004 - Kerry kauft London
gelüftet. London war starr. Man ging seiner Beschäftigung nach, während es im Kopf von Zahlen wirbelte. Die Presse widmete der außerordentlichen Geschichte ganze Spalten.
»King Kerry hat London gekauft!« Diese packende Überschrift lief quer über eine ganze Seite des Examiner.
Die Übertreibung war entschuldbar. Wenn Kerry auch nicht ganz London gekauft hatte, so war er doch in das Herz Londons eingedrungen und hatte es mit einem breiten Gürtel von Geschäftsstraßen umgeben.
London sollte umgestaltet werden. Bei seinen Plänen war Kerry außerordentlich geschickt zu Werke gegangen, indem er das unveräußerliche Krongut und den Besitz der stahlharten Grundbarone umging. Eine kurze, vortreffliche Gesamtdarstellung des Plans fand man im Evening Herald, der aus erster Quelle schöpfte. Danach sollte:
… der größte Teil der Grundstücke zwischen dem südlichen Ende des Portland Place im Norden, der Vigo Street im Süden, der Bond Street im Westen und der Dean Street im Osten niedergelegt werden und ein großer Platz mit Namen Imperial Place an ihre Stelle treten. Dieser Platz, mit Ausnahme des Baugeländes an den vier Seiten des Platzes, sollte der Nation geschenkt werden.
Eine neue Wohnvorstadt mit Häusern, deren Miete hundertfünfzig bis zweihundert Pfund jährlich betragen würde, sollte auf dem südlichen Ufer der Themse in Lambeth zwischen Blackfriars und Westminster und zwischen Blackfriars und Southwark entstehen.
Hierdurch werden sämtliche Slums zwischen dem Fluß und der unter der Bezeichnung Elephant and Castle bekannten Straßenkreuzung beseitigt.
»Ich beabsichtige«, sagte Kerry in einem Interview, »auf dem Südufer des Flusses ein zweites › Champs-Elysee ‹ zu schaffen. Zwischen Westminster Bridge Road und Waterloo Road werde ich eine vornehme Allee mit Häusern für die Reichen anlegen. Sie wird bis fast an das Wasser gehen und an beiden Enden mit einem Triumphbogen abschließen, der sich mit dem Arc de Triomphe wird messen können.«
Er hatte eine interessierte Menge von Zeitungsberichterstattern in seinem Büro versammelt.
»Was wollen Sie mit den Leuten machen, die Sie aus ihren Wohnungen vertreiben, Herr Kerry?« fragte einer der Journalisten. »Ich denke hier natürlich an die Slum-bewohner, die einen Anspruch darauf haben, möglichst in der Nähe ihrer Erwerbsstelle zu wohnen.«
»Ich habe Vorsorge getroffen«, erwiderte King Kerry. »Ich erkenne die Notwendigkeit an, in dieser Beziehung sehr umfangreiche Maßnahmen zu treffen. Ich werde meine eigenen Slums schaffen.« Er lächelte. »Es ist ein häßliches Wort, und ich benutze es nur, um einen übervölkerten Stadtteil damit zu bezeichnen. Ich werde natürlich keinen Versuch machen, für den Bettler, den Halbbettler und das, was ich › die gelegentlich umherstreifende Volksklasse ‹ nennen möchte, Vorsorge zu treffen. Nach meiner Ansicht ist eine Familie arm, wenn alle erwachsenen Glieder der Familie mit vereinten Kräften nur zwei Pfund in der Woche verdienen. Für diese errichte ich an verschiedenen Stellen in meinem Wohngürtel Genossenschaftswohnungen.«
Er nahm aus einer großen Mappe eine Reihe von Zeichnungen und legte sie den sich herandrängenden Presseleuten vor.
»Sie werden erkennen, daß wir in den Entwürfen den Aufriß einiger der schönsten Londoner Hotels kopiert haben. Ich glaube allerdings sagen zu können, daß wir darüber hinausgegangen sind. Diese Gebäude werden in sich absolut vollkommen sein. Als Mieter werden nur solche Leute zugelassen, die mit dem Genossenschaftswesen einverstanden sind. Läden, in denen man alles haben kann, werden in dem Gebäude selbst sein; ferner Bäder, Turnräume, Spielplätze, eine Krankenstation, eine Kleinkinderbewahranstalt und eine allen zugängliche Bücherei.
Jedes Gebäude wird sich selbst Verwalten, wird einen Arzt, Zahnarzt und ausgebildete Pflegerinnen haben.
Eine Fahrstuhlanlage wird das höchste Stockwerk ebenso bequem erreichbar machen wie das niedrigste - in der Tat werden für die höchsten Stockwerke die teuersten Mieten erhoben werden. Die Beliebtheit der Untergrundbahn ist hierfür hauptsächlich verantwortlich. Vor fünfzehn oder zwanzig Jahren hätten die Bewohner eines solchen Gebäudes einen Fahrstuhl - oder wie sie hier sagen: Lift - mit Mißtrauen betrachtet. Heutzutage sehen sie ihn als zum täglichen Leben gehörig an. Alle Angestellten der Gemeinde haben sich an die Anordnungen einer Kommission zu halten, die von den Mietern selbst
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