0044 - Der Flammenteufel
»Nein, Nicole. Tut mir Leid. Aber morgen geht es um Tod und Leben. Und du warst schon einmal in der Klauen des Ungeheuers.«
Dann wandte er sich ab und betrat seine Wohnbaracke.
Nicole Duval blieb nachdenklich stehen. Vergeblich suchte sie nach einer Möglichkeit, Zamorras Verbot auszuweichen und morgen an Ort und Stelle zu sein. Aber sie fand keinen Ausweg.
Schließlich war sie froh darüber, dass Morencita auftauchte. Das Indiomädchen verstand zwar ihre Sprache nicht, aber Nicole machte sich so gut wie möglich verständlich. Mit vielen Handzeichen, schließlich mit ein paar schnell in den Sand gekritzelten Zeichnungen versuchte sie, Morencita verständlich zu machen, was sie beabsichtigte.
Aber es schien unmöglich, ihren Plan durchzuführen.
***
Nick Pensley war es, der Zamorra am nächsten Morgen als erster begrüßte.
»Tut mir Leid, Professor, aber ich werde Les Babos heute im Camp brauchen. Er muss das Ausladen von ein paar Lastwagen voll neuer Vorräte überwachen.«
»Macht nichts«, sagte Zamorra. »Ich werde Capitan Lorenzo bitten, mich zu fliegen. Und außerdem kann ich notfalls mein eigener Pilot sein.«
Lorenzo war mit Begeisterung bereit, Zamorra als Pilot zu dienen.
»Dann bin ich nicht ganz so unnütz, wie ich in den letzten Tagen war«, sagte der Polizeibeamte.
»Vergessen Sie die kleine Schlappe«, sagte Zamorra. »Und der Tod Ihrer Männer wird heute endgültig gerächt.«
»Zamorra!«, rief Nick Pensley im Vorbeigehen. »Ihr Päckchen habe ich schon in den Hubschrauber legen lassen.«
»Danke!«, rief Zamorra zurück.
»Was für ein Päckchen?«, wollte Capitan Lorenzo wissen. Ihm war Nick Pensleys Augenzwinkern nicht entgangen.
»Kleines Fluggeheimnis«, sagte Zamorra. »Ich möchte Sie bitten, Capitan, sich gegen elf Uhr zum Abflug bereit zu halten.«
Und Lorenzo war pünktlich. Er saß schon im Hubschrauber, als Zamorra kurz vor elf Uhr an der Startstelle erschien.
»Fliegen Sie los, Capitan«, sagte der Professor, als er eingestiegen war.
Sofort setzte Lorenzo ab, ließ den stählernen Vogel in die Lüfte surren und zog den Steuerknüppel herum. Sie nahmen Kurs auf Machu Picchu.
Dann kamen bange Minuten des Wartens. Zamorra hatte dem Capitan die Stelle angewiesen, wo er gestern selbst gelandet war.
»Bleiben Sie am besten im Hubschrauber«, sagte er. »Fuego Bravo könnte nervös werden, wenn er zwei Männer sieht. Immer sind es die Heimtückischen, die zuerst Verdacht schöpfen.«
Lorenzo nickte zustimmend und stieg in den hinteren Teil des Hubschraubers. Durch ein kleines, lukenartiges Fenster würde er beobachten können, wie Zamorra zum Sturz ansetzte. Und auch das gegenüberliegende Plateau konnte er im Auge behalten, ohne selbst gesehen zu werden.
Träge schlichen die Minuten dahin. Zamorra glaubte schon, dass Fuego nicht erscheinen würde. Aber dann würde er sich drüben absetzen lassen und den Dämon aus seiner Höhle herausholen. Das war die Stunde der Vergeltung, und Zamorra ließ sich das Heft nicht mehr aus der Hand nehmen.
Die Sonne stand fast senkrecht über der alten Inkastadt. In wenigen Minuten würden ihre Strahlen direkt auf die Spitze der alten, ehrwürdigen Wohn- und Kultstätte fallen.
Und da erschien Fuego Bravo drüben im Ausgang der Höhle. Er gab sich Mühe, würdevoll zu erscheinen. Mit gemessenen Schritten kam er bis zum Rand des Plateaus. Zamorra schnallte sich das »Päckchen« auf den Rücken.
»Wo ist der Mann, der bis zehn zählen soll?«, rief der Dämon herüber.
»Er wird im Camp gebraucht«, rief Zamorra zurück. »Ich werde selbst zählen. Und wir springen gemeinsam. Bist du bereit?«
»Fuego ist bereit«, sagte der Dämon.
Und Zamorra zählte. Fünf, sechs, sieben… da sah er, dass Fuego Bravo ein paar Schritte zurückwich.
»Hat der große Geist der Berge Angst bekommen?«, rief Zamorra ihm entgegen.
»Keine Angst«, kam es zurück. »Fuego nimmt Anlauf für den Sprung.«
Zamorra nickte und zählte. Acht… neun … zehn.
Dann sprang er.
Noch im Flug sah er nach oben. Und erkannte, dass seine Vermutung richtig gewesen war. Fuego war nicht gesprungen. Für ihn war der Professor bereits ein toter Mann… Mit ausgebreiteten Armen flog Zamorra in die Schlucht.
Zamorra konzentrierte sich ganz auf den Sturz in die unergründliche Tiefe der Schlucht. Nur wenige Sekunden durfte er den freien Fall noch wagen. Wie viel Meter hatte er zurückgelegt? Dreihundert jetzt, vierhundert…
Zamorra schätzte die Höhe ab.
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