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0042 - Herr der wilden Wasser

0042 - Herr der wilden Wasser

Titel: 0042 - Herr der wilden Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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die Schar der Urzeitmenschen.
    Drei, vier von ihnen sprangen auf, näherten sich mit ehrfürchtig gesenkten Köpfen. Entsetzt sah Nicole, dass die Männer genau auf sie zukamen. Verzweifelt wälzte sie sich herum, wollte aufspringen – doch sie war einfach noch zu benommen, um es schnell genug zu schaffen.
    Ganz davon abgesehen, dass sie ohnehin keine Chance besessen hätte. Sie war eingekreist, war rettungslos gefangen. Harte, schwielige Fäuste packten sie, zerrten sie um das Feuer herum, und im nächsten Moment lang sie auf dem schwarzen Basaltblock und konnte sich nicht rühren.
    Zwei von den bärtigen, in zottiges Fell gekleideten Gestalten knieten links und rechts von dem Stein und hielten die Arme ihres Opfers. Nicole stöhnte vor Schmerz. Aus flackernden Augen starrte sie den Alten an, jenen unheimlichen Magier, der Macht über Zeit und Raum besaß, und bemerkte voller Entsetzen den Ausdruck wilden Triumphes in seinen Augen.
    Wieder hob er die Stimme. Und diesmal formten sich die fremdartigen Laute in Nicoles Gehirn zu Worten ihrer eigenen Sprache.
    »Du wirst sterben«, rief der Alte. »Sterben als Opfer für die Götter, die dir dafür in einer anderen Dimension das ewige Leben schenken. Du wirst das Werk fortsetzen, das ich nicht vollenden konnte. Zehnmal hundert Jahre sind vergangen. Zehnmal bin ich zurückgekommen in eure Menschenwelt, und beim zehnten Mal sollte euer Geschlecht hinweggefegt werden von dieser Erde und wieder Platz machen für die alten Götter. Du aber hast mir widerstanden und bist mir entflohen, und wenn eines einzigen Menschenwesens Geist mir widersteht, so ist meine Macht gebrochen. Für immer werde ich verharren in meinem Zwischenreich, so lautet die Prophezeiung. Du aber wirst auf die Welt zurückkehren und den Menschen den Tod bringen. Zehnmal hundert Jahre werden vergehen. Zehnmal hundert Jahre wirst du keine Ruhe finden, und dann wirst du mein Werk vollenden…«
    »Nein!«, flüsterte Nicole.
    Und dann schrie sie, gellend, mit sich überschlagender Stimme:
    »Nein! Nein, nein…«
    Aber sie konnte sich nicht regen, wurde erbarmungslos festgehalten, und keine gnädige Ohnmacht erlöste sie, als der Alte vom Meer den Stab hob und ausholte zu einem mörderischen, vernichtenden Schlag…
    ***
    Zamorra und Bill Fleming hatten den Rand der Felsenterrasse schon einige Minuten vorher erreicht.
    So gut wie lautlos waren sie herangeschlichen, unbemerkt von den Menschen, die einen Halbkreis um das hoch lodernde Feuer und den Basaltblock am Fuß der Felswand bildeten. Zamorra verharrte, spähte mit zusammengekniffenen Augen durch die Lücke zwischen den schützenden Steintrümmern. Bill kauerte dicht hinter ihm, und der Blick des jungen Historikers spiegelte das ganze fassungslose Staunen, das er empfand.
    »Cro-Magnon-Menschen«, flüsterte er. »Der Teufel mag wissen, wie sie hierher kommen. Ich wüsste nicht, dass auf Island jemals größere Funde bekannt geworden wären.«
    »Jedenfalls müssen sie sich entschieden mehr wundern als wir.«
    Zamorras Blick hing an Nicole, beobachtete, wie seine Sekretärin allmählich wieder zu Bewusstsein kam, sich umsah, ihre Situation zu begreifen suchte. »Was werden sie in ihr sehen?«, fragte er gepresst.
    »Eine Gottheit? Eine Art Beute? Eine Bedrohung, die sie vernichten?«
    Bill antwortete nicht.
    Es gab keine Antwort. Aus schmalen Augen starrte der Professor zu der Felsenterrasse hinüber – und genau wie Nicole bemerkte er sofort den seltsamen Lichtschein, der sich an einer bestimmten Stelle zwischen dem Basaltblock und der Steilwand bildete.
    Der Weißbärtige erschien.
    Der »Alte vom Meer«, den Zamorra inzwischen schon zu kennen glaubte, obwohl er nicht wusste, woher dieser Magier kam, was er war und welcher Welt er wirklich entstammte. Hierher, zu den Mammutjägern der Urzeit, gehörte er jedenfalls nicht – denn die Menschen in ihren struppigen Tierfellen erstarrten förmlich vor der geisterhaften Erscheinung, warfen sich mit allen Anzeichen des Entsetzens nieder und verbargen ihre Gesichter an der Erde.
    Der Alte hob die Stimme, begann zu sprechen.
    Weder Zamorra noch Bill verstanden ihn – aber die Vorzeit-Menschen schienen zu begreifen, was er von ihnen wollte.
    Zwei von ihnen sprangen auf, packten Nicole, die sich vergeblich zu wehren versuchte.
    Mit Gewalt wurde sie zu dem Basaltblock geschleppt und auf den schwarzen Stein geworfen. Ihre Bezwinger hielten sie an den Armen, sodass sie sich nicht rühren konnte. Reglos und

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