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004 - Geister im Moor

004 - Geister im Moor

Titel: 004 - Geister im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.R. Bruss
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nicht mehr sagen. Er stürzte ein Glas Whisky hinunter, als wollte er schreckliche Bilder aus seinem Gedächtnis verjagen. Nach einer Weile griff ich ihn von einer anderen Seite an: »Sie haben mir doch erzählt, das es hier zwei verschiedene Gruppen gibt, die sich hassen. Aber Sie wollten mir nie sagen, warum sie sich hassen. Alte Geschichten, heißt es hier immer. Sie werden mir doch nicht weismachen wollen, das Sie diese Geschichten nicht kennen?«
    Der Doktor füllte sein Glas, zündete sich eine Zigarre an und sagte dann: »Sicher kenne ich sie. Zumindest in etwa. Aber das ist alles so lange her und ziemlich wirr. Legenden, die sich durch die Jahrhunderte hindurch erhalten haben. Und dieser Hass ist wie jeder Hass absurd, aber nicht auszurotten. Ist Ihnen hier nicht noch etwas aufgefallen?«
    »Es gibt wenig Kinder.«
    »Das habe ich nicht gemeint, aber Sie haben recht. Man könnte meinen, die Leute haben Angst, welche in die Welt zu setzen. Und die jungen Leute, wenn sie fünfzehn oder sechzehn sind, verschwinden nach New Guilclan, um dort in den Hotels zu arbeiten. Sie entfliehen dieser bedrückenden Atmosphäre, die Ihnen so teuer ist, verehrter Meister. Aber das meinte ich nicht, wie gesagt. Haben Sie nicht bemerkt, dass es hier im Grunde genommen zwei völlig verschiedene Menschentypen gibt?«
    Ich überlegte einen Augenblick. »Ja, das ist wahr«, sagte ich dann. »Es ist sogar ziemlich auffallend, wenn man darüber nachdenkt.«
    »Allerdings … Die einen sind blond und ziemlich groß – zweifellos Kelten. Die anderen sind braun – bis schwarzhaarig, zum Teil sehr dunkle Typen, meistens klein und untersetzt. Ich weiß nicht, woher sie stammen, vermutlich aus dem Orient. Aber das muss vor Jahrhunderten gewesen sein. Und die alten Geschichten? Nun, sie werden wohl einen wahren Kern haben, aber Genaues weiß niemand. Es gibt keine Aufzeichnungen darüber. Es wird von Generation zu Generation weitergegeben, aber Fremden gegenüber spricht man nicht davon.«
    »Zunächst einmal – was mir sehr wahrscheinlich klingt – das es vor langer Zeit zwei mächtige Lehnsherren hier gegeben hat: die Familie Salforth und die Familie Ludmar. Die Familie Salforth existiert immer noch, und dass es die Ludmar auch einmal gegeben hat, beweisen die nach ihnen benannten Ruinen auf dem Plateau. Und die Ludmar waren bestimmt dunkel und untersetzt.«
    »Das ist interessant, aber nichts Besonderes.«
    »Warten Sie. Die Legende besagt, dass die beiden Familien während mehrerer Generationen soweit ganz gut miteinander auskamen. Und dann änderte sich das plötzlich, und es gab ein Drama – wegen irgendetwas, das ein gewisser Moro Ludmar einem gewissen Eric Salforth antat oder umgekehrt. Das muss im 13. oder 14. Jahrhundert gewesen sein, ich weiß es nicht genau, aber jedenfalls ist es ziemlich lange her. Moro Ludmar soll ein mächtiger Magier gewesen sein, und Eric ließ ihn wegen Hexerei verhaften, verurteilen und hinrichten und sein schönes Schloss zerstören.
    Das Merkwürdige dabei ist, das damals auch die Salforth den Ruf hatten, sich recht gut in der Magie auszukennen. Nun ja, Sie wissen ja, was ich von Hexerei und alledem halte.«
    Ich hatte mit großer Aufmerksamkeit zugehört.
    »So etwas ist früher wohl öfter vorgekommen und nichts Besonderes«, fuhr der Doktor fort. »Das Tragische daran ist, das man noch heute daran denkt. Hier hasst man sich immer noch wegen dieser alten Geschichte – nach mehreren hundert Jahren! Und alle haben Angst, sogar jene, die später hierher gezogen sind. Wahrscheinlich liegt es daran, das wir so abgeschieden leben und sämtliche Einwohner Guilclans mehr oder weniger die Nachkommen der ersten Salforth und der ersten Ludmar sind – oder die Nachkommen ihrer Verwandten. Diese Nachkommen haben sich übrigens untereinander nie gemischt. Wenn man der Sache auf den Grund geht, handelt es sich um einen alten Rassenhass, der immer wieder auf gewärmt und mit Geschichten von Hexerei, Verwünschungen und Unheilskündungen angereichert wird.«
    »Ihre Erklärung klingt logisch.«
    »Aber sicher. Wenn Sie bei Ihren Spaziergängen einmal darauf achten, wird es Ihnen ganz leicht fallen, die charakteristischsten Typen der beiden Gruppen herauszufinden. Guatl ist ein Ludmar von Kopf bis Fuß.«
    Ich war dem »Magier« Guatl inzwischen auch begegnet, und er hatte einen beachtlichen Eindruck auf mich gemacht: ein ziemlich kleiner, breitschultriger, braunhäutiger Mann mit schmalem Gesicht und glutvollen

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