0046 - Das Haus der Verfluchten
erzählte.
»Sie gingen in die Mitte des Hofes. Ich versuchte gerade, die Erscheinungen zu beschwören, und hatte Sie einen Moment aus den Augen gelassen. Es war knapp, aber Sie haben nur einen Schlag mit der Peitsche ertragen müssen. Dann konnte ich mit Hilfe meines Amuletts die fünf Söhne des Barons Bradois vertreiben. Dann erwachten Sie und rieben sich den Rücken und stöhnten, weil er Ihnen wehtat.«
»Aber dann ist das alles ja Wirklichkeit gewesen, was wir gesehen haben?«, stieß Lucille Renard in einem seltsamen Tonfall hervor.
»Ja, für eine Stunde sahen wir Dinge aus der Vergangenheit«, bestätigte Professor Zamorra, »und wenn Sie allein gewesen wären, hätte man Sie als Erbin des Schlosses heute Nacht zu Tode gepeitscht.«
Lucille Renard war eine junge Frau, die in die Gegenwart passte.
Das hatte ihr aber nicht den Blick für andere Dinge getrübt. Außerdem studierte sie Psychologie und war bereits mehrmals mit unerklärlichen Dingen konfrontiert worden.
Nicht zuletzt das von Professor Zamorra an der Sorbonne gehaltene Seminar über Parapsychologie hatte ihre geistige Einstellung zu diesen Dingen erweitert.
Sie richtete sich auf, merkte, dass sie immer noch mit entblößtem Oberkörper im Bett lag und ließ sich langsam wieder sinken.
»Ich möchte mich anziehen«, sagte sie. »Außerdem brauche ich einen Spiegel. Ich fühle zwar, dass mein Rücken brennt, aber ich möchte doch sehen, was das ist! Herr Professor, ich glaube Ihnen. Zwar kann ich noch nicht alles akzeptieren, aber ich glaube Ihnen. Verlassen Sie sich darauf, dass ich Sie in jeder Weise unterstützen werde.«
Dann lächelte sie und sagte noch: »Nur weiß ich nicht, wie ich helfen kann, den Spuk von Schloss Bradois zu vertreiben.«
»Gehen wir«, sagte Zamorra. Als er als letzter die Tür durchschritt, drehte er sich noch einmal um.
»Sie unterstützen mich bereits dadurch, dass Sie hier sind. Ohne Ihre Person würden die Erscheinungen gar nicht sichtbar. Es ist ein Fluch, der eng auf die Familie der Bradois bezogen ist. Wenn Sie Schloss und Ländereien verkauften, würde der neue Besitzer niemals etwas von übersinnlichen Dingen bemerken.«
Erregt richtete sich das Mädchen auf. »Das kommt überhaupt nicht in Frage. Auf jeden Fall muss der Tod meiner Mutter aufgeklärt werden.«
»Meiner Meinung nach ist Ihre Mutter ebenfalls verurteilt worden. Sie wurde gefesselt und in den Teich geworfen, den Sie sicher heute Nacht im Hintergrund des Hofes gesehen haben.«
Zamorra verließ den Raum und ging zu den anderen.
Nach wenigen Minuten kam Lucille Renard. Sie war etwas blass, aber gefasst.
Als Zamorra sie fragend ansah, verstand sie sofort und sagte: »Es ist ja ein ziemlicher Schlag gewesen, aber ich glaube, dass es verheilen wird.«
Sie machten sich über das Frühstück her und redeten nicht weiter über den Zweck ihrer Anwesenheit.
Erst als die Zigaretten brannten, fragte der Verwalter: »Und was geschieht jetzt?«
»Wir können nur die nächste Mitternacht abwarten«, sagte Zamorra, »natürlich muss Mademoiselle Renard wieder dabei sein. Ich habe die Hoffnung, eine Änderung im Verhalten des Handlungsablaufes herbeiführen zu können.«
Alle am Tisch starrten ihn an.
»Es handelt sich, wie ich eben schon erklärte, um einen Fluch, der personenbezogen ist. Sollte der Besitz verkauft werden, würde der neue Inhaber nichts davon merken. Aber sobald wieder ein Angehö- riger der Familie Bradois hier anwesend ist, tauchten die Erscheinungen wieder auf. Wir müssen herausfinden, wer die Bradois verflucht hat. Außerdem brauche ich den Grund, den ich mir aber bereits denken kann. Dann wäre noch der Fluch an sich, die Worte des Spruches, interessant.«
»Und wenn Sie das alles wissen, können Sie dafür sorgen, dass ich hier ungestört leben kann?«, fragte Lucille Renard.
»Davon bin ich überzeugt«, sagte Zamorra, »wenn ich diese Dinge kenne, kann ich sie unwirksam machen. Aber da ist noch etwas. Einige der Bradois, die wir gestern Abend gesehen haben, sind von Dämonen besessen. Ich weiß nicht, ob das unmittelbar mit dem Fluch zusammenhängt. Vielleicht ist es mit der Aufhebung des Spruches allein nicht getan. Aber das werden wir in einigen Tagen wissen.«
»Dann müssen wir also jede Nacht die Erscheinungen ansehen?«, fragte Jeanne Dubois schaudernd.
»Es bleibt uns nichts anderes übrig«, sagte Zamorra, »aber wenn Ihre Nerven zu schwach werden, ziehen Sie sich ruhig zurück. Sie sind ja nicht unmittelbar
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