0041 - Unser falscher Taxi-Chauffeur
verabschiedete sich. Ich blieb mit gemischten Gefühlen zurück. Wir wußten jetzt mit Sicherheit, daß in New York ein Erpresser am Werk war, der sich eigenartigerweise Kriegsversehrte als Opfer seiner Tätigkeit ausgesucht hatte. Sowohl Carson als auch Zero waren schwer kriegsbeschädigt. Dieser Zusammenhang konnte kaum zufälliger Art sein. Aber was er zu bedeuten hatte, das war mir auch noch nicht klar.
Nach einer Weile erschien Phil mit verschlafenem Gesicht in der Tür.
»Warum hast du mich nicht geweckt?« gähnte er. »Meine vier Stunden sind längst rum!«
»Ich bin nicht mehr müde«, gab ich zur Antwort. »Außerdem wäre ich in der letzten Stunde nicht dazugekommen, dich zu wecken, denn ich hatte ziemlich interessanten Besuch. Sieh dir mal dieses Protokoll an, mein Alter.«
»Donnerwetter!« sagte er. »Schon der zweite! Das läßt darauf schließen, daß es auch noch mehr sind. Der Bursche scheint die Sache in großem Stile zu betreiben.«
»Leicht möglich«, gab ich zu. »Aber mir gibt eines zu denken: Erpresser gehen im allgemeinen von der Tatsache aus, daß sie etwas schwer Belastendes von dem Erpreßten wissen. Sie lassen sich gewissermaßen Geld dafür bezahlen, daß sie etwas nicht verraten, was dem Zahlenden irgendwie großen Schaden zufügen würde. Ist das in unseren beiden Fällen der Fall?«
Phil zuckte die Achseln.
»Kann sein, kann aber auch nicht sein. Dafür, daß der Erpresser wirklich etwas Belastendes von seinen Opfern weiß, spricht folgender Tatbestand: Die beiden Erpreßten, die sich bis jetzt bei uns gemeldet haben, sind beides Veteranen aus dem Koreakrieg. Haben Sie vielleicht etwas ausgefressen, was dem Erpresser bekannt ist? Vielleicht gemeinsam an der Front etwas verbockt, was ihnen noch jetzt schaden könnte, wenn es der Mitwisser verraten würde?«
»Diese Möglichkeit besteht. Aber ein Umstand spricht dagegen: Der Erpresser erwähnt in beiden Briefen nicht ein einziges Mal, daß er etwas Schädigendes von seinen Opfern weiß. Diese Anspielung ist in Erpresserbriefen doch sonst immer vorhanden. Warum nicht auch hier?«
Phil nickte.
»Stimmt. Vielleicht weiß der Erpresser also nichts von seinen Opfern und versucht es eben mit der bloßen Drohung, daß er sein Opfer innerhalb einer Woche töten will, wenn es nicht zahlt. Dafür, daß der Erpresser nichts Belastendes weiß, spricht einmal diese Drohung und zum anderen der Umstand, daß die Erpreßten so prompt mit den Briefen zum FBI gekommen sind. Wer aus irgendwelchen Gründen ein schlechtes Gewissen hat, vermeidet es meistens, sich mit der Polizei in Verbindung zu setzen, wenn er erpreßt wird.«
»Auf jeden Fall steht für uns eines fest: Der Erpresser hängt sich aus irgendeinem Grunde an Kriegsversehrte. Diesem Umstand muß eine gewisse Bedeutung beigemessen werden. Frage ist nur: welche? Ich glaube, wenn wir wüßten, warum er es gerade bei Kriegsverletzten tut, dann wüßten wir auch, wer der Erpresser ist.«
»Auf alle Fälle finde ich es unter aller Kritik gemein, gerade Krüppel auszupressen«, brummte Phil. »Sieht ja fast so aus, als ob sich der Kerl an gesunde Menschen nicht herantraute.«
Wir wurden unterbrochen, weil der Kollege, der im Fingerabdrucklabor den Bereitschaftsdienst hatte, den von Carson eingereichten Brief zurückbrachte.
»Fingerabdrücke von zwei verschiedenen Männern. Jedenfalls schließe ich aus der Größe der Fingerabdrücke, daß es Männer waren, die sie verursacht haben.« Ich war überrascht. Zwei Männer? Einer von beiden war natürlich Carson, der ja den Brief geöffnet hatte, gelesen und also in der Hand gehalten hatte. Aber der zweite? Sollte es der Erpresser sein?
»Eigenartigerweise sind die zweiten Abdrücke nur an den äußeren Ecken des zusammengefalteten Bogens«, erklärte unser Kollege und zeigte uns genau die Stellen, wo er die Fingerspuren gesichert hatte.
Meine Überraschung wandelte sich in eine handfeste Enttäuschung. Es waren genau die Stellen, wo ich den Bogen angefaßt hatte, um ihn auseinanderzufalten. Mit dieser Hoffnung war es also nichts, wie ich von Anfang an auch erwartet hatte.
»Schade«, meinte Phil, als unser Kollege wieder gegangen war. »Der Erpresser scheint ein verdammt vorsichtiger Mann zu sein.«
In diesem Augenblick bimmelte bei uns wieder einmal das Telefon. Da Phil näher am Apparat stand, hob er den Hörer ab und lauschte. Ich sah seinem Gesicht sofort an, daß sich etwas ereignet haben mußte. Aber Phil nickte auch schon und
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