gar nicht vorhanden, fuhr durch ihn hindurch. Einen Sekundenbruchteil überlappten sich ihre Körper, dann empfand er einen stechenden Schmerz und wurde meterweit zurück geworfen.
Hart prallte er auf den Asphaltboden der Straße. Seine Benommenheit währte nur einige Augenblicke, doch als er den Kopf schüttelte, um sie endgültig zu vertreiben und die Augen wieder öffnete, war Tanya Genada verschwunden.
Ken kämpfte sich auf die Füße. Tanya konnte noch nicht weit gekommen sein, allerhöchstens ein paar Meter, um die Ecke des Konferenzgebäudes.
Er setzte ihr nach, bog um die glatte Plastmauer. Vor ihm erstreckte sich auf etwa fünfzig Metern freie, gerodete Steppe bis zum nächsten Gebäude. Keine Spur von Tanya; erst weit hinter dem Gebäude machte er eine Gruppe von Technikern aus, die mit Ausschachtungsarbeiten beschäftigt waren.
Er war nur drei, vier Sekunden benommen gewesen; selbst im Vollbesitz ihrer Kräfte hätte Tanya diese Entfernung nicht in solch kurzer Zeit zurücklegen können. Erst recht nicht, wo ihr die Gliedmaßen nicht zu gehorchen schienen!
Ken schüttelte sich. Er zweifelte an seinem Verstand. Hatte er sich diese Begegnung nur eingebildet?
Nein, irgendeine Kraft hatte ihn in der Sekunde, da er Tanya berührte, zu Boden geschleudert. Und er hatte sie zuvor ganz deutlich erkannt; jeder Zweifel war ausgeschlossen.
Er machte kehrt und lief zurück zum Konferenzgebäude. Eigentlich handelte es sich dabei um einen Rohbau; die große Vorhalle war lediglich mit drei Schreibtischen, die allerdings alle mit voll funktionsfähigen Computerterminals versehen waren, eingerichtet, die in dem gewaltigen Raum geradezu verloren wirkten. Kens Schritte hallten laut auf dem fugendichten Elastoplastboden.
Zwei der Schreibtische waren mit Kommunikationstechnikern besetzt. Der eine erkannte ihn und winkte ihm zu. »Na, endlich, Mr. Randall«, sagte er. »Professor Holmes konnte nicht mehr warten, die Konferenz hat schon begonnen …«
»Verbinden Sie mich mit der Medo-Station!«, unterbrach Ken. Nervös strich er sich mit den gespreizten Fingern der linken Hand durchs Haar.
»Professor Holmes …«
»Nun machen Sie schon!«, fuhr Ken den Mann an.
Schulterzuckend wandte sich der Techniker seinem Terminal zu. Einige Knopfdrücke und der Bildschirm erhellte sich und zeigte den Kopf des Verwaltungstechnikers, dem die Organisation der Krankenstation oblag.
Ken drehte den Bildschirm herum. »Randall«, sagte er und nannte seine Codenummer. »Sicherheitsdienst. Ich brauche den Zustandsbericht von Tanya Genada; sie ist vor wenigen Minuten bei Ihnen eingeliefert worden.«
»Ich sehe nach«, bestätigte der Mann, sichtlich eingeschüchtert von Kens barschem, dringlichem Tonfall. »Einen Augenblick bitte.«
Das Bild löste sich auf und wurde von der ›Bitte-warten‹-Schaltung ersetzt. Kaum zwanzig Sekunden später setzte es sich wieder zu dem Antlitz des Bürokraten zusammen.
»Tanya Genada liegt im Koma«, sagte er. »Lebensfunktionen schwach; eine Diagnose liegt noch nicht vor. Einen Moment …« Er blickte zur Seite, wahrscheinlich zu einem zweiten Bildschirm auf seinem Schreibtisch. »Die Daten des Medo-Scanners haben sich dramatisch verändert. Sie ist aus dem Koma erwacht; alle Funktionen sind wieder normal.«
»Wann hat diese Besserung stattgefunden?«
Außerhalb von Kens Sichtfeld bediente der Mann ein paar Tasten. »Vor nicht einmal drei Minuten«, sagte er. »Soll ich Sie mit dem verantwortlichen
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