0045 - Der Höllensumpf
Jeder ist ersetzbar, Mister Terzano…«
Er spuckte den Namen geradezu aus. Es hätte noch dazu gepasst, wenn er sich angeekelt geschüttelt hätte.
Terzano grinste, und die Selbstsicherheit des Sizilianers war es wohl, die Bernard Luxington am meisten irritierte.
»Meine Trümpfe sind schon in Ordnung«, sagte Aldo Terzano und ging auf die Stelle vor dem Schreibtisch zurück. Der Pistolenlauf wanderte mit. Der kleine Gangster wies mit dem Finger auf die beiden Zeitungen auf dem Schreibtisch. »Sie haben sicher das Bild mit diesen Augen gesehen.«
»Eine miserable Montage«, keuchte Bernard Luxington.
»Keine Montage«, sagte Terzano. »Ich werde Ihnen später eine Ganzaufnahme von diesem Wesen zeigen. Aber vorher möchte ich noch auf etwas anderes zurückkommen. Sie haben soeben gesagt, dass niemand unersetzlich sei. Damit haben Sie mir aus der Seele gesprochen. Ich meine, dass auch Chris Moreno nicht unersetzlich war. Deshalb möchte ich gerne seine Stelle einnehmen. Natürlich auch seinen Anteil an den Einnahmen.«
»Sie…!«
Wieder keuchte Bernard Luxington. Terzano fühlte, dass er den Mann nicht mehr sehr reizen durfte, sonst schoss er einfach drauflos. Terzano lenkte mit einer beschwichtigenden Geste ein.
»Lassen Sie mich erst erklären«, sprudelte es aus ihm hervor. »Lassen Sie sich alles erst erklären, Mister Luxington.«
Aber Luxington schien nicht mehr so sehr gewillt zu sein, sich etwas erklären zu lassen. Terzano hatte sein Blatt überreizt. Eine wilde Entschlossenheit leuchtete in den Augen des Greises. Terzano blieb gar keine andere Wahl mehr. Dabei war er nur hergekommen, um mit Luxington zu reden. Zu spät. Er hatte die ganze Unterredung mit seinem überheblichen Getue verpatzt. Zumindest wusste er jetzt, dass man zuerst Trümpfe zeigen musste, bevor man Forderungen stellte.
Nun – Luxington sollte seine Trümpfe zu Gesicht bekommen.
Als die erste Kugel über ihn hinwegkrachte, hatte Aldo Terzano sich schon fallen lassen. Und noch im Fallen riss er das Bild seines geheimnisvollen mordlüsternen Dieners aus der Sakkotasche. Der Sizilianer rollte sich hinter einen Sessel, dessen wuchtige Lehne auch noch den nächsten Schuss abfing.
Intensiv dachte Terzano an dieses Wesen, an dieses Geschenk des Teufels. Es dauerte keine drei Sekunden, bis es mitten im Raum materialisierte. Luxington hörte auf zu schießen. Terzano hörte ihn aufgeschreckt keuchen. Hatte der Mafioso die Augen schon jetzt wiedererkannt? War es ihm schon jetzt bewusst geworden, dass das Bild in der »Gazette« keine miserable Fotomontage sondern Bestandteil einer grauenhaften Wirklichkeit war?
Aldo Terzano tauchte aus seinem Versteck hoch. Auch er hielt jetzt einen Revolver in der Hand, doch er brauchte ihn nicht mehr abzudrücken. Außerdem war er zu fasziniert von dem Bild, das sich ihm da bot.
Soro hatte sich einfach über den Schreibtisch gebeugt und Luxington am Hals gepackt. Der Obergangster hatte keine Chance.
Terzano war grau im Gesicht geworden. So schrecklich hatte er sich das nicht vorgestellt gehabt. Ein Würgen saß ihm plötzlich in der Kehle. Er hätte sich wohl übergeben, wenn nicht der weitere Ablauf des Geschehens seine volle Aufmerksamkeit erfordert hätte. Die beiden Schüsse, die Luxington noch hatte abgeben können, waren im Haus natürlich nicht ungehört geblieben. Schnelle Schritte polterten durch den Vorraum. Terzano hielt seinen Revolver im Anschlag und richtete ihn auf die Tür. Zwischen ihm und ihr stand Soro neben der Leiche des Mafioso.
Da wurden beide Flügel des Eingangs aufgerissen. Das erste, was in den Raum ragte, war ein Pistolenlauf. Ihm folgte der Kopf des Lakaien. Der Mann in Livree schoss sofort. Seine Auffassungsgabe musste ungeheuer sein. Er hatte dieses zernarbte Wesen treffen wollen, doch Terzano schrie auf. Um ein Haar wäre ihm die Waffe entfallen. Die Kugel hatte seinen Oberarm gestreift, nachdem sie durch das Wesen hindurchgegangen war wie durch einen Nebel.
Die eine Erfahrung machte Terzano immerhin dabei: Soro konnte ihn nicht vor Kugeln retten.
Deshalb schoss der gedrungene Sizilianer sofort zurück. Er traf nicht. Doch da war Soro schon an seinem neuen Opfer.
Aldo Terzano musste sich abwenden.
Der Arm, mit dessen Hand er das Bild des Wesens gehalten hatte, schmerzte. Das Foto entglitt seinen Fingern.
Im selben Augenblick ließ Soro von seinem Opfer ab und stürzte sich brüllend auf das kleine Rechteck mit dem elfenbeinfarbigen Rand. Terzano war nur einen
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