0045 - Der Höllensumpf
leicht peinlichen Beigeschmack zu nehmen, doch sie wusste im selben Augenblick, dass sie mit ihrem krampfhaften Einwurf eher das Gegenteil erreicht hatte. Bill Fleming schaute sie an. Anders als sonst. Und er rang sich ein schales Grinsen dabei ab.
»Ihr wisst«, sagte er, »dass ich stolz darauf bin, ein Amerikaner zu sein.« Und mit einem leichten Zwinkern in Richtung Professor Zamorra fuhr er fort: »Auch wenn du es für eine Todsünde hältst, einen reifen Bourbon mit Eisstücken zu verwässern.« Schon wurde er wieder ernst. »Aber wenn ihr wollt, werde ich euch ein Stück Amerika zeigen, wie ihr es noch nie gesehen habt. Wir mieten uns ein Boot und fahren zu den Seminolas. Hoffentlich finde ich den Weg noch.«
»Okay«, sagte Professor Zamorra. »Ich habe nichts dagegen.«
***
Etwa um dieselbe Zeit meldete sich Aldo Terzano bei Bernard Luxington. Das heißt, er ließ sich melden, denn zu Luxington konnte man nicht so einfach hineinspazieren und so nebenbei einmal »Guten Tag« sagen.
Zu Luxington war überhaupt sehr schwer vorzudringen, denn auch er gehörte zu den Männern des Triumvirats, das die Unterwelt Südfloridas bis hinunter nach Key West fest im Griff hatte.
Bernard Luxington bewohnte eine prunkvolle Villa im Westen der Stadt. Das Gebäude saß wie eine Königskrone auf einem der Hügel, die Miami Beach umgeben, und es ähnelte zumindest vom Baustil her dem Spielcasino von Monte Carlo.
Nicht ganz zu Unrecht, denn der einzige Casinodirektor, der in Monte Carlo je mit der vollen Kasse durchgebrannt war, hatte es in einem Anflug von Zynismus so erbauen lassen. Luis Pietagere war um diese Zeit in den Staaten sicher gewesen. Die Engländer befanden sich damals mit den Franzosen im Krieg, und England war es, das seinen Anspruch auf den gesamten nordamerikanischen Kontinent in jenen Tagen durchsetzte.
Bisher befand sich Aldo Terzano noch im pompösen Empfangsraum. Einmal erst war er hier gewesen. Deshalb verstrichen die Minuten, die er warten musste, sehr schnell. Bei seinem ersten Besuch war er nur ungeduldig durch diese Empfangshalle geschleust worden. Er hatte keine Muße gehabt, den Raum und seine schlossartige Architektur zu bewundern. Jetzt fiel ihm das leicht, und er nährte dabei den Hintergedanken, dass er in nicht allzu langer Zeit hier wohnen konnte. Ein wahnwitziger Sprung. Hier ein trostloses Dorf in den Bergen Siziliens – da ein Palast. Aldo Terzano erschien er inzwischen nicht mehr allzu hoch. Er verfügte schließlich über eine »Brücke«, die er überallhin schlagen konnte.
Auch hinein in das Prunkpalais eines Luis Pietagere.
Aldo Terzano war selbst am meisten über die Wirkung seiner Befehle erstaunt gewesen, die er diesem Narbigen gegeben hatte, der nicht zu töten war, und der doch in seinem Auftrag – für Terzanos Begriffe – einträgliche Wunder brachte.
Der Sizilianer hatte sich satt gesehen. Ein paar Putten würde er abnehmen lassen, dachte er. Sie grinsten zu hämisch in die Halle hinunter.
Bevor Terzano sich langweilte, wurde er angerufen. Der baumlange Neger kam wieder – er trug eine rote Livree –, der ihn schon am Portal empfangen hatte, und dem Terzano gesagt hatte, er wüsste Näheres über das unerwartete Ableben eines Mister Chris Moreno.
»Mister Terzano? Wenn Sie mir bitte folgen wollten?«
Terzano wollte. Er nickte gnädig und ging dem Neger nach. Er hatte Mühe, dessen riesigen Schritten zu folgen, und irgendwie ärgerte es ihn, dass ein Neger größere und raumgreifendere Schritte machen konnte als er.
Ich werde ihn nicht behalten! schoss es ihm durch den Kopf.
Aldo Terzano war nicht sehr groß, und wie viele kleine Männer litt er darunter, wenn andere ihm auf den Scheitel schauten. Auch Bernard Luxington war groß.
Aldo Terzano grinste bei dem Gedanken daran, wie klein Luxington sehr bald sein würde. Er, Aldo Terzano, hatte schließlich ein Bild von Soro…
Und er hatte damit ein Rezept, an die Spitze des Syndikats vorzudringen. Ein tödliches Rezept. Tödlich nur für andere natürlich.
Hinter der Empfangshalle dehnten sich die Büroräume. Der prächtigste davon war Bernard Luxingtons Arbeitszimmer. Es hatte eine kleine Terrasse, die hinter das Haus in einen Park führte. Auch beim Originalgebäude in Monte Carlo gibt es diese Terrasse. Dort wird sie nicht genutzt. Ihr ist die Garderobe vorgelagert.
Aldo Terzano klemmte die Miami-Beach-Gazette unter seinen Arm. Wenn er es sich eingestanden hätte, dann fühlte er sich doch nicht ganz
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